Rz. 110

Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung findet zwecks Verfahrensbeschleunigung anstelle der vollen Beweisführung nur ein abgekürztes Verfahren der Glaubhaftmachung statt. Die Tatsachen, auf die Anordnungsgrund und -anspruch gestützt werden, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 24; zur Glaubhaftmachung vgl. Kommentierung zu § 67). Es gilt aber auch hier der Amtsermittlungsgrundsatz (§§ 103, 106 SGG). Das Gericht wird möglichst die Verwaltungsvorgänge beiziehen und eine kurzfristige Stellungnahme des Antragsgegners einholen. Weitere Ermittlungen richten sich nach der Dringlichkeit der Sache und der Verfügbarkeit von Beweismitteln. Es genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. Die Behauptung ist glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, Beschluss v. 11.9.2003, IX ZB 37/03, BGHZ 156 S. 139, 141). Der Antragsteller kann sich aller präsenten Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung bedienen (§ 294 Abs. 1 ZPO). Es gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Der Antragsteller kann auch den Vollbeweis durch präsente Beweismittel in der (fakultativen) mündlichen Verhandlung erbringen. Auf die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn § 12 UWG eingreift. Hiernach können zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden. Indessen gilt, dass im sozialgerichtlichen Verfahren die zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu beachtenden Voraussetzungen (allein) in § 86b normiert sind (LSG NRW, Beschluss v. 27.5.2008, L 11 B 6/08 KR ER; Beschluss v. 7.5.2008, L 5 B 8/08 KR ER), denn wie aus der Bezugnahme des § 86b Abs. 2 Satz 3 auf § 920 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist, sind Anspruch und Arrestgrund glaubhaft zu machen. Ausnahmeregelungen sieht das SGG nicht vor. Auch § 12 Abs. 2 UWG begründet keinen Ausnahmetatbestand, denn hierin wird allein und ausschließlich auf die Vorschriften über das zivilprozessuale Verfahren verwiesen. Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage bleibt für eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG kein Raum. Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt es gerechtfertigt werden könnte, bestimmte Fallgestaltungen und sich hierauf beziehende Antragsteller im sozialgerichtlichen Verfahren zu privilegieren, indem sie davon freigestellt werden, einen Anordnungsgrund glaubhaft machen zu müssen (so LSG NRW, Beschluss v. 6.9.2010, L 11 KA 3/10 B ER, MedR 2011 S. 392; vgl. auch LSG Hamburg, Beschluss v. 18.9.2008, L 1 B 149/08 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 2.11.2009, L 11 KR 3727/09 ER-B, NZS 2010 S. 213; a. A. LSG Saarland, Beschluss v. 21.6.2006, L 2 B 5/06 KR).

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