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Von der Möglichkeit der Auslegung ist diejenige der Umdeutung zu unterscheiden: Letztere greift erst dann, wenn trotz Auslegung feststeht, dass das Rechtsgeschäft nichtig, der Verwaltungsakt fehlerhaft oder das Rechtsmittel unzulässig ist (vgl die Systematik von §§ 133, 140 BGB; zum Vorrang der Auslegung auch BGH, Beschluss v. 6.7.2000, VII ZB 29/99, NJW 2000 S. 3215). Die Umdeutung bildet keinen Unterfall der Auslegung, denn während die Auslegung der Ermittlung des realen Willens dient, stellt die Umdeutung auf einen hypothetischen Willen ab (BGH, Urteil v. 15.12.1955, II ZR 204/54, BGHZ 19 S. 273). Umdeutung ist die Ersetzung oder Modifikation einer Erklärung durch eine andere mit gleichwertigen Ergebnis unter der Voraussetzung, dass dieses in Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Erklärung gewollt wäre (zur Umdeutung gem. § 43 SGB X vgl. BSG, Urteil v. 24.2.2011, B 14 AS 87/09 R). Demgegenüber wird die Auslegung dadurch gekennzeichnet, dass es um die Korrektur der äußeren Erklärung bzw. des Verständnisses dieser Erklärung ohne Änderung des rechtlichen Wesensgehalts geht (vgl. § 133 BGB). Die Auslegung einer Willenserklärung soll den rechtlich maßgebenden Sinn der Erklärung ermitteln (BGH, Urteil v. 28.1.1987, IVa ZR 191/85, FamRZ 1987 S. 476). Ihre Aufgabe erstreckt sich auf die Vorfrage, ob ein Verhalten den Tatbestand einer Willenserklärung erfüllt (BGH, Urteil v. 15.5.1986, IX ZR 96/85, MDR 1986 S. 1020), insbesondere ob ein Rechtsbindungswille besteht (BGH, Urteil v. 22.6.1956, I ZR 198/54, BGHZ 21 S. 106). Vorrangig ist der Inhalt mehrdeutiger oder lückenhafter Willenserklärungen zu bestimmen (Ahrens, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl. 2009, § 133 Rn. 1). Mittels Auslegung soll der Wille festgestellt werden. Da dieser in irgendeiner Weise nach außen erkennbar und damit verkörpert sein muss (BGH, Urteil v. 3.2.1967, VI ZR 114/65, BGHZ 47 S. 78), kann der reine Wille weder Gegenstand noch Ziel der Auslegung sein (Ahrens, a. a. O.). Im Fall einer unzulässigen Berufung an Stelle einer Nichtzulassungsbeschwerde käme sonach eine Auslegung im Sinne des zulässigen Rechtsmittels allenfalls dann in Betracht, wenn außer der Bezeichnung alle übrigen Ausführungen für eine Beschwerde sprächen.

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