1 Allgemeines
Rz. 1
§ 93 ist durch Art. 4 Nr. 6 des Justizkommunikationsgesetzes (BGBl. I S. 837) mit Wirkung vom 1.4.2005 um den Hinweis auf § 65a Abs. 2 Satz 2 ergänzt worden. Er findet danach für die übrigen Beteiligten keine Anwendung, soweit mit elektronischen Dokumenten gearbeitet wird.
§ 93 gilt nicht nur für die Klageschrift, sondern auch für alle anderen Schriftsätze und Unterlagen. Die Vorschrift betrifft daher nicht nur den Kläger, sondern alle Beteiligten, auch etwaige Beigeladene. Sinn und Zweck der Regelung bestehen in der Beschleunigung des Verfahrens und der Erleichterung der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung für das Gericht. Denn sämtliche Unterlagen müssen dem Prozessgegner zur Wahrung des rechtlichen Gehörs (§ 62) zugänglich gemacht werden. Die beigefügten Abschriften können den übrigen Beteiligten ohne weitere Umstände zugeleitet werden.
Bei Einreichung der Klageschrift ist vor allem unvertretenen Klägern die Vorschrift häufig nicht bekannt. Deshalb weisen die Gerichte im Regelfall auch mit der Eingangsbestätigung darauf hin.
Ähnliche Verfahrensregelungen sehen auch andere Prozessordnungen vor, z. B. § 81 Abs. 2 VwGO und §§ 253 Abs. 5, 133 ZPO.
Über die allgemeinen Verweisungsnormen der §§ 153 und 165 gilt § 93 für alle Instanzen.
2 Rechtspraxis
2.1 Anforderungen des § 93 Satz 1
Rz. 2
Sämtliche Unterlagen sollen so zahlreich eingereicht werden, dass das Gericht sie jedem Beteiligten oder dessen Bevollmächtigten zuleiten kann. Ausnahmen bestehen nur hinsichtlich der Abschriften für die übrigen Beteiligten bei der Verwendung von elektronischen Dokumenten. Ob zusätzliche Abschriften für einen Bevollmächtigten, also neben der Abschrift für den Beteiligten, verlangt werden können, ist streitig. In der Literatur wird unter Bezugnahme auf einen Erlass des Arbeits- und Sozialministeriums NRW aus dem Jahr 1955 vertreten, es könnten auch zusätzliche Abschriften verlangt werden (Peters/Sautter/Wolff, § 93 S. II/34; a. A. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 93 Rn. 2 m. w. N.; SG Dresden, Beschluss v. 23.6.2006, S 14 RJ 245/00). Dem Wortlaut des § 93 lässt sich dies nicht unmittelbar entnehmen. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung verlangen dies nicht unbedingt. Sinnvoll ist eine Beifügung von Abschriften für Bevollmächtigte aber dennoch.
Rz. 3
Für die Klageschrift und die sonstigen Schriftsätze schreibt § 93 die Beifügung von Abschriften vor. Hinsichtlich der sonstigen "Unterlagen" wird darauf Rücksicht genommen, dass sie entweder sehr zahlreich sein können oder die Beifügung von Abschriften aus sonstigen, insbesondere technischen Gründen erschwert oder sogar untunlich sein kann. Von ihnen sollen daher Abschriften nach Möglichkeit beigefügt werden.
Unterlagen in diesem Sinne sind jedwede den Schriftsätzen zur Stützung des Vortrags beigefügte Urkunden, z. B. Schriftsätze, auf welche Bezug genommen wird, oder ärztliche Berichte.
Rz. 4
Die Vorschrift gilt für alle Beteiligten, aber auch nur für die Beteiligten. Nicht erfasst sind folglich die Schriftsätze von Auskunftspersonen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3), Zeugen, Sachverständigen und anderen Dritten wie beispielsweise (noch) Unbeteiligten, die ihre Beiladung erst beantragen.
2.2 Folgen der Nichtbeachtung
Rz. 5
Werden die nach § 93 Satz 1 erforderlichen Abschriften nicht eingereicht, so hat dies nicht etwa die Unbeachtlichkeit der eingereichten Unterlagen zur Folge. Um den übrigen Beteiligten das rechtliche Gehör zu gewährleisten, stehen dem Gericht nach § 93 Satz 2 zwei Alternativen zur Verfügung. Entweder es fordert den betroffenen Beteiligten auf, die erforderlichen Abschriften nachzureichen, oder es fertigt die erforderlichen Abschriften unmittelbar selbst an und leitet sie den übrigen Beteiligten zu. Werden die Abschriften trotz Aufforderung nicht nachgereicht, so verbleibt dem Gericht noch die 2. Alt. des Selbstanfertigens. Sind die Unterlagen sehr umfangreich oder ist die Anfertigung von Abschriften aus sonstigen Gründen untunlich, so genügt aber auch ein Hinweis des Gerichts an die übrigen Beteiligten auf die vorhandenen Unterlagen verbunden mit der eingeräumten Möglichkeit, Akteneinsicht zu nehmen.
Rz. 6
Die Folgen der Nichteinreichung der Abschriften ergeben sich aus § 93 Satz 3. Die Kosten der Anfertigung der Abschriften durch das Gericht können eingezogen werden. Der Wortlaut der Vorschrift sieht eine Kosteneinziehung nur von dem Kläger vor. Insoweit dürfte es sich aber um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handeln. Deswegen wird auch weithin vertreten, dass die Kosten von dem jeweils Betroffenen eingefordert werden können (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 93 Rn. 3 m. w. N.). Da auch die sonstigen Beteiligten nach § 93 Satz 1 verpflichtet sind, Abschriften einzureichen, entspricht die weite Auslegung des Satzes 3 sowohl dem Sinn und Zweck des § 93 als auch der systematischen Stellung des Satzes 3.
Über die Einziehung der Kosten für die Abschriften entscheidet der Kostenbeamte des Gerichts. Ihm steht insoweit ein Ermessen zu; er muss die Kosten also nicht einziehen. Er hat bei seiner Entscheidung vor allem zu berücksichtigen, dass ...