Rz. 16

Nach § 172 Abs. 2 ist die Beschwerde gegen die dort genannten verfahrensfördernden Maßnahmen des Gerichts ausgeschlossen. Dies beruht darauf, dass ihnen nur eine geringe Bedeutung beizumessen ist und sie ggf. in der Hauptsache überprüft werden können. Prozessleitende Verfügungen sind solche Maßnahmen, die unmittelbar und ausschließlich nur den äußeren Verfahrensgang betreffen (VGH Hessen, Beschluss v. 23.8.1994, 1 TG 2086/94, NVwZ-RR 1995 S. 302). Hierzu rechnen die Nachfristsetzung i. S. d. § 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO vor der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 24.10.1994, L 3 Sb 65/94, Breithaupt 1995 S. 548) oder die Anordnung der Rücksendung der Versorgungsakte, ferner die Verbindung und Trennung von Verfahren, die Ablehnung eines Terminverlegungsantrags, Beweisbeschlüsse (LSG Bayern, Beschluss v. 22.12.2009, L 2 SB 94/09 B), die Ablehnung von Beweisanträgen, die Ablehnung der Aktenübersendung, Beschlüsse über die Anordnung der öffentlichen Zustellung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 26.11.2010, L 11 R 5402/10 B), gerichtliche Hinweise auf die bindende Wirkung eines Verweisungsbeschlusses (LSG Bayern, Beschluss v. 15.3.2010, L 1 SF 393/09 B), rechtliche Hinweise zur Wahrung des durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützten rechtlichen Gehörs (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.1.2008, L 7 B 171/07 KA). Das "Weglegen" der Akte ist gleichfalls keine "Entscheidung" des Gerichts, die mit der Beschwerde angefochten werden kann (LSG Berlin, Beschluss v. 5.12.1974, L 11 V S 128/74; vgl. aber Rz. 3).

 

Rz. 16a

Wird die nachträgliche Anordnung des persönlichen Erscheinens (pE) abgelehnt, stellt dies eine unanfechtbare prozessleitende Verfügung dar (LSG Hessen, Beschluss v. 10.3.1970, L 8 B 8/69, Breithaupt 1970 S. 983; Knittel, in: Hennig, SGG, 9/2010, § 191 Rn. 12). Die Gegenmeinung (Leitherer, SGG, § 191 Rn. 18) überzeugt schon deswegen nicht, weil kein Grund dafür ersichtlich ist, einerseits die Anordnung des persönlichen Erscheinens als prozessleitende Verfügung anzusehen (Leitherer, SGG, § 172 Rn. 6b), andererseits aber die nachträgliche Ablehnung des persönlichen Erscheinens als beschwerdefähig zu bestimmen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 18.2.2011, L 12 KO 4691/10 B).

 

Rz. 16b

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 2 ferner ausgeschlossen, wenn sie sich auf einen Beschluss betreffend die Ablehnung von Gerichtspersonen bezieht (vgl. aber § 60 Rz. 120 ff.). Diese Regelung ist mit Wirkung zum 1.4.2008 infolge des SGGArbGGÄndG dem Abs. 2 hinzugefügt worden. Sie bezweckt eine Anpassung an § 146 VwGO im Interesse einer Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen (BT-Drs. 16/7716 S. 27). Damit ist die bisher mögliche Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs bezüglich Gerichtspersonen (§ 60 Abs. 1 i. V. m. §§ 41 bis 49 ZPO) beseitigt. Nicht zu den Gerichtspersonen rechnen Sachverständige (VGH Mannheim, Beschluss v. 21.7.1997, 9 S 1580/97, NVwZ-RR 1998 S. 689). Gegen einen Beschluss des SG über die Ablehnung eines Sachverständigen ist daher auch nach Inkrafttreten des SGGArbGGÄndG v. 26.3.2008 die Beschwerde nach § 172 Abs. 1 zulässig (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 4.1.2011, L 4 KR 324/10 B; a. A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 27.1.2010, L 7 R 3206/09 B; vgl. hierzu Kommentierung zu § 60).

Durch Art. 8 Nr. 4b des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057, 3064) ist mit Wirkung zum 1.1.2012 § 60 Abs. 1 Satz 2 aufgehoben worden. Über Befangenheitsanträge gegen Richter der 1. Instanz entscheidet seither nicht mehr das LSG sondern das SG. Ungeachtet des § 172 Abs. 2 ist nach hier vertretener Auffassung dessen Entscheidung beschwerdefähig (vgl. Kommentierung zu § 60 Rz. 120 ff.).

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