Rz. 16
Über den Antrag auf Urteilsergänzung wird nicht durch Fortsetzung des alten Verfahrens, sondern in einem besonderen Verfahren entschieden (§ 140 Abs. 2). Die Entscheidung ergeht, wenn es sich nur um den Kostenpunkt handelt, durch Beschluss, der lediglich mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden kann (vgl. dazu unten Rn. 19), im Übrigen durch Urteil, das mit dem bei dem übergangenen Anspruch zulässigen Rechtsmittel angefochten werden kann (§ 140 Abs. 2; siehe auch Rz. 20 f.). Abs. 3 stellt klar, dass die mündliche Verhandlung nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand hat. Die Urteilsergänzung kann also nicht zum Anlass genommen werden, das Urteil hinsichtlich des Teils des Streitgegenstands, über den bereits mit dem zu ergänzenden Urteil entschieden worden war, zu korrigieren. Mit dem Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2). Das Einverständnis der Beteiligten in eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, das für das zu ergänzende Urteil erteilt war, wirkt nicht für die Entscheidung über einen Antrag auf Ergänzung dieses Urteils fort. Die Wirkung des Verzichts hat sich nämlich mit dem Erlass des Urteils erschöpft (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, § 120 Rz. 5; Rennert, in: Eyermann, VwGO, § 120 Rz. 7; a. A. Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 120 Rz. 8). Auch eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist gemäß § 105 Abs. 1 Satz 3 möglich (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, § 140 Rz. 3a). Das LSG kann auch nach §§ 153 Abs. 4, 158 entscheiden (BSG, Beschluss v. 23.6.2016, B 3 KR 4/16 B, Rz. 9, die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluss hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG Beschluss v. 27.2.2017, 1 BvR 2672/16)). Das Ergänzungsurteil enthält eine Kostenentscheidung und eine Rechtsmittelbelehrung.
Rz. 17
Die Ergänzung wird gemäß § 140 Abs. 4 auf der Urteilsurschrift und ggf. den Ausfertigungen vermerkt. Wird – wie im Regelfall – gemäß § 202 i. V. m. § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO lediglich eine Abschrift zugestellt, muss diese nicht zurückgefordert werden, da die Abschrift die Urschrift nicht vertritt.
Rz. 17a
Gemäß § 140 Abs. 4 Satz 2 bedarf bei Urteilen, die als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten Signatur vorliegen, auch die ergänzende Entscheidung dieser Form. Zur Vermeidung des Signaturbruchs vgl. die Komm. zu § 138 Rz. 11.
Rz. 18
Zuständig ist dasselbe Gericht, welches das unvollständige Urteil erlassen hat. Weil die Sache weiterhin anhängig ist, bleiben etwaige zwischenzeitliche Änderungen der Zuständigkeit unberücksichtigt (Kopp/Schenke, VwGO, § 120 Rz. 9). Es wirken die Richter mit, die im Entscheidungszeitpunkt nach dem Geschäftsverteilungsplan zur Entscheidung berufen sind. Es muss sich also nicht um dieselben Richter handeln (vgl. Zeihe, § 140 Rn. 10; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 120 Rz. 7). Das Urteilsergänzungsverfahren ist noch Teil des Berufungsverfahrens, sodass ein zuvor gefasster Übertragungsbeschluss auf den kleinen Senat (§ 153 Abs. 5) auch noch Wirkung für das Urteilsergänzungsverfahren hat (BSG, Beschluss v. 26.1.2023, B 4 AS 190/22 BH, Rz. 5). Ein Beschluss, mit dem das Urteil hinsichtlich des Kostenpunktes ergänzt wird, ergeht außerhalb der mündlichen Verhandlung ohne ehrenamtliche Richter. Er ist zu begründen.