Nichtanwendungserlass zu dieser Entscheidung
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Beteiligung: Ansatz der höheren Anschaffungskosten anstelle des niedrigeren Teilwerts bei Einlage in das Betriebsvermögen, Übertragung einer wertlosen Beteiligung zum symbolischen Kaufpreis von 1 DM - Einlage von Wirtschaftsgütern in das Sonderbetriebsvermögen II
Leitsatz (amtlich)
1. § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG enthält eine planwidrige Gesetzeslücke in Fällen, in denen im Privatvermögen gehaltene, wertgeminderte wesentliche Beteiligungen in ein Betriebsvermögen eingelegt werden. Der nach § 17 EStG realisierbare Wertverlust darf nicht durch den Ansatz des niedrigeren Teilwertes endgültig verloren gehen.
2. Die Lücke ist nach der Entstehungsgeschichte der Regelungen in §§ 6 Abs. 1 Nr. 5 b, 17 EStG, ihrem Sinn und Zweck und der Systematik sowie zusätzlich aus Erwägungen der Praktikabilität in der Weise zu schließen, daß anstelle des niedrigeren Teilwertes die höheren ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen sind.
Orientierungssatz
1. Bei der Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist selbst bei fehlender Gegenleistung in der Regel eine Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG anzunehmen (vgl. BFH-Rechtsprechung). Dieselben Voraussetzungen gelten für die Veräußerung einer im Betriebsvermögen befindlichen wesentlichen Beteiligung.
2. Wird ein bisher zum Privatvermögen gehörendes Wirtschaftsgut dadurch, daß es der Beteiligung eines Mitunternehmers dient, Sonderbetriebsvermögen II, so liegt eine Einlage vor.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 5, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, Nr. 5 Buchst. b, § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; FGO § 123 S. 1; KStG § 13 Abs. 6; UmwStG 1977 § 22 Abs. 1 S. 2; UmwStG § 21 Abs. 4 S. 2
Tatbestand
I. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 sind Gesellschafter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einem Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG. Sie waren u.a. seit 1975 auch zu je einem Drittel am Stammkapital der I-GmbH beteiligt. Diese erzielte nur in wenigen Jahren ausgeglichene oder geringfügig positive Ergebnisse. Im übrigen erwirtschaftete sie nur Verluste. Mit notariellen Verträgen vom 30. November 1981 und 14. Dezember 1981 veräußerte die I-GmbH ihr gesamtes Anlagevermögen an die Klägerin. Diese verpachtete das Anlagevermögen an die I-GmbH. Die Beteiligten gingen ab 1. Januar 1982 von einer steuerlichen Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der I-GmbH aus.
Die Klägerin setzte die Beteiligungen zunächst ab 1982 als notwendiges Sonderbetriebsvermögen mit einem Wert von 1 DM je Beteiligung an. Der gemeine Wert der Anteile zum 31. Dezember 1982 wurde mit 0 DM festgestellt. Die Beigeladenen veräußerten mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1983 die Geschäftsanteile an die Klägerin zum Kaufpreis von je 1 DM. In berichtigten "Ergänzungsbilanzen" setzte die Klägerin die Anteile der Beigeladenen ab 1982 statt mit den Erinnerungswerten mit den tatsächlichen Anschaffungskosten von je 75 001 DM an. Daraus ergaben sich im Streitjahr 1983 Veräußerungsverluste von je 75 000 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Veräußerungsverluste nicht an. Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1986).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Anteile seien nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) grundsätzlich mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten. Unstreitig habe der Teilwert 1 DM je Anteil betragen. Nach dem Zweck dieser Regelung sollten Wertsteigerungen der eingelegten Wirtschaftsgüter unberücksichtigt bleiben, die nicht während deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen eingetreten seien. Dies müsse umgekehrt ebenso für Wertverluste gelten. Insoweit bestehe auch keine Gesetzeslücke. Dem wesentlich Beteiligten sei es unbenommen, die Anteile nicht einzulegen, sondern zu veräußern mit der Folge, daß nach § 17 EStG ausgleichsfähige Veräußerungsverluste entstünden. Die im Zuge der Betriebsaufspaltung erfolgte Einlage der Anteile in das Sonderbetriebsvermögen könne nicht einer Veräußerung i.S. von § 17 EStG gleichgestellt werden.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 b, § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und
1. den Gewinn in Abänderung des einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheids für 1983 vom 29. August 1985 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1986 für 1983 unter entsprechender Auflösung der Gewerbesteuerrückstellung um insgesamt 225 000 DM niedriger festzustellen,
2. hilfsweise, den Betrag von 225 000 DM unter entsprechender Auflösung der Gewerbesteuerrückstellung im Streitjahr 1982 gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich in der Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) bezüglich der Feststellung eines Veräußerungsverlustes und in Abänderung des Gewinnfeststellungsbescheides für 1983 zur Berücksichtigung von Sonderbetriebsverlusten für die Beigeladenen zu 1 bis 3 in dem von der Klägerin begehrten Umfang.
