Rz. 2
Nach § 59 ZPO liegt ein Fall einfacher Streitgenossenschaft vor, wenn mehrere Personen wegen des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn mehrere Personen aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind. Eine gemeinsame Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen Grund, aber aus verschiedenen Rechtsgründen, reicht nicht aus. Nach § 60 ZPO besteht eine Streitgenossenschaft auch dann, wenn gleichartige Ansprüche oder Verpflichtungen im Streit stehen, die auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhen.
Rz. 3
Eine (ursprüngliche) Streitgenossenschaft wird regelmäßig durch Klageerhebung eines Klägers gegen mehrere Beklagte oder gemeinschaftliche Klageerhebung mehrerer Kläger gegen einen oder mehrere Beklagte begründet (Gehrlein, ZPO, § 59 Rn. 4). Eine (nachträgliche) Streitgenossenschaft entsteht aufgrund einer von Klägerseite veranlassten Parteierweiterung (BGH, Beschluss v. 7.5.2003, XII ZB 191/02, NJW 2003 S. 2172), indem die Klage gegen einen weiteren Beklagten gerichtet wird oder auf Klägerseite eine weitere Person dem Rechtsstreit beitritt. Auch der Beklagte kann nachträglich mittels einer Widerklage gegen den Kläger und einen Dritten eine Parteierweiterung erwirken. Als Beispiele einer nachträglichen Streitgenossenschaft sind ferner der Eintritt mehrerer Gesamtrechtsnachfolger für eine Partei sowie die Prozessverbindung zu nennen (Gehrlein, ZPO, § 59 Rn. 4). Die Streitgenossen führen ihren Prozess selbständig. Die Prozessvoraussetzungen sind für jeden Einzelnen zu prüfen. Eine gegenseitige Zurechnung von Prozesshandlungen findet nicht statt (§ 61 ZPO). Dementsprechend kann die Entscheidung gegenüber jedem Streitgenossen unterschiedlich ausfallen. Auch Rechtsmittel müssen gesondert eingelegt werden.
Rz. 4
Die Entstehung einer notwendigen Streitgenossenschaft setzt voraus, dass entweder eine gemeinschaftliche Klage erhoben worden ist oder aber mehrere zunächst gesondert erhobene Klagen im Verlauf des Verfahrens zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (BSG, Beschluss v. 12.9.2002, B 7 SF 52/02 S, juris; Urteil v. 3.2.1988, 9/9a RV 36/86, SozR 3200 § 88 Nr. 5).
Rz. 5
Eine notwendige Streitgenossenschaft liegt vor, wenn ein streitiges Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann (BSG, Urteil v. 5.11.1959, 3 RJ 188/55, BSGE 11, 35) oder wenn aus sonstigem Grund die Klage nur gemeinschaftlich oder gegen mehrere Beteiligte erhoben werden darf (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2006, B 3 KR 28/05 R, SGb 2007, 489: Gemeinsame und einheitliche Entscheidung der Spitzenverbände der Krankenkassen über die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Aus §§ 109 Abs. 1 Satz 1, 111 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 213 Abs. 2 SGB V folgt, dass diese Spitzenverbände notwendige Streitgenossen sind, da die Entscheidung über den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung nur gemeinsam ergehen kann (BSG, Urteil v. 19.11.1997, 3 RK 21/96, SozR 3-2500 § 107 Nr. 1). Wird die Klage eines Wehrdienstbeschädigten gegen den Bund wegen Versorgung im Wehrdienst mit der Klage gegen ein Land wegen Versorgung nach dem Wehrdienst verbunden, so sind Bund und Land auch dann notwendige Streitgenossen, wenn der Kläger nicht die Feststellung des einheitlichen Versorgungsverhältnisses, sondern die unterschiedlichen Versorgungsleistungen beantragt (BSG, Urteil v. 3.2.1988, 9/9a RV 36/86, SozR 3200 § 88 Nr. 5).
Rz. 6
Es reicht für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft nicht aus, dass aus praktischen Gründen eine einheitliche Entscheidung geboten ist oder dass ein Anspruch den anderen notwendig voraussetzt (BSG, Urteil v. 5.11.1959, 3 RJ 188/55, BSGE 11 S. 35, 37).
Rz. 7
Mehrere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft bilden eine gemäß § 74 SGG i. V. m. §§ 59, 60 ZPO zulässige Streitgenossenschaft (subjektive Klagehäufung), wenn sie gemeinsam klagen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.3.2006, L 8 AS 4314/05, NZS 2006, 441). Liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Streitgenossenschaft vor, ist der nicht klagende Streitgenosse notwendig beizuladen, weil er an dem Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass eine Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 75 Abs. 2 SGG). Für die Notwendigkeit einer Beiladung genügt es aber nicht, wenn der Dritte, dessen Beiladung in Betracht kommt, zwar mit dem Kläger eine Bedarfsgemeinschaft bildet, selber aber keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. In einem solchen Fall ist er von der Entscheidung nur wirtschaftlich betroffen; dies allein begründet keine Beiladungspflicht (BSG, Urteil v. 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.2.2008, L 8 AS 3380/07, FEVS 59, 559).
Rz. 8
Soweit es Erben anlangt, ist zu unterscheiden. Für den Passivprozess gilt: Die gesamtschuldnerische Haftung trifft jeden der Erben gesondert...