1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift bestimmt, dass der Geschäftsgang beim Bundessozialgericht durch eine Geschäftsordnung geregelt wird. Dies entspricht den Regelungen in § 44 Abs. 2 ArbGG, § 140 GVG, § 173 VwGO und § 155 FGO sowie der Praxis beim Bundesverfassungsgericht und allen obersten Bundesgerichten (vgl. dazu Mellwitz, NJW 1962 S. 778). Durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und kostenrechtlicher Vorschriften v. 30.7.2009 (BGBl. I S. 2449) ist mit Wirkung zum 5.8.2009 der Bestätigungsvorbehalt des Bundesrates (Satz 2 a. F.) aufgehoben worden. Dies geschah auf Anregung der Konferenz der Präsidenten der obersten Bundesgerichte (BT-Drs. 16/11385 S. 2, auch zum historischen Hintergrund). Damit hat der Gesetzgeber eine Geschäftsordnungsautonomie der obersten Bundesgerichte hergestellt.
2 Rechtspraxis
Rz. 2
Die Geschäftsordnung ist eine autonome Verwaltungsanordnung, die keinen Rechtsnormcharakter besitzt und den inneren Dienstbetrieb, Äußerlichkeiten und technische Einzelheiten des Verfahrensablaufs regelt (Hauck, in: Hennig, SGG, § 50 Rz. 4). Dabei ist die richterliche Unabhängigkeit als verfassungsrechtlich geschütztes Gut unbedingt zu wahren. Die Nichtbeachtung der Geschäftsordnung durch das Bundessozialgericht kann nicht Grundlage einer Verfassungsbeschwerde sein (Zeihe, SGG, § 50 Rz. 3). Unter dem Geschäftsgang versteht man den internen Ablauf der für die rechtsprechende Tätigkeit erforderlichen Handlungen. So enthält die Geschäftsordnung des Bundessozialgerichts v. 25.10.2010, die die Geschäftsordnungen v. 6.7.1981 (BAnz Nr. 129 v. 17.7.1981) und 12.12.2002 (BAnz Nr. 122 v. 5.7.2003) ersetzt hat, Regelungen über die Bezeichnung der Senate, den Geschäftsgang in den Senaten und im Großen Senat, die Weisungsmöglichkeiten an Mitarbeiter, das Präsidium, den Präsidenten, die Richterversammlung, die ehrenamtlichen Richter, Beratung, Form der Entscheidungen, wissenschaftliche Mitarbeiter, Geschäftsstelle, Akten-, Geschäftsbücher- und Registerführung, Siegel, Dokumentationsstelle, Bibliothek, Pressestelle sowie das Geschäftsjahr. Beschlossen wird die Geschäftsordnung vom Präsidium unter Mitwirkung der beiden lebensältesten ehrenamtlichen Richter. Die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter erfolgt also nicht durch Anhörung oder Beschluss des Ausschusses gemäß § 23, sondern unmittelbar. § 140 GVG sieht für den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht (§ 172 VwGO) und den Bundesfinanzhof (§ 155 FGO) vor, dass das Plenum und nicht das Präsidium die Geschäftsordnung beschließen. Gleiches gilt für das Bundesverfassungsgericht (§ 1 Abs. 3 BVerfGG). Die aktuelle Geschäftsordnung des Bundessozialgerichts ist im Bundesanzeiger v. 11.11.2010 (BAnz Nr. 171 S. 3792) veröffentlicht worden und am 12.11.2010 in Kraft getreten.
3 Geschäftsordnung des Bundessozialgerichts v. 25.10.2010
Rz. 3
Neufassung der Geschäftsordnung des Bundessozialgerichts
Präambel
Auf Grund des § 50 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Präsidium unter Zuziehung der beiden der Geburt nach Ältesten der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zur Gewährleistung eines reibungslosen Geschäftsablaufs am 25. Oktober 2010 beschlossen:
§ 1 Senate
Die Senate führen die Bezeichnung: "Großer Senat" sowie "1. Senat"‚ "2. Senat" usw. Jede Berufsrichterin und jeder Berufsrichter muss einem Senat als ständiges Mitglied angehören. Sie können mehreren Senaten angehören.
§ 2 Geschäftsgang im Senat
(1) Der Senat regelt seinen Geschäftsgang. Insbesondere kann er vorsehen, dass die bzw. der Vorsitzende am Tag vor der Sitzung den geladenen ehrenamtlichen Richterinnen bzw. Richtern (in schriftlich zu votierenden Sachen) zur Einsichtnahme einen Entscheidungsvorschlag mit kurzer Begründung entsprechend dem Stand der berufsrichterlichen Vorberatung in einem verschlossenen Umschlag zusammen mit den bereitgelegten Akten gemäß § 7 überlässt.
(2) Sofern keine abweichende Regelung getroffen ist, gilt:
- Ist eine Berichterstatterin oder ein Berichterstatter bestellt, leitet sie oder er den weiteren Berufsrichterinnen bzw. Berufsrichtern rechtzeitig vor dem einvernehmlich für die Beratung der Sache festgesetzten Termin ein schriftliches Votum zu; ist keine Berichterstatterin bzw. kein Berichterstatter bestellt, obliegt die rechtzeitige Verteilung des Votums der oder dem Vorsitzenden.
- Für Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung genügt die Vorlage eines Entwurfs oder ein mündlicher Vortrag der Berichterstatterin bzw. des Berichterstatters. Beschlüsse, bei denen ehrenamtliche Richterinnen bzw. Richter nicht mitwirken, können im Umlaufverfahren gefasst werden, sofern nicht ein Mitglied die Beratung beantragt. Das Senatsmitglied, das zuletzt unterschreibt, setzt im Rubrum das Datum des Beschlusses ein.
§ 3 Weisungen in Angelegenheiten der Rechtsprechung
In Angelegenheiten der Rechtsprechung sind die Richterinnen und Richter befugt, den nichtrichterlichen Beschäftigten Weisungen zu erteilen.
§ 4 Präsidium
Die nic...