Entgegen der Rechtsauffassung des FG haben die Beigeladenen zu 1 bis 3 im Streitjahr 1983 im Zuge der Veräußerung ihrer wesentlichen Beteiligungen an die Klägerin Sonderbetriebsverluste von jeweils 75 000 DM erlitten, die abzüglich der entsprechend aufzulösenden Gewerbesteuerrückstellung im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1983 festzustellen sind.
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 5 b EStG sind Einlagen für den Zeitpunkt ihrer Zuführung mit dem Teilwert, höchstens mit den --geringeren-- Anschaffungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft und der Steuerpflichtige an der Gesellschaft i.S. von § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Beigeladenen waren in den Streitjahren i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG an der I-GmbH wesentlich beteiligt. Sie haben die Beteiligung auch eingelegt. Wird ein bisher zum Privatvermögen gehörendes Wirtschaftsgut dadurch, daß es der Beteiligung eines Mitunternehmers dient, Sonderbetriebsvermögen II, so liegt eine Einlage vor (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Rz. 682; Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 20. Dezember 1977
--Mitunternehmer-Erlaß--, BStBl I 1978, 8, Tz.50).
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Geschäftsanteile an der I-GmbH erst im Zuge der Verpachtung des gesamten Anlagevermögens durch die Klägerin an die I-GmbH in das notwendige Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen gelangt sind. Dies nehmen auch die Beteiligten übereinstimmend an. Dem steht nicht entgegen, daß die Beigeladenen mit ihren wesentlichen Beteiligungen möglicherweise bis zu diesem Zeitpunkt bereits Verluste erlitten hatten. Verluste in der Privatsphäre sind bei wesentlichen Beteiligungen einkommensteuerrechtlich zu beachten. Es besteht deshalb ohne besondere Anhaltspunkte kein Grund zu der Annahme, daß die Einlage lediglich dem Zweck dienen sollte, die Verluste in das Betriebsvermögen zu verlagern.
2. Die GmbH-Anteile waren abweichend vom Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG mit ihren ursprünglichen Anschaffungskosten einzulegen.
