Rz. 124

Die Strafanzeige des Antragstellers gegen den Richter begründet keine Besorgnis der Befangenheit (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.9.2011, L 11 SF 292/11 AB; Beschluss v. 25.7.2011, L 11 SF 157/11 AB), denn die Befangenheit muss sich aus konkreten Verhaltensweisen herleiten lassen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.10.2011, L 11 SF 334/11 AB). Das eigene Verhalten der ablehnenden Partei begründet als solches nie einen Ablehnungsgrund (OLG Koblenz, Beschluss v. 14.2.2017, 10 W 499/16; OLG München, Beschluss v. 10.12.2014, 1 U 2482/14). Dem liegt zugrunde: Kritik an Entscheidungen und gegebenenfalls auch harten Vorwürfen bis hin zu Strafanzeige und Strafantrag hat sich ein Richter in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen zu stellen. Zum Amt des Richters gehört es auch, mit solchen Angriffen in der Weise umzugehen, dass er die ihm eingeräumte sachliche Unabhängigkeit auch innerlich bewahrt und dementsprechend zugleich die zu seinen Amtspflichten gehörende Unparteilichkeit einhält. Mit dem institutionellen Schutz seiner Unabhängigkeit korrespondiert die Verpflichtung des Richters, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auch dann zu verwirklichen, wenn Einflüsse von außen dies erschweren. Darauf, dass der Richter dazu in der Lage ist, kann und muss vertraut werden. Dieses Verständnis von der Rolle des Richters selbst bei Kritik und Angriffen auf dessen persönliches Verhalten gehört ebenfalls zur vernünftigen und objektiven Würdigung durch einen Verfahrensbeteiligten (vgl. BFH, Beschluss v. 27.8.1998, VII B 8/98; OLG Dresden, Beschluss v. 8.8.2001, 10 Abl 19/01; LSG Sachsen, Beschluss v. 6.2.2003, L 3 AR 123/02 AL). Das BVerfG verneint die Besorgnis der Befangenheit wegen einer Strafanzeige im Regelfall schon deshalb, weil es der Ablehnende sonst in der Hand hätte, sich nach Belieben jedem Richter zu entziehen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 24.4.1996, 2 BvR 2055/94).

 

Rz. 124a

Seitens eines Verfahrensbeteiligten geäußerte Beleidigungen und/oder grundlose Anschuldigungen einer Rechtsbeugung sind grundsätzlich weder geeignet, eine nachfolgende Ablehnung des Richters durch diese Verfahrenspartei, noch eine Selbstablehnung des Richters zu begründen (ausführlich OLG Bamberg, Beschluss v. 30.4.2015, 1 U 125/14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 10.7.2013, L 11 R 399/13 B; OLG Dresden, Beschluss v. 8.8.2001, 10 Abl 19/01; LSG Sachsen, Beschluss v. 6.2.2003, L 3 AR 123/02 AL). Sie sind vielfach rechtsmissbräuchlich und führen dazu, dass entsprechende Ablehnungsgesuche zu verwerfen sind (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 5.7.2013, 20 W 45/13; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 30.3.2015, 11 S 1669/05).

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