Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit und Mehrarbeitsvergütung einer angestellten teilzeitbeschäftigten Lehrerin. Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen
Orientierungssatz
1. Eine durch Stundenpläne vorgegebene stetige Überschreitung der wöchentlichen Unterrichtsstundenzahl im Vorgriff auf einen gegen Schuljahresende zu erwartenden Unterrichtsausfall stellt keine vorübergehende Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl iSv. § 2 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen dar.
2. Die Grundsätze der beamtenrechtlichen Mehr- und Zuvielarbeit sind auf Arbeitsverhältnisse nicht übertragbar. Der öffentliche Arbeitgeber kann durch Stundenpläne ausdrücklich angeordnete Über- oder Mehrarbeit ohne Freizeitausgleich nur gegen Vergütung erwarten. Das Bundesverwaltungsgericht sieht in einer Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von Beamten durch Dienstplan zwar keine Anordnung rechtmäßiger Mehrarbeit, sondern nimmt allenfalls rechtswidrige Zuvielarbeit an. Das steht der Beurteilung, dass durch schulischen Stundenplan Über- oder Mehrarbeit im arbeitsrechtlichen Sinn angeordnet werden kann, wegen der Unterschiede der Rechtsverhältnisse von Beamten und Arbeitnehmern aber nicht entgegen.
Normenkette
AEUV Art. 157; LBG NRW i.d.F. vom 1. Oktober 2013 § 61; Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen § 93 Abs. 2 Nr. 2 in den Fassungen vom 15. Februar 2005 und 13. November 2012; Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2; Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2005 i.d.F. vom 10. Juli 2011 § 2 Abs. 1, 4; Verwaltungsvorschriften zur Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen des früheren Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 1. Juni 2005; Runderlass Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst des damaligen Kultusministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1979, bereinigt um die eingearbeiteten Runderlasse vom 2. August 1979 sowie 26. Oktober 1981 und angepasst an die späteren Gesetzes- und Tarifvertragsfassungen Nr. I.1; Runderlass Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst des damaligen Kultusministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1979, bereinigt um die eingearbeiteten Runderlasse vom 2. August 1979 sowie 26. Oktober 1981 und angepasst an die späteren Gesetzes- und Tarifvertragsfassungen Nr. I.2; Runderlass Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst des damaligen Kultusministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1979, bereinigt um die eingearbeiteten Runderlasse vom 2. August 1979 sowie 26. Oktober 1981 und angepasst an die späteren Gesetzes- und Tarifvertragsfassungen Nr. I.4; Runderlass Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 2012 § 13; Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte des Bundes i.d.F. vom 4. November 2009 § 4a; TV-L § 37 Abs. 1, § 44 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. Mai 2015 – 11 Sa 1762/14 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob das beklagte Land 20 Unterrichtsstunden zusätzlich zu vergüten hat. Die Klägerin erteilte diesen Unterricht im Schuljahr 2012/2013 von August 2012 bis Januar 2013 über ihr Deputat von 18 wöchentlichen Pflichtstunden hinaus.
Die Klägerin ist als angestellte Lehrkraft beim beklagten Land beschäftigt. Sie ist seit August 2009 am G-Berufskolleg eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der TV-L jedenfalls kraft vertraglicher Vereinbarung anzuwenden. Die Klägerin ist in Entgeltgruppe 12 Stufe 4 TV-L eingruppiert. Personalaktenführende Stelle ist die Bezirksregierung Arnsberg. Seit dem Schuljahr 2011/2012 leistet die Klägerin Teilzeitarbeit.
§ 44 TV-L enthält Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte. Die Sonderregelungen gelten nach § 44 Nr. 1 Satz 1 TV-L für Beschäftigte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Für sie finden §§ 6 bis 10 TV-L keine Anwendung (§ 44 Nr. 2 Satz 1 TV-L). Stattdessen gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten in der jeweils geltenden Fassung (§ 44 Nr. 2 Satz 2 TV-L).
Nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in den Fassungen vom 15. Februar 2005 und 13. November 2012 (SchulG) bestimmt das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSW) durch Rechtsverordnung nach den pädagogischen und verwaltungsmäßigen Bedürfnissen der einzelnen Schulformen, Schulstufen und Klassen die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrerinnen und Lehrer. Eine Vollzeitbeschäftigung umfasst nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz in Berufskollegs in der Regel 25,5 Pflichtunterrichtsstunden (VO zu § 93 Abs. 2 SchulG vom 18. März 2005 [GV. NRW. S. 218] idF vom 10. Juli 2011 [GV. NRW. S. 371]).
Mit Blick auf prognostizierte Unterrichtsausfälle wurden die Lehrkräfte des G-Berufskollegs seit dem Schuljahr 2007/2008 zu zusätzlichen Unterrichtsstunden in Höhe von 50 % der voraussichtlich ausfallenden Pflichtstunden herangezogen. Das galt nicht, wenn die Lehrkraft Praktikanten betreute oder in die Prüfung der Abschlussklassen eingebunden war. Die angenommenen Unterrichtsausfälle waren vor allem auf Berufspraktika oder das vorzeitige Ausscheiden von Abschlussklassen im zweiten Schulhalbjahr zurückzuführen. Die zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden wurden mit später ausfallenden Pflichtstunden verrechnet.
§ 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG lautet auszugsweise:
”(1) |
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrerinnen und Lehrer beträgt in der Regel: |
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… |
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4. Gymnasium |
25,5 |
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5. Gesamtschule |
25,5 |
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6. Berufskolleg |
25,5 |
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7. Förderschule |
27,5 |
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8. Schule für Kranke |
27,5 |
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… |
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Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden wird für Lehrerinnen und Lehrer an den in den Nummern 4 bis 8 genannten Schulformen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Schuljahren jeweils für die Dauer eines Schuljahres auf die volle Stundenzahl aufgerundet und für die Dauer des folgenden Schuljahres auf die volle Stundenzahl abgerundet. |
… |
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(4) |
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers kann vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden. Eine Überschreitung um mehr als zwei Stunden soll in der Regel nicht ohne Zustimmung der betroffenen Lehrkraft erfolgen, wenn sie über zwei Wochen hinaus andauert. Die zusätzlich oder weniger erteilten Unterrichtsstunden sind innerhalb des Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr.” |
In den Verwaltungsvorschriften zur Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (AVO-Richtlinien 2011/2012 – AVO-RL, Runderlass des früheren Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 1. Juni 2005 [ABl. NRW. S. 194, bereinigt S. 260]) ist unter Nr. 2.4 (zu § 2 Abs. 4) geregelt:
”2.4.1 |
Die Vorschrift dient der weiteren Flexibilisierung bei der Erteilung des Unterrichts im Schuljahresverlauf. Dabei handelt es sich nicht um Mehrarbeit. Die arbeits- und dienstrechtlich geschuldete Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden bleibt unberührt. Soll das Unterrichtsdeputat die arbeits- und dienst-rechtlich geschuldete Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden vorübergehend unter- oder überschreiten, soll möglichst das Einvernehmen mit der betroffenen Lehrerin oder dem Lehrer gesucht werden. Für den Fall, dass der Ausgleich nicht innerhalb des Schuljahres erfolgen kann, ist sicherzustellen, dass der Ausgleich spätestens im darauffolgenden Schuljahr erfolgt. Ein weiteres Hinausschieben ist unzulässig. |
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…” |
Der Runderlass Mehrarbeit und nebenamtlicher Unterricht im Schuldienst des damaligen Kultusministeriums vom 11. Juni 1979 bestimmt in Auszügen (Runderlass Mehrarbeit [GABl. NW. S. 296], bereinigt um die eingearbeiteten Runderlasse vom 2. August 1979 [GABl. NW. S. 437] sowie 26. Oktober 1981 [GABl. NW. S. 406] und angepasst an die späteren Gesetzes- und Tarifvertragsfassungen):
”I. |
Mehrarbeit im Schuldienst |
1. |
Rechtsgrundlagen |
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Die Mehrarbeit im Schuldienst ist geregelt in den Vorschriften |
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- des § 61 Landesbeamtengesetz (LBG),
- des § 48 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG),
- der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV),
- der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (MVergV VwV)
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in der jeweils geltenden Fassung. |