a) Nach dem Wortlaut der Vorschrift wären die Anteile allerdings mit ihrem Teilwert anzusetzen. Denn die ursprünglichen Anschaffungskosten liegen über ihrem Teilwert im Zeitpunkt ihrer Zuführung zum (Sonder-)Betriebsvermögen der Beigeladenen. Der Senat teilt jedoch nicht die Rechtsauffassung des FG, daß die Vorschrift ausschließlich vom Wortlaut her zu interpretieren und einer Lückenfüllung nicht zugänglich sei. Eine Gesetzeslücke liegt vor, wenn der bloße Wortlaut des Gesetzes, gemessen an dessen eigener Absicht und der ihm innewohnenden Teleologie unvollständig und damit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung auch nicht einer vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. September 1994 I R 136/93, BStBl II 1995, 382, 385 m.w.N.; vom 15. November 1994 VIII R 74/93, BStBl II 1995, 315, 317 m.w.N.; vom 15. Februar 1990 IV R 13/89, BFHE 160, 229, BStBl II 1990, 621, 622 m.w.N.). § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG enthält insoweit eine planwidrige und deshalb ausfüllungsbedürftige Lücke, als die Vorschrift nicht regelt, ob und ggf. wann der Wertverlust einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung im Falle ihrer Einlage in ein Betriebsvermögen steuerrechtlich zu berücksichtigen ist. Das ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 b und § 17 EStG getroffenen Regelungen:
Durch das EStG 1934 wurde in § 17 ein Abs. 5 eingeführt, wonach --in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 1957 IV 544/56 U, BFHE 64, 190, BStBl III 1957, 74)-- der Ausgleich eines Verlustes aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung mit anderen positiven Einkünften ausgeschlossen wurde. Durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) vom 18. Juli 1958 (BGBl I, 473) wurde § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG in Buchst. b um die Bestimmung ergänzt, daß eine wesentliche Beteiligung bei ihrer Einlage in ein Betriebsvermögen höchstens mit den Anschaffungskosten bewertet werden darf; die Regelung sollte verhindern, daß das Verbot des Verlustausgleichs durch die Einlage der Beteiligung in ein Betriebsvermögen und ihre anschließende Veräußerung umgangen wird (BRDrucks 41/58, Begründung S.53). Damit war sichergestellt, daß eine im Privatvermögen eingetretene Wertminderung im betrieblichen Bereich unberücksichtigt blieb.
Das StÄndG 1965 (vom 14. Mai 1965, BGBl I, 377, BStBl I 1965, 217) führte jedoch zu einer Änderung der Rechtslage. Der Gesetzgeber beseitigte das Verbot des Verlustausgleichs durch Streichung des Abs. 5 in § 17 EStG (vgl. BTDrucks IV/3189, S.4). Seither läßt die Rechtsprechung den Ausgleich eines Veräußerungsverlustes mit anderen positiven Einkünften uneingeschränkt zu (vgl. etwa BFH-Urteile vom 10. Oktober 1978 VIII R 126/75, BFHE 126, 206, BStBl II 1979, 77, 78; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25, 26). Demgegenüber blieb § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG unverändert. § 6 EStG, der von dem Grundsatz ausgeht, daß Wertverluste im Privatvermögen steuerrechtlich unbeachtlich sind, und § 17 EStG, der diesen Grundsatz bei wesentlicher Beteiligung durchbricht, sind seither nicht mehr aufeinander abgestimmt.
Der Senat geht davon aus, daß der Gesetzgeber eine Anpassung der beiden Vorschriften vorgenommen hätte, wenn ihm die entstandene Lücke bewußt gewesen wäre. Er schließt dies nicht nur daraus, daß die Streichung des Abs. 5 in § 17 EStG aus systematischen Gründen eine solche Anpassung erforderlich gemacht hätte und daraus, daß eine Nichtberücksichtigung von --nunmehr einkommensteuerrechtlich beachtlichen-- Wertverlusten im Privatvermögen bei der Einlage einer wesentlichen Beteiligung in ein Betriebsvermögen einer besonderen Begründung bedurft hätte, sondern vor allem auch daraus, daß die Streichung des Verlustausgleichsverbotes u.a. damit begründet wurde, daß § 17 EStG die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft gleichstellen wolle (zu BTDrucks IV/3189, S.7 und IV/2400, S.69, Urteile des erkennenden Senats vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648, 649 mit umfassenden Nachweisen; vom 10. November 1992 VIII R 40/89, BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, 223 m.w.N.). Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an einer Personengesellschaft sind aber unbeschränkt ausgleichsfähig. Bei wortgetreuer Anwendung der §§ 6 Abs. 1 Nr. 5 b und 17 EStG ist dieses Ergebnis nicht gesichert.
