Wird ein Arbeitnehmer während eines Urlaubs krank, so werden nach § 9 BUrlG die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Krankheit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Der Arbeitnehmer kann für diese Zeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 EFZG verlangen.
Der Urlaub endet dennoch zu dem ursprünglich festgelegten Zeitpunkt. D.h. der Arbeitnehmer, der während des Urlaubs erkrankt und seine Arbeitsfähigkeit noch innerhalb des ursprünglich als Urlaub vorgesehenen Zeitraums wiedererlangt, muss nach dem ursprünglich vorgesehenen Urlaubsende die Arbeit antreten. Der wegen Krankheit nicht verbrauchte Urlaub ist zu gegebener Zeit nachzugewähren. Der Urlaub darf vom Arbeitnehmer nicht selbstständig um die Krankheitstage verlängert werden, sondern ist vom Arbeitgeber festzusetzen. Das bereits gezahlte Urlaubsentgelt ist zurückzuzahlen, ggf. mit der Entgeltfortzahlung zu verrechnen.
Urlaubsanspruch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit
Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers entsteht in voller Höhe auch dann, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Kalenderjahrs arbeitsunfähig krank ist. Kann der Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund seiner Erkrankung nicht in Anspruch nehmen, verfällt der Urlaub nicht nach Ablauf des Bezugs- und/oder Übertragungszeitraums. Bei Arbeitnehmern, die über mehrere Jahre arbeitsunfähig erkrankt sind, addieren sich die so jährlich erworbenen Urlaubsansprüche.
Nach Rechtsprechung des BAG verfällt der Urlaubsanspruch allerdings spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres.
Urlaubsverfall nach 15 Monaten
Ein Arbeitnehmer war im Jahr 2017 und im Jahr 2018 durchgehend arbeitsunfähig krank. Sein Anspruch auf Erholungsurlaub für die Jahre 2017 und 2018 ist in voller Höhe (je 20 Tage) entstanden und weder zum 31.12.2017 noch zum 31.3.2018 verfallen. Der Urlaubsanspruch und mit ihm auch der Urlaubsabgeltungsanspruch verfallen vielmehr wie folgt:
Ansprüche aus 2017 zum 31.3.2019
Ansprüche aus 2018 zum 31.3.2020
Keine Hinweispflicht des Arbeitgebers
Die Urlaubsansprüche langandauernd erkrankter Arbeitnehmer erlöschen auch dann mit dem 31.3. des zweiten Folgejahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit nicht auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen hat. Eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers darüber, dass Urlaubsansprüche bis zum 31.12. des Kalenderjahres oder bis zum 31.3. des Folgejahres im Fall der Übertragung erlöschen können, besteht bei einer langfristig erkrankten Arbeitnehmerin nicht.
Ob der Urlaubsanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit auch erlischt, wenn der betreffende Arbeitnehmer den Urlaub noch vor seiner Erkrankung zumindest teilweise hätte nehmen können, ist derzeit noch nicht geklärt. Hierzu ersucht das BAG den EuGH um Vorabentscheidung.
Wird ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahrs neu entstanden ist. Dauert die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fort, ist der Urlaubsanspruch abzugelten.
Da die europäische Richtlinie nur den gesetzlichen Mindesturlaub erfasst, kann arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarter Mehrurlaub grundsätzlich weiterhin trotz Erkrankung verfallen.
Verfall des übergesetzlichen Urlaubs vereinbaren
Das BAG hat klargestellt, dass die Arbeits- bzw. Tarifvertragsparteien die den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch übersteigenden Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche frei regeln können, d. h. z. B. auch den Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs vereinbaren können. Eine solche Vereinbarung muss ausdrücklich getroffen sein.
Das BAG hat klargestellt: Urlaubsabgeltung kommt bei lang andauernder Krankheit nur dann in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Die aktuelle Rechtsprechung von EuGH und BAG zur Übertragung von Urlaub bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit gilt auch für den Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX von Menschen mit Schwerbehinderung.