Manuel Klingenberg, Nadja Simone Roß-Kirsch
In arbeitsrechtlicher Hinsicht ergeben sich für den Einsatz von EU-Bürgern in Großbritannien zumindest in naher Zukunft nur wenige Änderungen zur Rechtslage vor Austritt: Gravierender dürften hier insbesondere die Änderungen im Aufenthaltsrecht sein.
2.3.1 Vertragsgestaltung
Bei der Vertragsgestaltung kommt es darauf an, ob zur Regelung des Mitarbeitereinsatzes im VK ein befristeter Entsendevertrag oder ein befristeter lokaler Vertrag mit Ruhensvereinbarung oder auch Stammhausbindungsvertrag abgeschlossen wurde. In beiden Fällen sind jedoch wirksame und transparente Klauseln erforderlich, die ggf. einen Rückruf bzw. eine vorzeitige Beendigung erlauben, sofern beispielsweise aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die veränderten Umstände eine Reduktion des unternehmerischen Engagements in Großbritannien oder Nordirland zur Folge haben. Die Kriterien der Rechtsprechung an die Wirksamkeit von Rückrufklauseln sind hoch und es wird regelmäßig auch eine angemessene Ankündigungsfrist von ein bis drei Monaten gefordert. Bei einem befristeten lokalen Vertrag kombiniert mit einer Ruhensvereinbarung oder einem Stammhausbindungsvertrag sollten entsprechende Kündigungsrechte der jeweiligen Vereinbarungen vorgesehen werden, die ein vorzeitiges Aufleben des deutschen Anstellungsvertrages zulassen. Ohne wirksame Rückrufklausel oder vorzeitige Kündigungsmöglichkeit sollte eine möglichst einvernehmliche Regelung mit dem Mitarbeiter angestrebt werden.
Darüber hinaus werden auch in Zukunft im Fall von Entsendeverträgen die Mindestarbeitsbedingungen im VK einzuhalten sein (z. B. hinsichtlich Mindestlohns, Höchstarbeitszeiten, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Schutz von Schwangeren und Wöchnerinnen etc.). Der Mindestlohn (Statutory Minimum Wage) liegt in Großbritannien aktuell für Arbeitnehmer über 25 Jahren bei 8,72 GBP pro Stunde und die zulässige Höchstarbeitszeit bei bis zu 48 Stunden pro Woche. Auf die Einhaltung von Vorschriften zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (Health-&-Safety-Bestimmungen) sollte besonders geachtet werden.
Im Fall von (befristeten) lokalen Verträgen sind auch weiterhin sämtliche Vorgaben des britischen Arbeitsrechts einzuhalten und es sind wie oben ausgeführt eher keine kurzfristigen wesentlichen Gesetzesänderungen infolge des Brexits zu erwarten. Arbeitsverträge nach englischem Recht sind i. d. R. sehr ausführlich gestaltet und es ist auch eine Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen (z. B. verpflichtender Arbeitgeberbeitrag zu privater Altersvorsorge, Zuschüsse zu privater Krankenversicherung, abweichende Besteuerung des Dienstwagens etc.; darüber hinaus können zusätzliche Policies eine Rolle spielen (z. B. Disciplinary & Grievance Procedure, Equal Opportunities Policy), die bei größeren Unternehmen auch im sog. Employee Handbook zusammengefasst werden.
Die Ruhensvereinbarung oder der Stammhausbindungsvertrag mit der Heimatgesellschaft in Deutschland hingegen kann nach deutschem Recht erstellt werden.
2.3.2 EUPW-Meldepflichten
Das VK hatte die aus der EU-Entsenderichtlinie folgenden EU-Posted-Worker-(EUPW-)Meldepflichten bis zum Austritt nicht umgesetzt und wird dies auch danach nicht umsetzen, sodass im UK keine Meldung befristeter Mitarbeitereinsätze wie in Deutschland oder anderen EU-Mitgliedstaaten erforderlich ist.