b) Überwiegend wird eine derartige Lücke im Schrifttum zwar anerkannt (vgl. Nachweise bei Werndl in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 6 F 46, 47). Zu ihrer Ausfüllung werden indessen unterschiedliche Lösungen, vielfach ohne nähere Begründung, angeboten.
aa) Der Gesetzeswortlaut sei bindend. Der Steuerpflichtige könne freilich Wertverluste durch eine "Zwischenveräußerung" zunächst realisieren (vgl. Werndl, a.a.O., F 47 m.w.N.; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Rz. 1220, 1229 m.w.N.; Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 6 Rz. 92 F; Barske, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 3, S.4857, 4866; Grass, Finanz-Rundschau --FR-- 1967, 381; Biergans, Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., S.606).
bb) Die Einlage einer wertgeminderten wesentlichen Beteiligung sei --im Wege der extensiven Auslegung des Veräußerungsbegriffs in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG-- einer verlustrealisierenden Veräußerung gleichzustellen (Wismeth, FR 1974, 261; Grieger, Betriebs-Berater --BB-- 1966, 66; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 17 Anm. 19 f., anders in der 14. Aufl., § 17 Rz. 108).
cc) Der Gewinn sei aufgrund einer Gesetzesanalogie (zu § 22 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform --UmwStG 1977--; so Widmann, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1990/91, 387, 431) oder einer Rechtsanalogie unter zusätzlicher Berücksichtigung der in § 13 Abs. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) getroffenen Regelung bereits im Zeitpunkt der Einlage realisiert.
dd) Der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem niedrigeren Teilwert im Zeitpunkt der Einlage sei festzuhalten und bei Ausscheiden der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen aus Gründen sachlicher Billigkeit einkommensteuerlich gewinnmindernd zu berücksichtigen (so die Finanzverwaltung in Abschn. 140 Abs. 6 Satz 11 der Einkommensteuer-Richtlinien
--EStR--).
ee) Diese von der Finanzverwaltung lediglich im Billigkeitswege vorgesehene Lösung sei unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, so daß bei einer späteren Veräußerung der eingelegten wesentlichen Beteiligung § 17 EStG neben § 16 EStG anzuwenden sei (Schmidt, a.a.O., § 6 Rz. 436, § 17 Rz. 108; Krebs in JbFSt 1990/91, 387, 431; dort ebenso --S.432-- Knobbe-Keuk und Gassner). Diese Ansicht vertritt auch das FG Münster in seinem Urteil vom 13. März 1992 13 K 5343/89 E (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1992, 586).
ff) § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG sei im Wege einer teleologischen Extension in der Weise anzuwenden, daß die eingelegten Anteile entgegen dem Wortlaut nicht mit dem niedrigeren Teilwert, sondern mit den höheren ursprünglichen Anschaffungskosten bewertet werden. Der vor der Einlage im Privatvermögen entstandene, jedoch nach § 17 EStG grundsätzlich steuerlich berücksichtigungsfähige Wertverlust könne dann im Betriebsvermögen realisiert werden (vgl. Grieger, BB 1966, 66; Littmann, Information 1967, 145; derselbe, Information 1967, 385, 387; Krebs in JbFSt 1990/91, 387, 431).
c) Der Senat folgt der unter b), ff) wiedergegebenen Meinung.
aa) Die Berufung auf den Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG allein kann bei Berücksichtigung der seit 1965 eingetretenen Änderung der Rechtslage die Bewertung der eingelegten wesentlichen Beteiligungen mit dem Teilwert als Obergrenze nicht mehr tragen. Die Lücke ist unter Berücksichtigung der erweiterten Zielsetzung des § 17 EStG zu füllen. Die Bewertung der Einlage mit --ggf. über dem Teilwert liegenden-- Anschaffungskosten ergibt sich allerdings nicht schon aus einer Ergänzung des § 17 EStG um einen weiteren Realisierungstatbestand "Einlage in ein Betriebsvermögen" zu einem fiktiven Veräußerungspreis. Dafür bieten weder § 17 EStG selbst noch die in § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1977 und in § 13 Abs. 6 KStG getroffenen Sonderregelungen eine hinreichende Rechtsgrundlage.