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Diese Vorschriften finden auch auf Lehrer im Tarifbeschäftigungsverhältnis Anwendung (Nr. 2 zu § 44 TV-L). |
2. |
Verpflichtung zur Leistung von Mehrarbeit |
2.1 |
Nach § 61 LBG ist der Lehrer verpflichtet, über seine individuelle Pflichtstundenzahl hinaus Mehrarbeit zu leisten, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. |
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Die Verpflichtung des Lehrers zur Übernahme von Mehrarbeit erstreckt sich auf regelmäßige und gelegentliche Mehrarbeit im Schuldienst. |
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Geleistete Mehrarbeit ist grundsätzlich durch Freizeitausgleich abzugelten. Da dieser im Schuldienst in der Regel aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist, wird Mehrarbeit im Schuldienst anstelle eines Freizeitausgleichs vergütet (Ausnahmen: Verrechnung mit ausgefallenen Pflichtstunden – s. Nr. 4.2, Blockunterricht an Berufskollegs – s. Nr. 4.6). |
… |
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4. |
Nachweis geleisteter Mehrarbeit |
… |
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4.2 |
Nach Nr. 2.2.3 VwV zu § 3 MVergV ist ein Arbeitsausfall, der innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit eintritt und auf den der Beamte einen Rechtsanspruch hat (z. B. bei Erholungsurlaub, Erkrankung), auf die Ist-Stundenzahl in gleicher Weise anzurechnen, als wenn der Beamte arbeiten würde. |
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Hat der Beamte keinen Rechtsanspruch auf den Arbeitsausfall (z. B. bei Dienstbefreiung für private Besorgungen, Arbeitsausfall wegen Störung des Dienstbetriebes), so ist wie bei der Gewährung von Freizeitausgleich zu verfahren. Letzteres bedeutet, dass die ausgefallenen Pflichtstunden eines Lehrers auf die Ist-Stundenzahl nicht angerechnet werden dürfen, sondern mit geleisteter Mehrarbeit zu verrechnen sind. Verrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. |
… |
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4.6 |
Bei der Erteilung von Blockunterricht an Berufsschulen ist Mehrarbeit während einer Blockphase durch Minderarbeit in anderen Blockphasen während eines Schuljahres auszugleichen. |
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In diesen Fällen kann Mehrarbeit nur dann vergütet werden, wenn sich am Ende des Schuljahres bei der Ist- und Sollgegenüberstellung unter Verwendung des Nachweises über geleistete Mehrarbeit im Schuldienst (Anlage 1) ergibt, dass der Lehrer in diesem Schuljahr Unterricht über seine individuell festgesetzte Pflichtstundenzahl hinaus erteilt hat. |
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Die Abrechnung hat nach Ablauf des Schuljahres zu erfolgen.” |
Nach Fußnote 2 zum dritten und vierten Spiegelstrich der Nr. I.1 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit werden die MVergV und die Verwaltungsvorschriften im Land Nordrhein-Westfalen in den am 31. August 2006 geltenden Fassungen angewendet.
Der durch die Neufassung vom 4. November 2009 (BGBl. I S. 3701) eingefügte § 4a der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte des Bundes (BMVergV) lautet:
”(1) |
Teilzeitbeschäftigte erhalten bis zur Erreichung der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten je Stunde Mehrarbeit eine Vergütung in Höhe des auf eine Stunde entfallenden Anteils der Besoldung entsprechender Vollzeitbeschäftigter. |
(2) |
Zur Ermittlung der auf eine Stunde entfallenden anteiligen Besoldung sind die monatlichen Bezüge entsprechender Vollzeitbeschäftigter durch das 4,348- Fache ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu teilen. Bezüge, die nicht der anteiligen Kürzung nach § 6 Absatz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes unterliegen, bleiben unberücksichtigt. |
(3) |
Mehrarbeit, die über die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten hinausgeht, wird nach § 4 Absatz 1 und 3 vergütet.” |
Die vorangegangenen Fassungen der BMVergV hatten noch keine besondere Regelung für Teilzeitkräfte enthalten. In § 4 Abs. 3 Satz 1 BMVergV idF vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798) waren bei Mehrarbeit im Schuldienst für Inhaber von Lehrämtern des gehobenen und des höheren Dienstes vier verschiedene Sätze der Mehrarbeitsvergütung mit einem Mindestbetrag von 15,03 Euro und einem Höchstbetrag von 25,83 Euro je Unterrichtsstunde vorgesehen.
Der Runderlass Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 18. Juni 2012 sieht in § 13 vor (ADO, ABl. NRW. S. 384):
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”Arbeitszeit, Vertretungsunterricht, Mehrarbeit |
(1) |
Für Lehrerinnen und Lehrer gilt grundsätzlich die wöchentliche Arbeitszeit des übrigen öffentlichen Dienstes. Sie erteilen die gesetzlich festgelegte und im Einzelnen bestimmte Anzahl der wöchentlichen Pflichtstunden (VO zu § 93 Absatz 2 SchulG – BASS 11 – 11 Nr. 1). |
(2) |
Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers kann vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden. Eine Überschreitung um mehr als zwei Stunden soll in der Regel nicht ohne Zustimmung der betroffenen Person erfolgen, wenn sie über zwei Wochen hinaus andauert. Die zusätzlich oder weniger erteilten Unterrichtsstunden sind innerhalb des Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr (§ 2 Absatz 4 VO zu § 93 Absatz 2 SchulG). |
(3) |
Lehrerinnen und Lehrer können, soweit sie während der allgemeinen Unterrichtszeit der Schule (die Zeit, in der die ganz überwiegende Zahl der Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden) nicht im Unterricht eingesetzt sind, durch die Schulleiterin oder den Schulleiter bei Bedarf im Rahmen des Zumutbaren mit anderen schulischen Aufgaben betraut werden. |
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Sie können im Einzelfall zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet werden, wenn Aufgaben in der Schule, insbesondere kurzfristig wahrzunehmender Vertretungsunterricht, dies erfordern. |
(4) |
Wenn der stundenplanmäßige Unterricht wegen Abwesenheit der zu Unterrichtenden nicht erteilt werden kann (z. B. Abgangsklassen, Schulfahrten, Exkursionen, Berufspraktika) oder durch Abschlussprüfungen (z. B. Abiturprüfung) vorzeitig endet, sollen die nicht erteilten Unterrichtsstunden insbesondere für Vertretungszwecke verwendet werden. Besondere dienstliche Belastungen sind im Einzelfall zu berücksichtigen. |
(5) |
Wenn zwingende dienstliche Verhältnisse (z. B. Fachlehrermangel) es erfordern, können Lehrerinnen und Lehrer verpflichtet werden, über ihre Pflichtstunden hinaus Unterricht als Mehrarbeit zu erteilen. Dabei sind die allgemeinen Regelungen über die Mehrarbeit und die von der Lehrerkonferenz aufgestellten Grundsätze (§ 68 Absatz 3 Nummer 1 SchulG) zu beachten. Besondere dienstliche Belastungen und persönliche Verhältnisse der Betroffenen sollen berücksichtigt werden.” |
Die Klägerin wurde in den Schuljahren 2011/2012 und 2012/2013 nach den Stundenplänen zu wöchentlich 19 Unterrichtsstunden eingeteilt. Deshalb und aufgrund von Vertretungsstunden leistete sie in der Zeit von August 2012 bis Januar 2013 insgesamt 20 Unterrichtsstunden mehr, als es den vereinbarten 18 Unterrichtsstunden wöchentlich entsprochen hätte. Es handelte sich um zusätzliche Stunden von einer Stunde im August 2012, vier Stunden im September 2012, vier Stunden im Oktober 2012, sechs Stunden im November 2012, drei Stunden im Dezember 2012 und zwei Stunden im Januar 2013. Im September 2012 erteilte die Klägerin eine Vertretungsstunde, im Oktober 2012 zwei Vertretungsstunden, im November 2012 zwei Vertretungsstunden und im Januar 2013 eine Vertretungsstunde. Die Vertretungsstunde im September 2012 wurde als Mehrarbeit vergütet. Am 7. Januar 2013 fielen zwei Unterrichtsstunden in der Klasse FR1B aus. Im weiteren Verlauf des Schuljahres 2012/ 2013 kam es ab der sechsten Kalenderwoche 2013 zu Stundenausfällen in mehreren von der Klägerin zu unterrichtenden Klassen aufgrund von Praktika der Klassen BFK2 und BGK sowie von Prüfungsphasen der Klassen FR3 und BFK1. Die Unterschreitung des Pflichtstundendeputats der Klägerin betrug bei einer Gesamtbetrachtung des Schuljahres 2012/2013 zwölf Stunden.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 legte die Klägerin „Einspruch” dagegen ein, dass die im Schuljahr vermutlich anfallenden Ausfallstunden faktorisiert und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Wochenunterrichtsstunden der Pflichtstundenzahl im Stundenplan hinzugefügt worden seien. Das führe dazu, dass sie statt ihrer vertraglich vereinbarten Pflichtstundenzahl von 18 Unterrichtsstunden 19 Unterrichtsstunden pro Woche (vor-)leisten müsse. Mit Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 22. Januar 2013 und Rechtsanwaltsschreiben vom 16. Mai 2013 wandte sich die Klägerin erneut gegen diese Vorgehensweise und verlangte die Vergütung der zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden.
