1 Allgemeines
Rz. 1
§ 191 regelt die Auslagenvergütung eines Beteiligten wie bei einem Zeugen durch die Staatkasse (§ 191 SGG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JVEG), betrifft also das Verhältnis zwischen der Gerichtskasse und den Beteiligten. Die Vorschrift findet in den nach § 183 gerichtskostenfreien Verfahren Anwendung. Ein Beteiligter trägt grundsätzlich seine außergerichtlichen Kosten selbst, falls seinem Prozessgegner nicht durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 193 seine außergerichtlichen Kosten auferlegt werden. § 191 ordnet als Ausnahmevorschrift an, dass der Staat die außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten erstattet.
Die Vorschrift des § 191 gilt grundsätzlich in Verfahren nach § 197a nicht für den Kläger und den Beklagten (§ 197a Abs. 1 Satz 1 HS 2), auch wenn versehentlich ein Entschädigungsantrag nach § 191 ausgehändigt wurde (LSG Bayern, Beschluss v. 11.8.2015, L 15 RF 29/15). Einem Beigeladenen in einem Verfahren nach § 197a, der zu den in § 183 genannten Personen gehört, sind nach § 197a Abs. 2 Satz 1 Aufwendungen unter den Voraussetzungen des § 191 zu vergüten (vgl. Komm. zu § 197a Rz. 92). Die Frage, ob das Hauptsacheverfahren ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren nach § 197a oder ein gerichtskostenfreies nach § 183 ist, ist einer Entscheidung durch das Gericht der Kostensache entzogen. Die diesbezüglich ergangene Festlegung des Hauptsachegerichts ist, unabhängig von deren materiellen Richtigkeit, für das Kostengericht bindend (LSG Bayern, Beschluss v. 11.8.2015, L 15 RF 29/15).
2 Rechtspraxis
Rz. 2
Nach § 191 erstattet die Staatskasse die außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten. Kosten, die ein Beteiligter nach dieser Vorschrift erstattet verlangen kann, stellen keine notwendigen Kosten i. S. v. § 193 Abs. 2 dar und können damit nicht gegen den Prozessgegner geltend gemacht werden.
2.1 Anspruchsberechtigte
Rz. 3
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 191 kann nur ein Beteiligter (§ 69) geltend machen, der eine natürliche Person ist. Juristische Personen, gesetzliche Vertreter einer juristischen Person sowie besondere Vertreter (§ 72) sind nicht anspruchsberechtigt.
Der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten hat keinen Anspruch auf Vergütung seiner Auslagen nach § 191 (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.10.2014, L 4 SF 557/14 E; LSG Bayern, Beschluss v. 4.7.2014, L 15 SF 123/14).
Ausnahmsweise kann der bevollmächtigte Vertreter eines Beteiligten, der für einen Beteiligten nach § 202 i. V. m. § 141 Abs. 3 ZPO erschienen ist, anspruchsberechtigt sein (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 5.2.1993, L 5 (1) S(V) 2/92; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 3.11.1995, L 1 Sb 53/94; a. A. Krauß, in: Roos/Wahrendorf, § 191 Rz. 7). Für einen Beteiligten, der ohne sein Verschulden (z. B. durch Krankheit) an der Teilnahme am Termin verhindert ist und dessen persönliches Erscheinen angeordnet war, muss ein bevollmächtigter Vertreter im Termin erscheinen, der zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen ermächtigt ist.
2.2 Vergütungsanspruch
2.2.1 Entstehung und Fälligkeit
Rz. 4
Voraussetzung für den Vergütungsanspruch ist, dass der Beteiligte zum Termin erschienen ist und (LSG Bayern, Beschluss v. 10.3.2016, L 15 RF 3/16) das persönliche Erscheinen des Beteiligten angeordnet ist oder das Gericht das Erscheinen nachträglich für geboten erachtet.
Rz. 5
Das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zum Termin muss nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 oder § 111 angeordnet sein. Das Erscheinen eines Beteiligten auf Einladung zur Untersuchung durch einen Sachverständigen, der vom Gericht beauftragt worden ist, erfüllt gleichfalls den Vergütungstatbestand des § 191. Auf die Teilnahme an einem gerichtlichen Mediationstermin ist die Vorschrift des § 191 nicht anwendbar (LSG Bayern, Beschluss v. 13.8.2013, L 15 SF 163/12 B).
Rz. 6
Wenn ein Beteiligter ohne gerichtliche Anordnung zum Termin erscheint, steht es im Ermessen des Gerichts, das Erscheinen des Beteiligten nachträglich durch Beschluss für geboten zu erklären (§ 191 HS 2; LSG Bayern, Beschluss v. 28.8.2015, L 3 SB 231/13). Geboten ist das Erscheinen gewesen, wenn ein Beteiligter zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen oder die gebotenen Erklärungen abgeben hat (LSG Bayern, Beschluss v. 9.10.2015, L 15 RF 32/15 zu den zu berücksichtigenden Gesichtspunkten). Die Entscheidung ergeht durch Beschluss (a. A. LSG Bayern, Beschluss v. 9.10.2015, L 15 RF 32/15, auch durch prozessleitende Verfügung möglich). Der Beschluss stellt eine Kostengrundentscheidung dar. Das Gericht kann auch sogleich die Höhe der erstattungsfähigen Kosten festsetzen.
Gegen den Beschluss eines Sozialgerichts, dass das Erscheinen nicht geboten war, ist die Beschwerde zulässig (§§ 172 ff.; a. A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 18.2.2011, L 12 KO 4691/10 B). Der Beschluss eines Landessozialgerichts ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Entscheidung ist für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend (LSG Thüringen, Beschluss v. 12.1.2016, L 6 JVEG 1379/15).
Rz. 7
Der Vergütungsanspruch entsteht mit der Terminswahrnehmung (LSG Bayern, Beschlüsse v. 10.3.2016, L 15 ...