Es stellt sich demnach nur noch die Frage, ob § 17 EStG auch nach der Einlage der wesentlichen Beteiligung in ein Betriebsvermögen noch neben § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG anwendbar bleibt oder ob § 17 EStG ab dem Zeitpunkt der Einlage der wesentlichen Beteiligung von dieser Vorschrift verdrängt wird. Im erstgenannten Fall wird der im Zeitpunkt der Einlage "eingefrorene Wertverlust" bei einer Veräußerung oder bei Erfüllung eines veräußerungsgleichen Tatbestandes im Privatvermögen, im zweiten Fall innerhalb des Betriebsvermögens realisiert.
bb) Nach Ansicht des Senats trägt eine Realisierung der Verluste innerhalb des Betriebsvermögens den gesetzgeberischen Wertungen am besten Rechnung. Die planwidrige Gesetzeslücke in § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG ist am sachgerechtesten durch eine Erweiterung dieser Vorschrift in der Weise zu schließen, daß abweichend von ihrem Wortlaut bei bereits im Privatvermögen entstandenen Wertminderungen der wesentlichen Beteiligung anstelle des Teilwerts die ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen sind.
Der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG vorgeschriebene Ansatz mit den Anschaffungskosten bewirkt bei einem über den Anschaffungskosten liegenden Teilwert, daß bisher im Privatvermögen angesammelte stille Reserven nunmehr im Betriebsvermögen erfaßt werden. § 17 EStG ist nicht mehr anzuwenden; es gilt z.B. weder die eine Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns ausschließende Bagatellgrenze von 1 v.H. (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG), noch kann der Steuerpflichtige den Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG und den ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG geltend machen. Diese Regelung enthält auch einen hinreichenden Anhaltspunkt für die Bewertung einer Einlage, wenn der Teilwert unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt. Es spricht --außer dem für die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG nicht mehr uneingeschränkt maßgeblichen Wortlaut (s. oben zu 2. a)-- nichts dagegen, die im Privatvermögen eingetretenen Wertverluste entsprechend den im Privatvermögen eingetretenen Wertsteigerungen zu behandeln und die Verluste damit ausschließlich im Betriebsvermögen zu erfassen. Damit wird in beiden Fällen § 17 EStG von der Gewinnermittlung nach §§ 4, 5, 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG verdrängt.
Für diese Lösung sprechen aber nicht nur die Entstehungsgeschichte der einschlägigen Vorschriften sowie deren Sinn und Zweck und die Systematik des EStG, sondern vor allem auch praktische Gründe. Insbesondere würde die bei einem "Einfrieren" des im Privatvermögen entstandenen Wertverlustes gebotene parallele Anwendung des § 17 EStG neben den für die Ermittlung des laufenden Gewinns des Unternehmens geltenden Grundsätzen zu erheblichen Komplikationen durch zusätzliche Mitteilungs-, Ermittlungs- und Kontrollpflichten führen. Das gilt vor allem für die Einlage von wesentlichen Beteiligungen in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft. Der Gewinn der Gesellschaft und der Sonderbetriebsgewinn der Gesellschafter sind gesondert und einheitlich festzustellen; der später realisierte Veräußerungsverlust aus einer wesentlichen Beteiligung könnte nicht lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen in die Gewinnfeststellung miteinbezogen werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1993 X R 49/92, BFHE 172, 315, BStBl II 1994, 86, 87; ebenso X R 63/92 und X R 133/92, BFH/NV 1994, 683).