Mit Wirkung vom 4. März 2013 wurde der Stundenplan in der Weise geändert, dass die Klägerin nur noch zu 18 Unterrichtsstunden in der Woche herangezogen wurde.
Im Jahr 2014 strengte der Personalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs bei der Bezirksregierung Arnsberg ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren über das umstrittene Stundenverrechnungsmodell an (VG Arnsberg – 20 K 163/14.PVL –). In dem Verfahren kam es Ende Januar 2015 auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts zu einem Vergleich. Mit ihm sicherte die Bezirksregierung zu, dass die Tischvorlage der Leiterin des G-Berufskollegs für die Lehrerkonferenz am 7. Februar 2008 zur Regelung des Umgangs mit den Ausfallstunden mit sofortiger Wirkung zurückgenommen werde. Eine entsprechende Verwaltungspraxis der Schulleiterin werde mit sofortiger Wirkung eingestellt.
Das MSW äußerte mit Schreiben vom 6. November 2012 gegenüber der Bezirksregierung Arnsberg die Auffassung, ausfallende Unterrichtsstunden dürften auf der Grundlage von § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG nicht im Schuljahresverlauf vorgezogen oder nachgeholt werden. Eine solche Praxis widerspreche auch der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und des Landesarbeitsgerichts Hamm.
Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die zusätzlichen 20 Unterrichtsstunden zu vergüten. Die voraussichtlich ausfallenden Unterrichtsstunden aufgrund der Abwesenheit von Schülern während der Praktika und bei vorzeitigem Ausscheiden der Abschlussklassen seien bereits berücksichtigt worden, als die regelmäßigen Pflichtstundenzahlen festgelegt worden seien. Die Handhabung im G-Berufskolleg sei nicht von dem Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG gedeckt. Es handle sich nicht um eine vorübergehende Anhebung der Unterrichtsstunden aus schulorganisatorischen Gründen, sondern um stetige geplante und deswegen vergütungspflichtige Mehrarbeit. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl sei als Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung mitbestimmungspflichtig.
Die Klägerin hat – soweit für die Revision von Interesse – beantragt festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie für die im Juni 2012 abgeleisteten 4 + 2 = 6 Unterrichtsstunden, die im Juli 2012 abgeleisteten 1 + 2 = 3 Unterrichtsstunden, die im August 2012 abgeleistete eine Unterrichtsstunde, die im September 2012 abgeleisteten 4 + 1 = 5 Unterrichtsstunden, die im Oktober 2012 abgeleisteten 3 + 2 = 5 Unterrichtsstunden, die im November 2012 abgeleisteten 4 + 2 = 6 Unterrichtsstunden, die im Dezember 2012 abgeleisteten drei Unterrichtsstunden und die im Januar 2013 abgeleisteten 4 + 1 = 5 Unterrichtsstunden anteiliges Entgelt aus der Entgeltgruppe 12 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, der Unterrichtsausfall infolge von Schulpraktika oder wegen des vorzeitigen Ausscheidens von Abschlussklassen sei nicht berücksichtigt worden, als die wöchentliche Pflichtstundenzahl in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG festgelegt worden sei. Die Regelung gehe auch für die anderen Schulformen des Gymnasiums, der Sekundarschule und der Gesamtschule von 25,5 Wochenpflichtstunden aus. Der Unterrichtsausfall unterscheide sich je nach Lehrkraft deutlich. Im G-Berufskolleg variierten die Ausfälle durch Praktika und Prüfungen zwischen zehn und bis zu 300 Unterrichtsstunden im Schuljahr. Die Verrechnung von Ausfallstunden mit vor- oder nachgearbeiteten Stunden sei von dem Flexibilisierungsinstrument des § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG gedeckt. Das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend” meine einen Zeitraum unterhalb eines Schuljahres. Die Voraussetzung werde beschränkt durch die erforderlichen schulorganisatorischen Gründe, die zB in Praktika oder Prüfungszeiten bestehen könnten. Eine nur regelmäßige und stetige Überschreitung der Pflichtstundenzahl genüge unter diesen Voraussetzungen nicht, um den Tatbestand auszuschließen. Sonst verliere § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG bis auf „Ad-hoc-Vertretungen” jeglichen Regelungsgehalt. „Ad-hoc-Vertretungen” würden jedoch bereits von § 13 Abs. 4 ADO erfasst. Der Personalrat sei weder nach § 72 Abs. 3 Nr. 4 LPVG noch nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG oder § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 21 LPVG zu beteiligen gewesen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin anteiliges Entgelt der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 TV-L zu zahlen für eine im August 2012 geleistete Unterrichtsstunde, für vier im September 2012 geleistete Unterrichtsstunden, für vier im Oktober 2012 geleistete Unterrichtsstunden, für sechs im November 2012 geleistete Unterrichtsstunden, für drei im Dezember 2012 geleistete Unterrichtsstunden und für zwei im Januar 2013 geleistete Unterrichtsstunden. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung, die nur das beklagte Land geführt hat, zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land weiter das Ziel, dass die Klage vollständig abgewiesen wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der noch rechtshängigen Klage zu Recht stattgegeben.
A. Die Feststellungsklage ist zulässig.
I. Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die 20 über die wöchentliche Pflichtstundenzahl hinausgehenden Unterrichtsstunden in der Zeit von August 2012 bis Januar 2013 sind nach den vorgelegten Stundenplänen zeitlich genau bestimmt. Im Übrigen handelt es sich bei den festzustellenden Ansprüchen auf Entgelt um abschließende Gesamtforderungen für die in diesem Zeitraum erbrachten zusätzlichen Unterrichtsleistungen (vgl. BAG 3. Juli 2014 – 6 AZR 451/12 – Rn. 10; 27. März 2014 – 6 AZR 204/12 – Rn. 12, BAGE 147, 373).
II. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Feststellungsklage kann sich im Rahmen eines Rechtsverhältnisses auf einzelne Ansprüche beschränken (vgl. BAG 13. Januar 2016 – 10 AZR 672/14 – Rn. 15; 25. März 2015 – 5 AZR 874/12 – Rn. 13). Der erforderliche Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form weiteren Entgelts aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erlangen will (vgl. BAG 16. April 2015 – 6 AZR 352/14 – Rn. 22). Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Vergütung für die im ersten Halbjahr des Schuljahres 2012/2013 über die Pflichtstunden hinaus erbrachten zusätzlichen Unterrichtsstunden beizulegen. Dadurch werden diese Ansprüche zwischen den Parteien abschließend geklärt. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. BAG 18. Februar 2016 – 6 AZR 700/14 – Rn. 53; 25. Juni 2015 – 6 AZR 380/14 – Rn. 17). Über die Vergütungshöhe besteht zwischen den Parteien kein Streit (vgl. BAG 25. März 2015 – 5 AZR 874/12 – Rn. 15).
