1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift, die in § 38 Abs. 3 durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) sowie in Abs. 2 und 3 durch die Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 25.11.2003 (BGBl. I S. 2304) sowie die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.1.2006 (BGBl. I S. 2407) im Wesentlichen nur redaktionell geändert worden ist (BT-Drs. 14/5943 S. 23), bestimmt den Sitz und die Besetzung des Bundessozialgerichts, die Berufung der Berufsrichter sowie die allgemeine Dienstaufsicht. Sie entspricht den Regelungen für die Landessozialgerichte (§§ 28, 30) sowie für die Sozialgerichte (§§ 7, 9). Vergleichbare Bestimmungen für die anderen obersten Bundesgerichte enthalten §§ 2, 10 VwGO, §§ 2, 10 FGO, §§ 40 f. ArbGG sowie §§ 123 f. GVG. Praktische Bedeutung hat die Bestimmung des Sitzes insoweit, als aus § 110 Abs. 2 folgt, dass die Sitzungen grundsätzlich am Gerichtssitz abzuhalten sind (vgl. aber Ausnahme in § 203a - Möglichkeit, Sitzungen in Berlin abzuhalten). Weiter ist für die Bestimmung des Fristablaufs auf das am Gerichtssitz geltende Feiertagsrecht für die Feststellung eines gesetzlichen Feiertages abzustellen (BSG, Beschluss v. 8.11.1994, 2 BU 184/94).

2 Rechtspraxis

2.1 Oberstes Bundesgericht

 

Rz. 2

Das Bundessozialgericht ist der oberste Bundesgerichtshof für die Sozialgerichtsbarkeit (Art. 95 GG). Er ist den in Art. 95 GG genannten obersten Bundesgerichten der anderen Gerichtsbarkeiten gleichgestellt. Der Sitz des Bundessozialgerichts ist Kassel; eine Änderung bedarf eines Gesetzes. Wie alle anderen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit kann auch das Bundessozialgericht gemäß § 110 Abs. 2 außerhalb seines Gerichtssitzes Sitzungen abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist, was in Revisionssachen regelmäßig zu verneinen sein dürfte, jedoch bei der gemäß § 39 Abs. 2 normierten erstinstanzlichen Tätigkeit des BSG – etwa bei umfangreichen Beweisaufnahmen – durchaus bejaht werden kann. Unabhängig von den Voraussetzungen in § 110 Abs. 2 können die Senate des Bundessozialgerichts jederzeit in Berlin Sitzungen abhalten. § 203a ist insoweit lex specialis gegenüber § 110 Abs. 2. Die Bildung auswärtiger Senate ist für das Bundessozialgericht nicht vorgesehen.

 

Rz. 2a

Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist durch Gesetz v. 19.6.1968 (BGBl. I S. 661) ein Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Sitz in Karlsruhe gebildet worden. Er besteht aus den Präsidenten der obersten Gerichtshöfe, den Vorsitzenden der beteiligten Senate und je einem weiteren Richter der beteiligten Senate. Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofes oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat wird durch einen Vorlagebeschluss eingeleitet. Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats betreffen ausschließlich Rechtsfragen.

2.2 Besetzung

 

Rz. 3

Das Bundessozialgesetz ist gemäß § 38 besetzt mit einem Präsidenten, Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern. Da ein ständiger Vertreter des Präsidenten bestellt ist, führt er (sie) die Amtsbezeichnung Vizepräsident(in). Die Besetzung eines Revisionsgerichts mit ehrenamtlichen Richtern kennt neben dem SGG nur noch das ArbGG. Sie ist erfolgt, um die besondere Sachkunde der ehrenamtlichen Richter dieser Gerichtsbarkeit auch in die Revisionsentscheidungen einfließen zu lassen. Anders als bei den anderen Gerichten in der Sozialgerichtsbarkeit nennt § 38 für die Mitwirkung als Berufsrichter – wie bei den anderen obersten Gerichtshöfen – eine (Mindest-)Altersgrenze von 35 Jahren. Damit soll sichergestellt werden, dass die am Revisionsgericht tätigen Berufsrichter über eine ausreichende Lebenserfahrung verfügen. Den Vorsitz in den Senaten führen der Präsident, der Vizepräsident und die Vorsitzenden Richter; hinsichtlich der Vertretung gelten die Vorschriften des GVG. Abgeordnete Richter dürfen beim BSG nicht tätig sein. Die am BSG tätigen wissenschaftlichen Hilfskräfte (sog. Vorberichterstatter) gehören nicht zur zwingenden Besetzung des Gerichts. Zwar wird man in der Praxis ohne diese wissenschaftlichen Hilfskräfte – wie an allen anderen obersten Bundesgerichten – nicht auskommen, jedoch üben sie keine richterliche Tätigkeit aus, wobei ihr Einfluss auf die Entscheidungen der Senate nicht als unerheblich eingestuft werden sollte. Soweit ein Spruchkörper des BSG (Senat oder großer Senat) von einer Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofes oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht, hat er durch Beschluss das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes einzuholen.

2.3 Berufung der Berufsrichter

 

Rz. 4

Über die Berufung der Berufsrichter entscheidet gemäß Art. 95 Abs. 2 GG das zuständige Bundesministerium (Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 38 Abs. 2 Satz 4) gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss. Dieser besteht aus den zuständigen Landesministern als geborenen Mitgliedern sowie einer gleichen Anzahl von ...

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