Kauf einer „Wohnung“ beinhaltet keine Garantie baurechtlicher Unbedenklichkeit
Das OLG Frankfurt hatte sich in einer grundlegenden Entscheidung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Käufer beim Kauf einer Wohnung davon ausgehen kann, dass die Wohnung baurechtlich ordnungsgemäß genehmigt wurde. Nach Auffassung des OLG enthält der kaufrechtliche Begriff „Wohnung“ keine Beschaffenheitsgarantie hinsichtlich der baurechtlichen Unbedenklichkeit.
Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag
Im konkreten Fall hatte die Klägerin von dem Beklagten das Sondereigentum an einer Wohnung zum Preis von 330.000 EUR im Frankfurter Nordend gekauft. Der Kaufvertrag enthielt einen Gewährleistungsausschluss sowie die Klausel: „Gekauft wie besichtigt“.
Wohnung wurde ohne Baugenehmigung errichtet
Nach Abschluss des Kaufvertrages und Umschreibung des Wohnungseigentums auf die Käuferin erfuhr diese, dass die Wohnung ohne Baugenehmigung errichtet worden war. Hierauf forderte sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages, also die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums.
Welchen Inhalt hat der Begriff „Wohnungseigentum“?
Der hierauf gerichteten Klage der Käuferin blieb der Erfolg über zwei Instanzen versagt. Das OLG befasste sich in seiner Entscheidung ausführlich mit der Frage, ob der im Kaufvertrag verwendete Begriff des Wohnungseigentums als solcher die Aussage umfasst, dass der Kaufgegenstand sowohl tatsächlich als auch rechtlich als Wohnung genutzt werden könne.
Rechtliche Garantien können Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein
Das Gericht beantwortete die Frage zumindest in rechtlicher Hinsicht mit einem klaren Nein. Zu prüfen sei, ob der Begriff der Wohnung eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend enthalte, dass die erforderlichen baurechtlichen Genehmigungen ordnungsgemäß erteilt wurden. Gemäß dem vom BGH verwendeten weiten Beschaffenheitsbegriff könne eine Beschaffenheitsvereinbarung auch rechtliche Garantien umfassen.
Wille des Verkäufers zu einer Beschaffenheitsgarantie muss eindeutig sein
Diese weitgefasste Begrifflichkeit möglicher Beschaffenheitsvereinbarungen begrenze der BGH aber wiederum dadurch, dass er die im konkreten Vertrag verwendeten Klauseln anhand der getroffenen Wortwahl eng auslege (BGH, Urteil v. 20.3.2019, VIII 213/19). Danach könne die baurechtliche Unbedenklichkeit zwar grundsätzlich Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein (weite Auslegung), jedoch müsse der Wille des Verkäufers zu einer solchen Rechtsgarantie unzweideutig aus dem im konkreten Vertragstext gewählten Wortlaut hervorgehen (enge Auslegung).
Wohnungsbegriff bezieht sich nicht auf baurechtliche Situation
Der kaufrechtliche Begriff der Wohnung als solcher enthält nach Auffassung des Gerichts keinerlei Aussage über die genehmigungsrechtliche Situation der Wohnung. Der kaufrechtliche Begriff beziehe sich lediglich auf die verkaufte Räumlichkeit und diene der Konkretisierung und Definition des Kaufgegenstandes sowie seiner gegenwärtigen oder vergangenen tatsächlichen Verwendung zu Wohnzwecken.
Rechtliche Beschaffenheit ist Gegenstand des Gewährleistungsrechts
Die Frage der baurechtlichen Unbedenklichkeit der gekauften Räumlichkeit ist nach der Entscheidung des OLG Gegenstand des Gewährleistungsrechts. Insoweit sei der Käufer einer Wohnung darauf verwiesen, seine tatsächlichen oder vermeintlichen Rechte wegen aufgetretener Sach- und Rechtsmängel im Rahmen des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts geltend zu machen.
Gewährleistungsausschluss war wirksam vereinbart
Das Gewährleistungsrecht half der Klägerin im konkreten Fall allerdings nicht weiter. Da sie im Kaufvertrag ausdrücklich auf sämtliche Gewährleistungsrechte hinsichtlich der gekauften Wohnung verzichtet hatte, griff insoweit der vereinbarte Haftungsausschluss. Die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten war nach der Bewertung des OLG vertraglich wirksam ausgeschlossen.
Fehlende Baugenehmigung nicht arglistig verschwiegen
Entgegen der Auffassung der Klägerin war der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Gewährleistungsrechte nach der Entscheidung des Gerichts auch nicht wegen arglistigen Verhaltens des Beklagten unwirksam. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Beklagte Kenntnis von der fehlenden Baugenehmigung gehabt habe oder diese hätte kennen müssen. Der Beklagte habe 14 Jahre selbst in der Wohnung gewohnt und nach seiner eigenen Aussage von einer fehlenden Baugenehmigung nichts gewusst. Es seien auch keine Umstände dafür ersichtlich, dass das Fehlen der Baugenehmigung sich dem Beklagten aus irgendeinem Grunde hätte aufdrängen müssen.
Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags erfolglos
Im Ergebnis war die Klage auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags ohne Erfolg. Die Klägerin hat rechtswirksam eine Wohnung erworben, die ohne Baugenehmigung errichtet wurde.
(OLG Frankfurt, Beschlüsse v. 31.10.2023 und v. 10.10.2023, 6 U 210/22)
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