B. Die Klage ist im noch rechtshängigen Umfang begründet. Die Klägerin hat auf der Grundlage von Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit Anspruch auf anteilige Vergütung der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 TV-L für die 20 zusätzlich erbrachten Unterrichtsstunden.
I. Der TV-L ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anzuwenden.
1. In § 44 Nr. 1 Satz 1 iVm. Nr. 2 Satz 1 TV-L ist geregelt, dass §§ 6 bis 10 TV-L ua. für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen nicht gelten. Die Klägerin unterfällt dem Begriff der Lehrkraft iSd. der Protokollerklärung zu § 44 Nr. 1 TV-L (vgl. BAG 12. Mai 2016 – 6 AZR 259/15 – Rn. 17). Nach § 44 Nr. 2 Satz 2 TV-L gelten für angestellte Lehrkräfte die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten in der jeweils geltenden Fassung.
2. Solche Blankettverweisungen auf beamtenrechtliche Bestimmungen in einer Tarifnorm sind wirksam (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Oktober 2012 – 9 AZR 183/11 – Rn. 16, BAGE 143, 194; 8. Mai 2008 – 6 AZR 359/07 – Rn. 14).
Die Verweisung in § 44 Nr. 2 Satz 2 TV-L ist umfassend und bezieht nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch Verwaltungsvorschriften und Erlasse mit ein (vgl. BAG 8. Mai 2008 – 6 AZR 359/07 – Rn. 13; 5. Dezember 2005 – 6 AZR 227/05 – Rn. 17, BAGE 116, 346). Lehrkräfte, die nach fachlicher Qualifikation und Tätigkeit gleichwertig sind, sollen eine annähernd gleiche Vergütung für die erbrachte Arbeitszeit ohne Rücksicht darauf erhalten, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Das ist sachgerecht, weil angestellte und beamtete Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und unter gleichen Arbeitsbedingungen tätig sind. Angestellte Lehrer sollen durch die tarifvertragliche Verweisung ungeachtet weiterer Differenzierungsgründe nicht schlechter-, aber auch nicht bessergestellt werden als beamtete Lehrer (vgl. BAG 11. Juli 2012 – 10 AZR 203/11 – Rn. 16; 8. Mai 2008 – 6 AZR 359/07 – Rn. 12).
II. Die Ansprüche auf anteiliges Entgelt aus Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit scheitern nicht an § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG. Eine durch Stundenpläne vorgegebene stetige Überschreitung der wöchentlichen Unterrichtsstundenzahl im Vorgriff auf einen gegen Schuljahresende zu erwartenden Unterrichtsausfall stellt keine vorübergehende Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl iSv. § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG dar. Die 20 Unterrichtsstunden, für die die Klägerin Entgeltansprüche in der Zeit von August 2012 bis Januar 2013 festgestellt wissen will, sind deshalb nicht durch ausgefallene Stunden im zweiten Halbjahr des Schul- jahres 2012/2013 ausgeglichen.
1. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG kann die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrerin oder eines Lehrers vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen um bis zu sechs Stunden über- oder unterschritten werden.
2. Der Umfang der Lehrerarbeitszeit war und ist mit §§ 2 bis 5 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG durch Rechtsverordnung aufgrund der nötigen landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 93 Abs. 2 SchulG schon vor Ablauf der Übergangsfrist am Ende des Schuljahres 2013/2014 rechtskonform geregelt worden (vgl. BAG 8. November 2006 – 5 AZR 5/06 – Rn. 18, BAGE 120, 97; BVerwG 16. Juli 2015 – 2 C 41.13 – Rn. 16, BVerwGE 152, 308; 30. August 2012 – 2 C 23.10 – Rn. 11 f. mwN, BVerwGE 144, 93). Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG sind jedoch nicht erfüllt. Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, es handle sich hier nicht um eine vorübergehende Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl.
a) Der Wortlaut der Verordnungsnorm lässt nicht eindeutig erkennen, ob auch eine geplante Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl eine vorübergehende Überschreitung iSv. § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG sein kann.
aa) Das Wort „vorübergehend” ist kein Begriff, der in der Rechts- oder Fachsprache einheitlich gebraucht wird. Der Begriff findet sich in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen, zB im Rahmen der vollen Mitbestimmung des Betriebsrats bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (vgl. nur BAG 8. Dezember 2015 – 1 ABR 2/14 – Rn. 17, BAGE 153, 318), bei der vorübergehenden Überlassung von Leiharbeitnehmern in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG (vgl. BAG 4. November 2015 – 7 ABR 42/13 – Rn. 36, BAGE 153, 171; 30. September 2014 – 1 ABR 79/12 – Rn. 17 ff.) oder im Zulagenrecht mit dem Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehend ausgeübten – dh. auszuübenden – Tätigkeit iSv. § 14 Abs. 1 TVöD-AT (vgl. BAG 27. Januar 2016 – 4 AZR 468/14 – Rn. 19) oder der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 14 TV-L (vgl. BAG 19. November 2015 – 6 AZR581/14 – Rn. 46). Auch im Verwaltungsrecht wird das Wort „vorübergehend” in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet, etwa im Zulagenrecht des § 46 Abs. 1 BBesG. Dem Beamten werden danach höherwertige Aufgaben vorübergehend vertretungsweise übertragen, wenn er die ihm übertragenen, einem höheren Statusamt zugeordneten Aufgaben erfüllen soll, bis sie einem Beamten mit funktionsgerechtem höheren Statusamt übertragen werden (vgl. BVerwG 10. Dezember 2015 – 2 C 28.13 – Rn. 12; 25. September 2014 – 2 C 16.13 – Rn. 10, BVerwGE 150, 216). Die Dienstleistung eines vorübergehend dienstunfähigen Beamten im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme ist kein aktiver Dienst iSv. § 12 Satz 1 PostLEntgV (vgl. BVerwG 11. Juni 2015 – 2 B 64.14, 2 PKH 2.14 – Rn. 9). In aller Regel wird der Begriff „vorübergehend” von der Rechtsprechung in den unterschiedlichen Zusammenhängen nicht definiert.
bb) Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der vorübergehenden Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstunden einer Lehrkraft aus schulorganisatorischen Gründen nach § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG ist daher die allgemeinsprachliche Bedeutung des Worts „vorübergehend” (vgl. BAG 21. Februar 2013 – 6 AZR 539/11 – Rn. 22).
(1) „Vorübergehend” meint „nur eine gewisse Zeit”, „nicht lange dauernd”, „für kurze Zeit”, „auf Zeit”, „augenblicklich”, „flüchtig”, „kurz”, „kurzfristig”, „temporär”, „zeitweilig”, „zeitweise” (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „vorübergehend”), „begrenzt”, „behelfsmäßig”, „bis auf Weiteres”, „episodenhaft”, „erst einmal”, „fürs Erste”, „kurzzeitig”, „momentan”, „nicht von Dauer”, „provisorisch”, „vorerst”, „vorläufig”, „zeitlich gebunden” (Duden Das Synonymwörterbuch 5. Aufl. Stichwort: „vorübergehend”), „nur zeitweilig”, „nur eine gewisse Zeit dauernd” (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „vorübergehend”), „nur kurze Zeit dauernd”, „kurzlebig” (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort: „vorübergehend”).
