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Mittels Auslegung ist zu ermitteln, ob gleichzeitig neben der beantragten Prozesskostenhilfe Berufung eingelegt werden soll. Keine Berufung ist eingelegt, wenn die Berufung ausdrücklich als Entwurf bezeichnet oder eine Berufungseinlegung angekündigt wird (vgl. Bernsdorff, in: Hennig, SGG, § 151 Rn. 42). Ist die Berufung unbedingt mit dem Prozesskostenhilfeantrag verbunden, ist sie wirksam. Gegebenenfalls mag in der Verknüpfung von Prozesskostenhilfeantrag und unbedingter Berufung der Vorbehalt liegen, die Berufung zurückzunehmen, wenn Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden sollte (Bernsdorff, in: Hennig, SGG, § 151 Rn. 42). Im Übrigen gilt: Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist zwar auch nach Ablehnung ihres Prozesskostenhilfegesuchs wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (LSG Thüringen, Beschluss v. 21.11.2002, L 6 RJ 515/02). Einem Rechtsmittelführer, der die Einlegung der Berufung bis zur Entscheidung über sein Prozesskostenhilfegesuch zurückstellt und deswegen die Berufungsfrist versäumt, kann daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mit der Begründung verweigert werden, der Einschaltung eines Rechtsanwalts habe es für die Berufungseinlegung nicht bedurft (BSG, Urteil v. 23.1.1997, 7 RAr 102/95, SozR 3-1500 § 67 Nr 11 mit Anm. v. Zeihe, SGb 1998 S. 184 bis 188). Würde man hingegen verlangen, dass ein solcher Rechtsmittelführer vorsichtshalber innerhalb der Berufungsfrist auf eigene Kosten Berufung einlegt, würden die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe ausgehöhlt, weil man den Mittellosen zwänge, sich bereits vor einer Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch die Mittel für die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu besorgen. Dies wäre auch mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der möglichst weitgehenden Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Verfahrensbeteiligten unvereinbar, und zwar unabhängig von der Frage der Erhebung der Gerichtskosten, des Anwaltszwangs und das Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 RA 36/92, SozR 3-1500 § 67 Nr. 5; BVerwG, Beschluss v. 23.5.1985, 7 C 4/85, Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 147; BGH, Beschluss v. 29.1.1985, VI ZB 20/84, VersR 1985 S. 395 f.; BAG, Urteil v. 2.11.1955, 1 AZR 285/55, AP Nr. 31 zu § 72 ArbGG; OVG Münster, Urteil v. 13.12.1982, 8 A 1344/82, NJW 1983 S. 2046; vgl. auch BGH, Beschluss v. 9.11.1988, IVb ZB 154/88, NJW-RR 1989 S. 184 zur Berufungsbegründung; vgl. aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v 27.10.2009, L 5 AL 7/09: Ein innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt im sozialgerichtlichen Verfahren keinen Wiedereinsetzungsgrund dar; hierzu auch die Kommentierung zu § 67 Rn. 29. Wird mithin das in der Rechtsmittelfrist ordnungsgemäß eingereichte Prozesskostenhilfegesuch eines Beteiligten abgelehnt, ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Rechtsmittel binnen eines Monats nach Zustellung der Ablehnung formgerecht eingelegt wird (BSG, Urteil v. 13.10.1992, 4 R A 36/92, SozR3-1500 § 67 Nr. 5).