1 Allgemeines

 

Rz. 1

Es handelt sich um eine Ordnungsvorschrift (Bernsdorff, in: Hennig, SGG, 9/1996, § 152 Rn. 2), die im SGG verfehlt ist. Betroffen ist allein der interne Geschäftsbetrieb. Geregelt wird lediglich ein Ausschnitt aus dem allgemeinen Aufgabenbereich der Geschäftsstelle des LSG (§ 4 SGG), nämlich die Unterstützung des Gerichts bei dem Geschäftsbetrieb. Die Gesetzesform ist zudem überhöht. Ausreichend wäre es, die Aktenanforderungspflicht durch interne Verwaltungsanordnung gegenüber der Geschäftsstelle festzulegen.

2 Aktenanforderung

 

Rz. 2

Der Geschäftsstelle des LSG wird aufgegeben, unverzüglich (§ 121 BGB) von der Geschäftsstelle des SG die Prozessakten anzufordern. Prozessakten i. e. S. sind nur die Streitakten (Gerichtsakten) des SG (Bernsdorff, in: Hennig, § 152 Rn. 4; Knecht, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 152 Rn. 2). Nach Sinn und Zweck der Regelung werden indes auch die Verwaltungs- und sonstigen Beiakten erfasst (Knecht, a. a. O.; Rohwer/Kahlmann, SGG, § 152 Rn. 1). Die Geschäftsstelle wird von sich aus tätig. Eine richterliche Verfügung ist angesichts der Vorschrift entbehrlich (Keller, in: Meyer/­Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 152 Rn. 2).

Die Vorschrift ist unvollständig. Mit der normierten Anforderungspflicht hätte konsequenterweise eine Übersendungspflicht einhergehen müssen, was wiederum belegt, dass die Regelung im SGG systemfremd ist.

Die Vorschrift geht davon aus, dass die Berufung nach § 151 Abs. 1 SGG beim LSG eingelegt wird. Sofern die Berufung bei dem SG eingelegt wird, greift § 152 nicht. Die Geschäftsstelle des SG hat die Berufungsschrift oder die Niederschrift mit den Akten unverzüglich dem LSG vorzulegen (§ 151 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Die Anforderungspflicht besteht nur, wenn eine Berufungsschrift eingereicht wird. Fraglich ist, ob sie auch in Fällen einer Nichtzulassungsbeschwerde gilt. Das ist zu verneinen. Durch das 6. SGGÄndG (BGBl. I S. 2144) ist ab 2.1.2002 bestimmt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nur noch - wirksam - beim LSG eingelegt werden kann (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dem hätte § 152 Abs. 1 angepasst werden müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Eine über den Wortlaut hinausgehende Interpretation des § 152 Abs. 1 dahin, dass die Geschäftsstelle verpflichtet ist, auch im Fall einer Nichtzulassungsbeschwerde unverzüglich die Prozessakten anzufordern, scheidet aus. Eine ausdehnende Auslegung einer inhaltlich verfehlten und dem SGG systemfremden Vorschrift verbietet sich. Eine analoge Anwendung, die es rechtfertigen könnte, im Fall einer Nichtzulassungsbeschwerde der Geschäftsstelle die Pflicht aufzuerlegen, die Prozessakten unverzüglich anzufordern, kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Lücke fehlt. Die Gerichtsverwaltung hat sicherzustellen, dass die Richter die ihnen übertragene Rechtsprechungsaufgabe pflichtgemäß ausüben können; ihr obliegt es deswegen, die Geschäftsstelle bindend anzuweisen, auch im Fall einer Nichtzulassungsbeschwerde unverzüglich die Prozessakten von der Geschäftsstelle des SG anzufordern.

3 Aktenrückgabe

 

Rz. 3

Nach Erledigung der Berufung sind die Akten zurückzusenden. Gemeint sind alle vom SG vorgelegten Akten, sowohl beigezogene Streitakten als auch die Verwaltungsvorgänge eines Leistungsträgers. Sinnvoller dürfte es sein, wenn die Geschäftsstelle des LSG die Verwaltungsvorgänge nach Erledigung der Berufung unmittelbar der aktenführenden Stelle zuleitet. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Leistungsträger einen Ausführungsbescheid erlassen muss (Bernsdorff, in: Hennig, § 152 Rn. 5; Rohwer-Kahlmann, § 152 Rn. 3). Das Gesetz sieht dies allerdings nicht vor. Im Übrigen empfiehlt es sich ohnehin, zunächst abzuwarten, ob Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird.

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