(2) An den Synonymen zeigt sich, dass der Begriff „vorübergehend” von zwei Komponenten geprägt ist. Zum einen ist eine geringe Zeitspanne gemeint, wie zB an den Begriffen „kurz”, „für kurze Zeit”, „nur zeitweilig” oder „nur kurze Zeit dauernd” deutlich wird. Zum anderen wird mit „vorübergehend” der ungeplante Charakter des Geschehens ausgedrückt, wie es sich etwa aus den Synonymen „provisorisch”, „behelfsmäßig”, „fürs Erste”, „vorläufig” ergibt. Der Begriff „vorübergehend” umfasst in den unterschiedlichen Zusammenhängen zum Teil nur den einen oder den anderen Bedeutungsgehalt.
b) Ungeachtet des nicht eindeutigen Wortlauts sprechen Zusammenhang und Zweck des § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG für eine nicht nur vorübergehende Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl bei stetiger Planung mit einer zusätzlichen wöchentlichen Unterrichtsstunde. Die stetige Planung mit einer über die Teilzeitquote von 18 wöchentlichen Unterrichtsstunden hinausgehenden 19. Pflichtstunde umfasste im Fall der Klägerin nach den Stundenplänen von Beginn des Schuljahres 2012/2013 an zumindest das erste Schulhalbjahr (vgl. zu der Stundenplanung BVerwG 16. Juli 2015 – 2 C 16.14 – Rn. 19, BVerwGE 152, 301; 30. August 2012 – 2 C 23.10 – Rn. 8 ff., BVerwGE 144, 93). Die über die Pflichtunterrichtsstunden hinausgehende Leistung war bei Schuljahresbeginn zudem erkennbar auf das ganze Schuljahr angelegt. Das wird daran deutlich, dass die Klägerin die 19. Unterrichtsstunde erst ab 4. März 2013 nicht länger halten sollte. Dazu wurde nicht auf einen ohnehin bestehenden anderen Stundenplan zurückgegriffen. Der Stundenplan wurde vielmehr geändert.
aa) Auf den nicht von Schuljahresbeginn an planbaren Charakter der vorübergehenden Pflichtstundenüberschreitung deutet schon § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG selbst hin.
(1) Dem steht nicht entgegen, dass die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden nach der Vorschrift aus schulorganisatorischen Gründen überschritten werden darf. Der Begriff der Schulorganisation setzt nicht zwingend eine längerfristige Planung voraus, sondern erfasst auch spontan erforderlich werdende Eingriffe in den ursprünglichen Stundenplan, die der besseren Organisation der Schule in akuten Fällen dienen.
(2) Dass § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG von Schuljahresbeginn an planbare Pflichtstundenausfälle nicht erfasst, ergibt sich im Ansatz auch aus der Verwaltungsvorschrift der Nr. 2.4.1 Abs. 1 Satz 1 AVO-RL (zu § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG). Danach dient § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG der weiteren Flexibilisierung „bei der Erteilung” des Unterrichts „im Schuljahresverlauf”. Die nötige Flexibilisierung darf mit anderen Worten noch nicht abzusehen gewesen sein, als der ursprüngliche Stundenplan erstellt wurde.
bb) Der nötige ungeplante Charakter der Überschreitung der Pflichtstundenzahl wird nicht durch die Sätze 2 und 3 des § 2 Abs. 4 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG gehindert.
(1) § 2 Abs. 4 Satz 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG besagt zwar, dass eine Überschreitung von mehr als zwei (Pflicht-)Stunden in der Regel nicht ohne Zustimmung der betroffenen Lehrkraft erfolgen soll, wenn sie über zwei Wochen hinaus andauert. Dem lässt sich aber nur eine Aussage für die Frage der zeitlichen Dauer einer Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl entnehmen. Eine „vorübergehende” Überschreitung kann demnach einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen umfassen. Dem auf längere Frist ungeplanten Charakter der Überschreitung steht die Regelung nicht entgegen. Von ihr werden auch ungeplante Ereignisse mit Auswirkungen von über zwei Wochen erfasst.
(2) Für § 2 Abs. 4 Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG gilt nichts anderes. Die Bestimmung regelt den Ausgleichszeitraum der vorübergehend angewiesenen Überschreitung der Pflichtstundenzahl. Die zusätzlich (oder weniger) erteilten Unterrichtsstunden sind innerhalb eines Schuljahres auszugleichen, ausnahmsweise im folgenden Schuljahr. Die Rechtsfolge des Ausgleichs setzt voraus, dass die Pflichtstunden rechtmäßig, weil vorübergehend aus schulorganisatorischen Gründen über- oder unterschritten worden sind. Aus dem zum Schutz der Lehrkraft zeitlich begrenzten Ausgleichszeitraum lässt sich kein Rückschluss auf das Tatbestandsmerkmal der vorübergehenden Über- oder Unterschreitung der Pflichtstundenzahl aus schulorganisatorischen Gründen ziehen.
cc) Der Zweck des Flexibilisierungsinstruments in § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu 45 § 93 Abs. 2 SchulG, auf im Schuljahresverlauf ungeplant eintretende Ereignisse zu reagieren, ergibt sich in erster Linie aus dem weiteren Zusammenhang der Norm. § 13 ADO, § 2 Abs. 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG und Nr. I.4.6 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit sprechen entscheidend dafür, dass der Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG keine Pflichtstundenüberschreitungen unterfallen, die zu Schuljahresbeginn für ein Schulhalbjahr oder einen noch längeren Zeitraum in den Stundenplänen vorgegeben werden.
(1) § 13 ADO enthält ein aufeinander aufbauendes, in sich geschlossenes System, mit dem die Flexibilisierung der Lehrerarbeitszeit innerhalb des von §§ 2 bis 5 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG vorgegebenen Umfangs der Pflichtstundenzahl geregelt wird.
(a) § 13 Abs. 1 Satz 1 ADO sieht vor, dass für Lehrerinnen und Lehrer grundsätzlich die wöchentliche Arbeitszeit des übrigen öffentlichen Dienstes gilt. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 ADO erteilen die Lehrkräfte die gesetzlich festgelegte und im Einzelnen bestimmte Anzahl der wöchentlichen Pflichtstunden iSd. §§ 2 bis 5 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG.
(aa) § 13 Abs. 1 ADO bettet die Pflichtstundenregelung in den Orientierungsrahmen der Arbeitszeitregelung des übrigen öffentlichen Dienstes ein, löst sie also nicht davon (vgl. für die st. Rspr. BVerwG 16. Juli 2015 – 2 C 16.14 – Rn. 11, BVerwGE 152, 301; 30. August 2012 – 2 C 23.10 – Rn. 14, BVerwGE 144, 93). Die Festsetzung von Unterrichtsstunden als Pflichtstunden ist erforderlich, um den Besonderheiten des Lehrerberufs gerecht zu werden. Die Arbeitszeit von Lehrern setzt sich aus Unterrichtsstunden, Arbeitszeit außerhalb des Unterrichts in der Schule und zu Hause sowie 13 Wochen unterrichtsfreier Zeit zusammen. Die Festlegung der Pflichtstunden erklärt sich daraus, dass die Lehrerarbeitszeit nur hinsichtlich dieses Teils der Arbeitszeit exakt messbar ist. Im Übrigen kann die Arbeitszeit von Lehrkräften wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen, der Pausenaufsicht usw. nicht im Einzelnen in überprüfbarer Form bestimmt, sondern nur grob pauschalierend geschätzt werden (vgl. BVerwG 16. Juli 2015 – 2 C 16.14 – Rn. 10, aaO; 30. August 2012 – 2 C 23.10 – Rn. 13, aaO).
(bb) Für die teilzeitbeschäftigte Klägerin bedeutet das, dass die Gesamtheit der Unterrichtsstunden, der unterrichts- und schulbezogenen Tätigkeiten sowie der Funktionstätigkeiten die entsprechend der Teilzeitquote reduzierte Gesamtarbeitszeit von 41 Stunden wöchentlich im Jahresdurchschnitt nach § 60 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW nicht überschreiten darf (vgl. BVerwG 16. Juli 2015 – 2 C 16.14 – Rn. 9, BVerwGE 152, 301).
(b) Die übrigen Absätze des § 13 ADO tragen dem Umstand Rechnung, dass nur die Pflichtunterrichtsstunden genau bestimmt sind. Die Absätze 2 bis 5 des § 13 ADO flexibilisieren dieses „Grundgerüst”.
(aa) § 13 Abs. 2 Satz 1 ADO ist wortgleich mit § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 51 Abs. 2 SchulG. § 13 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ADO sowie § 2 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG sind inhaltsgleich.
