Bohrlöcher in Fließen - Vertragsgemäße Nutzung?

Das Amtsgericht Paderborn hat Stellung dazu bezogen, ob Mieter Fliesen anbohren dürfen. Was diese Entscheidung bedeutet und wann das Bohren von Löchern eine vertragsgemäße Nutzung darstellt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Mieter klagt auf Rückzahlung der Mietkaution und einer Überzahlung

Nachdem ein Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung an den Vermieter zurückgegeben hatte, forderte er ihn zur Rückzahlung  der Mietkaution von 800 EUR sowie eines überzahlten Betrags von 350 EUR auf.

Vermieter verlangte Schadensersatz wegen Beschädigung von 6 Fliesen

Doch der Vermieter weigerte sich. Er berief sich darauf, dass der Mieter mehrere Schäden am Mietobjekt verursacht habe. Unter anderem warf er seinem Mieter vor, dass er in der Küche seiner Mietwohnung vier Fliesen und im Badezimmer zwei Fliesen durchbohrt hatte. Dadurch sei dem Vermieter ein Schaden von 150 EUR entstanden. Der Mieter war damit nicht einverstanden und klagte auf Rückzahlung.

Verstoß gegen Mietvertrag

Das Amtsgericht Paderborn entschied nun, dass der Vermieter hinsichtlich der beschädigten Fliesen keine Rückzahlung leisten muss. Das Gericht begründete das damit, dass der Vermieter deshalb gegen den Mieter einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB hat, mit dem er aufrechnen darf (Urteil v. 08.04.2024, 51 C 135/23)Das ergebe sich zunächst daraus, dass er dadurch gegen eine individuelle Vereinbarung im Mietvertrag verstoßen hatte, die dies ausdrücklich untersagte.

Durchbohren der Fliesen war vertragswidrig

Ungeachtet dessen sei das Durchbohren der Fliesen nur dann eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache, wenn der Mieter das Bohrloch nicht in der Fuge platzieren kann. Denn hierdurch werde die Substanz der Mietwohnung viel weniger beeinträchtigt. Laut AG Paderborn sei davon auszugehen, dass eine Platzierung in der Fuge möglich gewesen sei. Zum einen habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ein Durchbohren der Fliese wirklich erforderlich gewesen sei. Zum anderen habe der Mieter dies auch nicht dargelegt.

Anbohren von Fliesen: Vertragsgemäße Nutzung fragwürdig

Diese Entscheidung wirft die Frage auf, inwieweit das Bohren von Löchern in die Wände der Mietwohnung eine vertragsgemäße Nutzung im Sinne von § 538 BGB darstellt.

Dies ist vor allem fraglich, wenn – wie im Fall des AG Paderborn - der Mieter beim Bohren von Löchern Fliesen durchbohrt.

  • Hierzu hat das LG Berlin ebenfalls entschieden, dass der Mieter normalerweise die Löcher in der Fuge der Fliese und nicht auf die Fliese selbst setzen darf. Etwas anderes gilt, wenn dies nicht möglich ist. Das ergebe sich daraus, dass der Mieter gegenüber dem Vermieter zur Rücksichtnahme verpflichtet ist (Urteil v. 10.01.2002, 61 S 124/01).
  • Das AG Rheinbach hat das Anbohren von 14 Fliesen in der Küche als vertragsgemäß angesehen, weil dies vorliegend zum Anbringen einer Arbeitsplatte erforderlich gewesen sei (Urteil v. 07.04.2005, 3 C 199/04).
  • Demgegenüber ist das AG Köpenick bei einem Mieter von einer vertragswidrigen Nutzung ausgegangen, der in der Küche acht Wandfliesen mit Bohrlöchern versehen hatte. Darüber hinaus waren zwei Wandfliesen sowie drei Bodenfliesen gerissen (Urteil v. 05.10.2012, 4 C 64/12).

Bohren von Dübellöchern vertragsgemäß?

Einen großzügigeren Maßstab legen Gerichte an, wenn Löcher für Dübel außerhalb von Fliesen gebohrt werden. Hier gehen Gerichte normalerweise nur bei übermäßig vielen Bohrlöchern von einer vertragswidrigen Nutzung aus.

  • Beispielsweise ging das AG Schöneberg bei einem Mieter von einer vertragswidrigen Nutzung aus, der 59 Löcher für Dübel in seinem Badezimmer gebohrt hatte. Laut Gericht war nicht ersichtlich, wofür diese gebraucht wurden (Urteil v. 12.3.2014, 6 C 480/13).
  • Das AG Mönchengladbach-Rheydt sah das Montieren von 50 bis 60 Bohrlöchern im Arbeitszimmer des Mieters als vertragswidrig an (Urteil v. 02.08.2012, 11 C 329/11). Laut AG Mönchengladbach hätte der Mieter dies erläutern müssen, was er jedoch nicht getan hat. Normalerweise sei dies unzulässig.
  • Demgegenüber sah das LG Hamburg 32 Dübellöcher in einem Bad noch als vertragsgemäße Nutzung an (Urteil v. 17.05.2001, 307 S 50/01) Die Richter begründeten das damit, dass der Vermieter das Badezimmer unzureichend ausgestattet hatte. Halter für Spiegel, Spiegelkonsole und Spiegellampen, Handtücher, Zahnputzgläser, Seifenschale, Klopapierrolle, Klobürste, Duschstange sowie einen Haltegriff an der Badewanne. Auf diese Dinge sei der Mieter angewiesen.

Praxishinweis

Mieter sollten daher vor allem mit dem Bohren in Fliesen vorsichtig sein und hierfür die Zustimmung des Vermieters einholen. Das Gleiche gilt, wenn es sich um eine übermäßige Anzahl von Bohrlöchern handelt, die der Mieter plausibel erläutern muss. Wann die Anzahl bedenklich wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


(AG Paderborn, Urteil v. 08.04.2024, 51 C 135/23)


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Schlagworte zum Thema:  Recht, Mietrecht