Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte ist eine Pflichtversicherung im Sinne der §§ 158c ff. VVG, die materiell den Vorgaben des § 51 BRAO entsprechen muss. § 51 Abs. 1 S. 1 BRAO verlangt, dass sich der Versicherungsschutz auf alle Haftpflichtgefahren erstrecken muss, die sich aus der anwaltlichen Tätigkeit ergeben können. Mit Blick auf dieses Ziel gilt in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte das so genannte Verstoßprinzip. Dieses stellt bei dem Umfang der Leistungspflicht anders als das Schadenereignisprinzip in der allgemeinen Haftpflichtversicherung oder der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nicht auf den Eintritt des Schadens, sondern auf den Zeitpunkt des Beratungsfehlers ab.
Voraussetzungen der Eintrittspflicht
Der Vorteil der Verstoßdeckung liegt auf der Hand. Mit ihr werden sämtliche Beratungsfehler aus der beruflichen Tätigkeit erfasst. Für die Eintrittspflicht des Versicherers kommt es allein darauf an, dass es um einen Vermögensschaden geht, der Folge eines Beratungsfehlers ist, der in den versicherten Zeitraum fällt. Es werden demnach auch Haftpflichtansprüche vom Versicherungsschutz erfasst, die nach einem Wechsel des Versicherers oder gar erst nach Rückgabe der Anwaltszulassung geltend gemacht werden.
Der Nachteil der Verstoßdeckung ist allerdings ein enormes Spätschadenrisiko in den Fällen, wo zwischen Beratungsfehler und Schadeneintritt ein langer Zeitraum liegt. Bei dem Abschluss einer zu niedrigen Versicherungssumme können sich hier also gefährliche Deckungslücken ergeben. Bei Risiken auch in die Zukunft schauen
Ein klassisches Beispiel für ein Spätschadenrisiko ist die Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Ehe- oder Erbvertrages. Die Probe auf das Exempel, also die Frage, wie gut oder schlecht der Anwalt formuliert hat, erfolgt hier meist erst mit Eintritt des Scheidungs- oder Todesfalles. Hinzu kommt, dass sich zwischenzeitlich die Vermögenssituation der an den Verträgen Beteiligten komplett anders darstellen lässt. Beides zusammen kann dazu führen, dass auf einmal ein Haftpflichtanspruch über 500.000 EUR im Raum steht. Wichtig: Für den Leistungsumfang des Versicherers kommt es wegen des Verstoßprinzips ausschließlich auf die zum Beratungszeitpunkt vereinbarte Deckungssumme an. Die bittere Konsequenz: Wenn zum Verstoßzeitpunkt nur die gesetzlich vorgeschrieben Mindestdeckungssumme über 250.000 EUR vereinbart war, dann haftet der Rechtsanwalt für die Differenz mit seinem Privatvermögen. Beim Abschluss des Vertrages der Berufshaftpflichtversicherung ist daher nicht nur eine gegenwartsbezogene, sondern auch eine zukunftsorientierte Risikobetrachtung vorzunehmen.
Fallstrick Schadensmaximierung
Ein besonderer Fallstrick liegt für Anwälte in der in den von den Versicherern verwendeten Versicherungsbedingungen. Diese sehen regelmäßig eine sogenannte Schadensmaximierung, sprich Jahreshöchstleistung der Versicherung vor. Diese beinhaltet eine Höchstzahl von Versicherungsfällen pro Versicherungsjahr. Diese Beschränkung ist nach der BRAO grundsätzlich zulässig, allerdings bei Einzelanwälten insoweit begrenzt, als mindestens 4 Versicherungsfällen pro Jahr abgedeckt sein müssen. Für Sozietäten schreibt § 59o Abs.4 BRAO vor, dass die Jahreshöchstleistung nicht geringer sein darf als die Zahl der Gesellschafter und der Fremdgeschäftsführer. Die Untergrenze der Maximierung bei Sozietäten mit weniger als 4 Gesellschaftern beträgt 4 Haftungsfälle pro Versicherungsjahr.
Ausschluss des Versicherungsschutzes bei wissentlicher Pflichtverletzung
Eine weitere zu beachtende Beschränkung des Versicherungsschutzes liegt in dem Ausschluss des Schutzes für Fälle wissentlicher Pflichtverletzung. § 51 Abs. 3 Nr. 1 BRAO lässt diese Beschränkung ausdrücklich zu. Allerdings ist gemäß § 59n Abs. 2 BRAO dieser Haftungsausschluss in haftungsbeschränkten Sozietäten nicht zulässig.