(bb) Werden Lehrkräfte während der allgemeinen Unterrichtszeit der Schule als der Zeit, in der die ganz überwiegende Schülerzahl unterrichtet wird, nicht im Unterricht eingesetzt, können sie bei Bedarf und im Rahmen des Zumutbaren nach § 13 Abs. 3 Satz 1 ADO durch den Schulleiter mit anderen schulischen Aufgaben betraut werden. Nicht zu haltender Unterricht in der allgemeinen Unterrichtszeit wird in diesem Fall durch andere schulische Aufgaben ersetzt.
(cc) Im Einzelfall können Lehrkräfte nach § 13 Abs. 3 Satz 2 ADO zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet werden, wenn Aufgaben in der Schule, insbesondere kurzfristig wahrzunehmender Vertretungsunterricht, dies erfordern. Die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 2 ADO hat als „klassischen Fall” die kurzfristige sog. Ad-hoc-Vertretung anderer Lehrkräfte im Blick, wenn die vertretenden Lehrkräfte selbst keinen Unterricht zu erteilen haben und auch nicht aufgrund anderer schulischer Aufgaben zur Anwesenheit in der Schule verpflichtet sind.
(dd) § 13 Abs. 4 Satz 1 ADO meint dagegen nicht ausschließlich Ad-hoc-Vertretungen. Anders als § 13 Abs. 3 Satz 2 ADO nennt er nicht allein kurzfristig wahrzunehmenden Vertretungsunterricht. Kann der stundenplanmäßige Unterricht wegen der Abwesenheit der zu Unterrichtenden zB bei Abgangsklassen, Schulfahrten, Exkursionen, Berufspraktika oder durch Abschlussprüfungen nicht erteilt werden, sollen die nicht gehaltenen Unterrichtsstunden insbesondere für Vertretungszwecke verwendet werden. Nicht nur der unterschiedliche Wortlaut der unmittelbar aufeinanderfolgenden Absätze 3 und 4 des § 13 ADO, der zwischen kurzfristig wahrzunehmenden und anderen Vertretungen differenziert, verdeutlicht, dass § 13 Abs. 4 Satz 1 ADO auch längerfristig planbare Vertretungen einbezieht. Hinzu kommt, dass § 13 Abs. 4 Satz 1 ADO regelmäßig und damit planbar ausfallende Unterrichtszeiten aufgrund von Abgangsklassen, Berufspraktika und Abschlussprüfungen – zB wegen der Abiturprüfung – ausdrücklich nennt.
(ee) § 13 Abs. 5 Satz 1 ADO erlaubt es, Lehrkräfte dazu zu verpflichten, über ihre Pflichtstunden hinaus Unterricht als Mehrarbeit zu erteilen, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse, etwa Fachlehrermangel, das erfordern.
(2) § 2 Abs. 1 Satz 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG zeigt, dass das System der Lehrerarbeitszeit im beklagten Land Instrumente kennt, um das Pflichtstundendeputat aus Praktikabilitätsgründen pauschal für ganze Schuljahre anzuheben oder zu senken. Die Verordnungsnorm bestimmt, dass die wöchentliche Pflichtstundenzahl in Schulformen, die halbe Pflichtstundenzahlen von 25,5 oder 27,5 Stunden kennen, innerhalb eines Zeitraums von zwei Schuljahren jeweils für die Dauer eines Schuljahres auf die volle Stundenzahl aufgerundet und für die Dauer des folgenden Schuljahres abgerundet wird.
(3) Entsprechendes gilt für Nr. I.4.6 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit. Danach ist Mehrarbeit während einer Blockphase bei der Erteilung von Blockunterricht an Berufsschulen durch Minderarbeit in anderen Blockphasen während eines Schuljahres auszugleichen.
3. Die Voraussetzung der nur vorübergehenden Überschreitung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl nach § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG ist nicht erfüllt. Deshalb scheidet ein Ausgleich iSv. § 2 Abs. 4 Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG durch Verrechnung der im ersten Schulhalbjahr zusätzlich geleisteten mit den im zweiten Schulhalbjahr ausgefallenen Pflichtstunden aus (zum Wesen des Freizeitausgleichs BAG 20. Januar 2016 – 6 AZR 742/14 – Rn. 32). Die im Fall der Klägerin geübte Praxis der geplanten Überschreitung der Pflichtstundenzahl von Beginn des Schuljahres 2012/2013 an verkehrt die Ausnahme der vorübergehenden Überschreitung in den Regelfall. Sie ist nicht von § 2 Abs. 4 Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG gedeckt. Aus diesem Grund kann offenbleiben, ob es sich bei ihr um eine mitbestimmungswidrig angeordnete Hebung der Arbeitszeit iSv. § 72 Abs. 3 Nr. 4 LPVG idF vom 5. Juli 2011 handelt, ob ein anderer Mitbestimmungstatbestand erfüllt ist und welche Rechtsfolge der Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht hätte (vgl. zu diesen Fragen BVerwG 30. August 2012 – 2 C 23.10 – Rn. 17 ff., BVerwGE 144, 93; 10. Januar 2006 – 6 P 10.04 – Rn. 7; 28. Dezember 1998 – 6 P 1.97 – zu 2, 3 und 4 der Gründe, BVerwGE 108, 233; 17. Mai 1995 – 6 P 47.93 – zu II 2 a und b der Gründe; 10. März 1992 – 6 P 13.91 – zu II der Gründe).
III. Die Klägerin hat nach Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit Anspruch auf anteilige Vergütung der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 TV-L.
1. Mehrarbeit ist nach § 61 Abs. 1 LBG NRW idF vom 1. Oktober 2013 Dienst des Beamten über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus. Dem Beamten ist für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit innerhalb eines Jahres entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, wenn er durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht wird. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern an ihrer Stelle für einen Zeitraum von längstens 480 Stunden im Jahr eine Mehrarbeitsvergütung erhalten (§ 61 Abs. 2 LBG NRW idF vom 1. Oktober 2013). Nr. I.2.1 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit „übersetzt” diese Regelungen in das Recht der Lehrerarbeitszeit. Die Bestimmung sieht vor, dass der Lehrer nach § 61 LBG NRW verpflichtet ist, über seine individuelle Pflichtstundenzahl hinaus Mehrarbeit zu leisten, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. Nach Nr. I.2.1 Abs. 2 Runderlass Mehrarbeit erstreckt sich die Verpflichtung des Lehrers zur Übernahme von Mehrarbeit auf regelmäßige und gelegentliche Mehrarbeit im Schuldienst. Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 1 Runderlass Mehrarbeit bestimmt, dass geleistete Mehrarbeit grundsätzlich durch Freizeitausgleich abzugelten ist. Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit schränkt diesen Grundsatz jedoch ein. Danach wird Mehrarbeit im Schuldienst anstelle eines Freizeitausgleichs mit Ausnahme der Fälle der Nr. I.4.2 und I.4.6 Runderlass Mehrarbeit vergütet, weil Freizeitausgleich im Schuldienst in der Regel aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist.
