1 Allgemeines
Rz. 1
Das Sozialgerichtsgesetz unterscheidet zwei Gruppen von Personen, die in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit richterlich tätig werden, nämlich die Berufsrichter und die ehrenamtlichen Richter. Neben der allgemeinen Regelung in § 3, über deren Erfordernis man wegen der Bestimmung in § 1 DRiG trefflich diskutieren kann, wird die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter in allen 3 Instanzen im Einzelnen festgelegt (vgl. §§ 9, 30 und § 38 Abs. 2, die besondere gesetzliche Vorschriften i. S. v. § 44 Abs. 1 DRiG sind). Die Besetzung der Spruchkörper mit ehrenamtlichen Richtern besagt aber nicht, dass sie in allen Entscheidungen mitwirken. Ihre Mitwirkung ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 (Urteile und aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Beschlüsse). Bei vorbereitenden Entscheidungen außerhalb der mündlichen Verhandlung (z. B. Beweisbeschlüssen etc.) wirken sie jedoch nicht mit. Die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter in den Tatsacheninstanzen entspricht den Verfahren in anderen Gerichtszweigen (Arbeits-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit; in der ordentlichen Gerichtsbarkeit bei bestimmten Straf- und Handelssachen). Die Einbeziehung der ehrenamtlichen Richter auch in der Revisionsinstanz ist eher untypisch. Man kennt sie nur noch in der Arbeitsgerichtsbarkeit. Dieser Umstand ist aber gerade deshalb von Bedeutung, weil die ehrenamtlichen Richter in der (Arbeits- und) Sozialgerichtsbarkeit anders als etwa die Schöffen bei den Strafgerichten nicht als "Laienrichter" fungieren sollen, sondern ihre Sachkunde z. B. als Arbeitnehmer (Versicherter) oder Arbeitgeber in die Entscheidungsfindung einfließen soll. Insoweit ist auch das Revisionsverfahren bewusst einbezogen worden.
2 Rechtspraxis
2.1 Berufsrichter
Rz. 2
Berufsrichter sind hauptamtlich i. S. v. Art. 97 Abs. 2 GG tätige Richter, deren Rechtsstellung im DRiG geregelt ist. Zum Kreis der Berufsrichter können nur solche Personen gezählt werden, die über eine entsprechende Vorbildung verfügen und die Befähigung zum Richteramt gemäß §§ 5 ff. DRiG besitzen. In das Richterverhältnis darf nur berufen werden, wer Deutscher i. S. d. Art. 116 GG ist und die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Die für die Sozialgerichtsbarkeit bei Inkrafttreten des SGG geltende Ausnahmeregelung in § 9 Abs. 2 a. F. ist seit dem 1.7.1962 außer Kraft. Berufsrichter sind die Richter auf Lebenszeit (§ 10 DRiG), auf Zeit (§ 11 DRiG), auf Probe (§ 12 DRiG) und kraft Auftrags (§ 14 DRiG). Die Amtsbezeichnungen der Berufsrichter sind mit Wirkung zum 1.10.1972 geändert worden. Sie lauten – wie in anderer Gerichtsbarkeit – nunmehr: Richter(in), Richter(in) am Sozialgericht, Richter(in) am Landessozialgericht, Richter(in) am Bundessozialgericht, Vorsitzende(r) Richter(in) am Landessozialgericht, Vorsitzende(r) Richter(in) am Bundessozialgericht; Direktor(in), Präsident(in), Vizepräsident(in) mit dem Zusatz für das entsprechende Gericht.
Rz. 2a
Richter auf Lebenszeit kann nur werden, wer nach dem Erwerb der Befähigung zum Richteramt grundsätzlich mindestens 3 Jahre im Richteramt tätig war (§ 10 Abs. 1 DRiG). Zum Richter auf Probe wird für maximal 5 Jahre ernannt, wer als Richter auf Lebenszeit verwendet werden soll (§ 12 DRiG). Die persönliche Unabhängigkeit eines Richters auf Probe ist wegen der Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses eingeschränkt. Dies zeigt sich etwa darin, dass er – anders als der Lebenszeitrichter – unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Dienstverhältnis entlassen und ohne seine Zustimmung bei einem anderen Gericht verwendet werden kann (§ 13 DRiG). Zum Richter kraft Auftrages kann ein Beamter ernannt werden, der später als Richter auf Lebenszeit verwendet werden soll; es gelten die Vorschriften für Richter auf Probe.
2.2 Ehrenamtliche Richter
Rz. 3
Die ehrenamtlichen Richter üben ihr Amt neben einem nichtrichterlichen Hauptberuf nebenamtlich aus. Anders als etwa die Schöffen in Strafverfahren sind sie keine Laienrichter, sondern sachkundige Beisitzer. Ihre Stellung und Aufgabe ist allein vergleichbar mit den ehrenamtlichen Richtern in der Arbeitsgerichtsbarkeit und den Handelsrichtern. Denn sie sollen konkret die Erfahrungen und Kenntnisse in die gerichtliche Entscheidung mit einfließen lassen, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben erworben haben. Dabei kommt ihnen sicherlich in besonderem Maße die Aufgabe zu, sich für die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit im Rahmen der bestehenden Rechtsnormen einzusetzen. Die ehrenamtlichen Richter genießen auch die richterliche Unabhängigkeit. So können sie z. B. nur unter engen Voraussetzungen und nur kraft richterlicher Entscheidung von ihrem Amt entbunden oder ihres Amtes enthoben werden (BVerfG, Bes. v. 26.8.2013, 2 BvR 225/13). Ihre Mitwirkung ist auf die Tätigkeit in der Sitzung bzw. bei Urteilen ohne mündliche Verhandlung bei der Beratung beschränkt. Aus diesem Grunde haben sie keinen Anspruch auf einen Zugriff auf Voten der Berufsrichter. Fraglich erscheint es deshalb auc...