3. Aufgrund der vorstehenden Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG sind dem Veräußerungspreis von jeweils 1 DM Anschaffungskosten von je 75 001 DM gegenüberzustellen. Der Buchwert der Anteile wurde nicht durch eine zwischenzeitliche Teilwertabschreibung berührt. Ausgehend von den Feststellungen des FG waren die Sonderbilanzen der Beigeladenen auf den 31. Dezember 1982 nicht unrichtig.
a) Die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen zu 1 bis 3 in das Gesamthandsvermögen der Klägerin unter Bedingungen, wie sie auch unter Fremden üblich sind, stellt einen gewinnrealisierenden Vorgang dar. Dieser ist nach der äußeren Form und seinem wirtschaftlichen Gehalt wie eine im Geschäftsverkehr zwischen Fremden übliche entgeltliche Veräußerung zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1977 IV R 54/72, BFHE 121, 470, BStBl II 1977, 415, 418, und lfd. Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 unter C. III. 6. a, cc der Gründe m.w.N.).
b) Die Übertragung ist eine Veräußerung. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß lediglich ein Entgelt von jeweils 1 DM vereinbart worden ist. In ständiger Rechtsprechung hat der erkennende Senat selbst bei einer fehlenden Gegenleistung bei Übertragung wertloser Anteile in der Regel eine Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG angenommen (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 18. August 1992 VIII R 90/89, BFH/NV 1993, 158, 159; vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BFHE 164, 50, BStBl II 1991, 630, 631; vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34; Beschluß vom 30. November 1994 VIII B 28/94, BFH/NV 1995, 386). Dieselben Voraussetzungen gelten für die Veräußerung einer im Betriebsvermögen befindlichen wesentlichen Beteiligung. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG waren die Geschäftsanteile wertlos.
4. Die Vorentscheidung war aufzuheben, soweit sie die Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten von jeweils 75 000 DM bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 abgelehnt hat. Im übrigen bleibt das Urteil bestehen. Die Klägerin hatte im Klageverfahren ohne Erfolg zusätzlich Zinsaufwendungen für den Beigeladenen zu 1 als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht, und zwar für 1983 in Höhe von 54 598 DM und für 1982 in Höhe von 27 591 DM. Insoweit handelt es sich indessen um eine eigenständige Feststellung, die als selbständiger Streitgegenstand auch eines eigenen rechtlichen Schicksals fähig ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, 545 m.w.N.). Der Senat hat über die Rechtmäßigkeit des Gewinnfeststellungsbescheides für 1983 nur noch hinsichtlich der Sonderbetriebsverluste zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).
Der Ansatz der Sonderbetriebsverluste bei den Beigeladenen zu 1 bis 3 führt zu einer Verminderung der Gewerbesteuerrückstellung für die Klägerin. Der Ermittlung des Gewerbeertrages ist die Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft, also einschließlich der Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Mitunternehmer, zugrunde zu legen. Die geänderte Feststellung des Gesamtgewinns für 1983 für die Klägerin unter Berücksichtigung zusätzlicher Sonderbetriebsverluste der Beigeladenen zu 1 bis 3 von jeweils 75 000 DM unter entsprechender Auflösung der für das Streitjahr gebildeten Gewerbesteuerrückstellung wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem beklagten FA übertragen (vgl. u.a. Urteil des erkennenden Senats vom 31. Oktober 1989 VIII R 374/83, BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677, 679).
Fundstellen
Haufe-Index 65477 |
BFH/NV 1996, 10 |
BFHE 178, 418 |
BFHE 1996, 418 |
BB 1995, 2574 |
BB 1995, 2574-2576 (LT) |
BB 1996, 50 |
DB 1995, 2570-2572 (LT) |
DStR 1995, 1954-1956 (KT) |
HFR 1996, 119-121 (L) |
StE 1995, 788 (K) |
StRK, R.15 (LT) |
FR 1996, 24-26 (KT) |
Information StW 1996, 155 (KT) |
NJW 1996, 1982 |
NJW 1996, 1982-1984 (LT) |
GStB 1996, Nr 3, 5-7 (L) |
KFR, 1/96, S 59-60 (H 3/1996) (LT) |
GmbH-Rdsch 1996, 137-140 (LT) |
WiB 1996, 123 (L) |
GmbHR 1996, 137 |