2. Die Mehrarbeit der wöchentlichen zusätzlichen Unterrichtsstunde wurde vom beklagten Land durch die Stundenpläne (ausdrücklich) angeordnet iSv. § 61 Abs. 1 LBG NRW idF vom 1. Oktober 2013. Die geleistete Mehrarbeit ist dem beklagten Land als Arbeitgeber zuzurechnen.
a) Dem steht nicht entgegen, dass die Anordnung und die Genehmigung von Mehrarbeit bei Beamten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ermessensentscheidungen sind, die der Dienstherr unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände zu treffen hat. Der Dienstherr hat dabei zu prüfen, ob Mehrarbeit nach den dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll. Eine derartige Entscheidung wird auch nicht dadurch getroffen, dass ein Dienstplan aufgestellt und praktiziert wird (vgl. BVerwG 28. Mai 2003 – 2 C 28.02 –).
aa) Die Verwaltungsgerichtsbarkeit behilft sich in solchen Fällen vorgegebener Dienstpläne mit einem an bestimmte Voraussetzungen gebundenen beamtenrechtlichen Anspruch aus Treu und Glauben iVm. den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit, der auf den Ausgleich sog. Zuvielarbeit gerichtet ist (vgl. BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 11, 24; 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – Rn. 26 ff., BVerwGE 143, 381; 26. Juli 2012 – 2 C 70.11 – Rn. 20 ff.; 28. Mai 2003 – 2 C 28.02 –; für Lehranwärter und Lehrkräfte: OVG Berlin-Brandenburg 28. Oktober 2015 – OVG 4 B 14.12 – zu 2 der Gründe; VG Düsseldorf 13. März 2015 – 2 K 7605/13 –). Der Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zu viel gearbeitet hat. Er kommt nur für rechtswidrige Zuvielarbeit, also nicht für angeordnete oder genehmigte – rechtmäßige – Mehrarbeit in Betracht. Die geleistete Zuvielarbeit ist erst ab dem Monat ausgleichsfähig, der auf die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs durch den Beamten folgt (vgl. BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 25; 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – Rn. 26, BVerwGE 143, 381; 26. Juli 2012 – 2 C 70.11 – Rn. 20 f.). Der zuvor erlittene Verlust an Freizeit ist nach nationalem Zivilrecht kein Schaden (vgl. BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 20; 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – Rn. 25, aaO).
bb) Neben den nationalrechtlichen Billigkeitsanspruch tritt ein an andere Erfordernisse geknüpfter unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, der kein Verschulden des Mitgliedstaats voraussetzt. Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch lässt das Erfordernis zu, dass der Anspruch im Vormonat geltend zu machen ist. Eine solche Rügeobliegenheit verstößt weder gegen den unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz noch gegen den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz (vgl. BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 25, 27 ff. mit Bezug auf EuGH 19. Juni 2014 – C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12 – [Specht] Rn. 110 ff.; ebenso bereits 29. September 2011 – 2 C 32.10 – Rn. 20, BVerwGE 140, 351; aA noch BVerwG 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – Rn. 25, BVerwGE 143, 381 unter Hinweis auf EuGH 25. November 2010 – C-429/09 – [Fuß] Rn. 78, 84, 86 f. und 90, Slg. 2010, I-12167). Ein solcher Anspruch könnte sich gegen das beklagte Land als Untergliederung der Bundesrepublik Deutschland richten. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch verlangt aber eine Überschreitung der von Art. 6 Buchst. b der sog. Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vorgegebenen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden grundsätzlich im Siebentageszeitraum (vgl. EuGH 25. November 2010 – C-429/09 – [Fuß] Rn. 63, aaO; BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 12; 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – Rn. 25, aaO). Wegen der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin wird auch unter Berücksichtigung der 19. wöchentlichen Unterrichtsstunde schon die landesrechtliche Vollarbeitszeit von 41 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt nicht erreicht. Ihr liegen bei Lehrkräften an Berufskollegs 25,5 Pflichtwochenstunden zugrunde. Die unionsrechtliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden im Siebentageszeitraum ist erst recht nicht überschritten.
b) Die Grundsätze der beamtenrechtlichen Mehr- und Zuvielarbeit sind auf Arbeitsverhältnisse nicht übertragbar.
aa) Ein Arbeitnehmer leistet Über- oder Mehrarbeit, wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig ist (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – Rn. 44, BAGE 152, 315; 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 14; zu der im Arbeitszeitgesetz nicht gebrauchten Unterscheidung von Über- und Mehrarbeit: BAG 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10 – Rn. 17; 17. August 2011 – 5 AZR 406/10 – Rn. 15, BAGE 139, 44, jeweils mwN). Ausdrücklich angeordnet wird Über- oder Mehrarbeit, wenn der Arbeitgeber sie explizit verlangt (vgl. BAG 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 16). Konkludent ordnet der Arbeitgeber Über- oder Mehrarbeit an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch Leistung von Über- oder Mehrarbeit außerhalb der Normalarbeitszeit zu bewältigen ist (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – Rn. 46, BAGE 152, 315; 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 17). Mit der Billigung von Über- oder Mehrarbeit ersetzt der Arbeitgeber durch eine Genehmigung nachträglich die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Über- oder Mehrarbeit (vgl. BAG 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 19). Der Arbeitgeber duldet Über- oder Mehrarbeit, wenn er sie hinnimmt und keine Vorkehrungen dafür trifft, sie künftig zu unterbinden. Er schreitet nicht dagegen ein, dass die Über- oder Mehrarbeit geleistet wird, sondern nimmt sie weiterhin entgegen (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – Rn. 48, aaO; 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 21).
bb) Nach diesen Grundsätzen verlangte das beklagte Land mit den Stundenplänen die über die Teilzeitquote von 18 wöchentlichen Pflichtunterrichtsstunden hinausgehende jeweilige 19. Unterrichtsstunde. Es ordnete damit ausdrücklich Überarbeit an, die die vertraglich geschuldete regelmäßige Arbeitszeit überstieg. In der Begrifflichkeit der von § 44 Nr. 2 Satz 2 TV-L in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Bestimmungen handelte es sich um Mehrarbeit. Abweichend von § 61 Abs. 1 LBG NRW idF vom 1. Oktober 2013 sind fünf (Zeit-)Stunden im Monat wegen der dargestellten arbeitsrechtlichen Besonderheiten auch nicht ausgleichsfrei. Der Arbeitgeber kann die Leistung den Umständen nach nur gegen Vergütung erwarten (vgl. BAG 23. September 2015 – 5 AZR 626/13 – Rn. 21). Der Senat kann offenlassen, ob das für beamtete und angestellte Lehrer gleichermaßen gilt. Jedenfalls enthält Nr. I.2.1 Runderlass Mehrarbeit den Abzug von fünf Stunden – ggf. wegen der Besonderheiten der Lehrerarbeitszeit – selbst nicht.
c) Die für das Beamten- und das Arbeitsrecht entwickelten unterschiedlichen Regeln im Mehrarbeitsrecht sind hinzunehmen, obwohl § 44 Nr. 2 Satz 2 TV-L auf das Beamtenrecht verweist. Das Bundesverwaltungsgericht sieht in einer Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von Beamten durch Dienstplan zwar keine Anordnung rechtmäßiger Mehrarbeit, sondern nimmt allenfalls rechtswidrige Zuvielarbeit an (vgl. BVerwG 17. September 2015 – 2 C 26.14 – Rn. 11, 24; 28. Mai 2003 – 2 C 28.02 – mwN). Das steht der Beurteilung, dass durch schulischen Stundenplan Über- oder Mehrarbeit im arbeitsrechtlichen Sinn angeordnet werden kann, aber nicht entgegen. Zwischen den Rechtsverhältnissen beamteter und angestellter Lehrkräfte bestehen trotz der durch die Verweisung auf das Beamtenrecht angestrebten weitgehenden Gleichstellung der beiden Beschäftigtengruppen deutliche Unterschiede. Das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht betonen die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses, das durch Alimentation, Treue- und Fürsorgepflichten charakterisiert wird (vgl. BVerfG 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09, 2 BvL 18/09, 2 BvL 3/12, 2 BvL 4/12, 2 BvL 5/12, 2 BvL 6/12, 2 BvL 1/14 – Rn. 114 ff., BVerfGE 139, 64; BVerwG 27. Mai 2010 – 2 C 33.09 – Rn. 13 ff. mwN; 13. November 2008 – 2 C 16.07 – Rn. 18 ff.). Das Bundesarbeitsgericht und die Verwaltungsgerichtsbarkeit heben die Unterschiede der beiden Rechtsverhältnisse gleichermaßen hervor. Das Bundesarbeitsgericht nimmt etwa an, Breitbandregelungen zum Ausgleich besonderer Belastungen verletzten hinsichtlich angestellter Lehrkräfte den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie nicht landeseinheitlich eingeführt würden (vgl. 8. November 2006 – 5 AZR 5/06 – Rn. 20 ff., BAGE 120, 97). Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen geht demgegenüber davon aus, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei wegen der Strukturunterschiede von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst auf Beamte nicht anzuwenden (vgl. 17. Februar 2014 – 6 A 1353/12 –).
3. Die Rechtsfolge geleisteter Mehrarbeit ist nach Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 1 Runderlass Mehrarbeit grundsätzlich auf Freizeitausgleich gerichtet. Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit geht jedoch anstelle des Freizeitausgleichs auf die Rechtsfolge zu leistender Mehrarbeitsvergütung über, weil Freizeitausgleich im Schuldienst in der Regel aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist.
a) Der Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe für den nicht möglichen Freizeitausgleich braucht nicht bestimmt zu werden und im konkreten Fall nicht gegeben zu sein. Die Bestimmung der Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit typisiert die schulischen Sachverhalte. Sie unterstellt zwingende dienstliche Gründe regelungstechnisch, um die Rechtsfolge des Freizeitausgleichs gegen die der Mehrarbeitsvergütung auszutauschen.
b) Die beiden Ausnahmetatbestände der Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit sind nicht erfüllt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
aa) Die Klägerin hatte zwar keinen Anspruch auf die im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2012/2013 iSv. Nr. I.4.2 Abs. 2 Satz 1 Runderlass Mehrarbeit ausgefallenen Pflichtstunden.
(1) Die Verrechnung mit geleisteter Mehrarbeit nach Nr. I.4.2 Abs. 2 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit scheitert aber daran, dass Verrechnungszeitraum nach Nr. I.4.2 Abs. 2 Satz 3 Runderlass Mehrarbeit der Kalendermonat ist. Die Ausfallzeiten, die das beklagte Land zum Ausgleich heranziehen möchte, sind nicht in den Monaten der Mehrarbeit von August 2012 bis Januar 2013 angefallen, sondern in den Folgemonaten des zweiten Schulhalbjahres. Die im Januar 2013 ausgefallenen Unterrichtsstunden hat bereits das Arbeitsgericht zu Recht von der Forderung der Klägerin abgesetzt. Außerhalb des Kalendermonats, in dem die Mehrarbeit geleistet wurde, sieht der Runderlass Mehrarbeit eine Verrechnung oder Saldierung nicht vor (vgl. LAG Hamm 13. Oktober 2011 – 11 Sa 556/11 – zu 3 b aa der Gründe). Daran wird deutlich, dass ein Ausgleich der durch Mehrarbeit entstandenen Belastungen in Form von Freizeit nur im zeitlichen Zusammenhang mit der Mehrarbeit sinnvoll ist (zu dem deutlich längeren Ausgleichszeitraum von einem Jahr nach § 61 Abs. 1 LBG NRW LAG Hamm 2. Februar 2012 – 17 Sa 1001/11 – zu A IV 2 e aa der Gründe).
(2) Nr. I.4.2 Abs. 2 Satz 3 Runderlass Mehrarbeit steht auch dem aus § 242 BGB abzuleitenden, von Amts wegen zu berücksichtigenden sog. Doloagit-Einwand entgegen. Danach verstößt gegen Treu und Glauben, wer eine Leistung verlangt, die er sofort zurückgewähren muss „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est”, vgl.: BAG 15. Februar 2012 – 7 AZR 774/10 – Rn. 38; 10. November 2011 – 6 AZR 357/10 – Rn. 25, BAGE 139, 376; BGH 21. April 2016 – I ZR 276/14 – Rn. 12). Die Begrenzung der Verrechnung auf den Kalendermonat durch Nr. I.4.2 Abs. 2 Satz 3 Runderlass Mehrarbeit schließt den Dolo-agit-Einwand aus.
bb) Auch der zweite Ausnahmetatbestand der Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit ist nicht gegeben. Die von der Klägerin geleistete Mehrarbeit im ersten Halbjahr des Schuljahres 2012/2013 bestand nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig aus Blockunterricht iSv. Nr. I.4.6 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit wie die Minderarbeit im zweiten Halbjahr dieses Schuljahres.
c) Der Klägerin steht deshalb für die im ersten Halbjahr des Schuljahres 2012/2013 geleistete Mehrarbeit nach Nr. I.1 Abs. 1 dritter Spiegelstrich, Nr. I.2.1 Abs. 3 Satz 2 Runderlass Mehrarbeit, § 4a Abs. 1 BMVergV idF vom 4. November 2009 anteiliges Entgelt der Entgeltgruppe 12 Stufe 4 TV-L zu. 4. aa) Die MVergV des dritten Spiegelstrichs der Nr. I.1 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit meint die BMVergV. Die frühere Fassung des Runderlasses Mehrarbeit vom 11. Juni 1979 (GABl. NW. S. 296), bereinigt um die Runderlasse vom 2. August 1979 (GABl. NW. S. 437) und 26. Oktober 1981 (GABl. NW. S. 406), bezog sich in Nr. I.1.2 ausdrücklich auf die (B)MVergV.
bb) § 4a Abs. 1 BMVergV idF vom 4. November 2009 bestimmt, dass sich der Anspruch Teilzeitbeschäftigter für Mehrarbeit, die die regelmäßige Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter nicht überschreitet, nicht auf die besondere Mehrarbeitsvergütung des § 4 Abs. 1 und Abs. 3 BMVergV richtet. Teilzeitbeschäftigte haben vielmehr je Stunde Mehrarbeit Vergütung in Höhe des auf eine Stunde entfallenden Anteils der Besoldung – dh. bei Arbeitnehmern des Entgelts – Vollzeitbeschäftigter zu erhalten. Dem steht nicht entgegen, dass nach Fußnote 2 zum dritten und vierten Spiegelstrich der Nr. I.1 Abs. 1 Runderlass Mehrarbeit die (B)MVergV und die Verwaltungsvorschriften im Land Nordrhein-Westfalen in den am 31. August 2006 geltenden Fassungen angewendet werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch auf anteilige Besoldung aus § 4a noch nicht in die BMVergV eingefügt. Die Mehrarbeit der teilzeitbeschäftigten Klägerin überschritt aber auch unter Berücksichtigung der zusätzlich geleisteten insgesamt 20 Unterrichtsstunden in der Zeit von August 2012 bis Januar 2013 bei wöchentlich erteilten 19 Unterrichtsstunden nicht die reguläre Arbeitszeit einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft von 41 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt oder von 25,5 wöchentlichen Pflichtstunden. In einem solchen Fall entspricht allein der auf anteilige Besoldung oder anteiliges Entgelt gerichtete Anspruch Teilzeitbeschäftigter den Anforderungen der unmittelbar geltenden Entgeltgleichheit des Art. 157 AEUV, wie sie die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgeformt hat. Die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit hat diese Rechtsprechung nachvollzogen. Nur auf diese Weise wird eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten bei Überschreitung der individuellen Arbeitszeit Teilzeitbeschäftigter bis zur Grenze der regelmäßigen Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter vermieden (vgl. EuGH 6. Dezember 2007 – C-300/06 – [Voß] Rn. 31 ff., 37, Slg. 2007, I-10573; BVerwG 13. März 2008 – 2 C 128.07 – Rn. 11 ff.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 29. September 2008 – 6 A 2261/05 – zu II der Gründe). Dass § 4a im Jahr 2009 in die BMVergV eingefügt wurde, geht auf diese Rechtsprechung zurück. Die besondere Mehrarbeitsvergütung des § 4 Abs. 3 BMVergV unterschreitet demgegenüber den Anspruch auf anteilige Besoldung und anteiliges Entgelt.
IV. Die Verfallfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L wurde durch den sog. Einspruch vom 18. Dezember 2012 und das gewerkschaftliche Schreiben vom 22. Januar 2013 gewahrt. Die Art der Ansprüche und die Tatsache der Mehrarbeit, auf die sie gestützt wurden, waren zu erkennen. Eine Bezifferung war daher nicht erforderlich (vgl. BAG 18. Februar 2016 – 6 AZR 628/14 – Rn. 16; 19. August 2015 – 5 AZR 1000/13 – Rn. 24, BAGE 152, 221). Für denselben Sachverhalt reichte die frühere Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus (§ 37 Abs. 1 Satz 2 TV-L).
C. Das beklagte Land hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Fischermeier, Gallner, Krumbiegel, Wollensak, Döpfert
Fundstellen
Dokument-Index HI10000613 |