Beteiligte
Kläger und Revisionsbeklagter |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit.
Der 1936 geborene Kläger war seit dem 25. Oktober 1978 aushilfsweise als Lagerist beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 23. Dezember 1978 befristet.
Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis am 13. Dezember 1978 zum 16. Dezember 1978, meldete sich am 18. Dezember 1978 arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Das dem Kläger ausgehändigte Antragsformular ging ausgefüllt am 28. Dezember 1978 beim Arbeitsamt wieder ein. Beigefügt waren ihm u.a. eine "Erklärung zu den Kündigungsgründen". In dieser Erklärung gab der Kläger u.a. an, sein Lohn sei nicht ortsüblich gewesen. Die Stammbelegschaft des Arbeitgebers habe bei gleicher Arbeit einen höheren Stundenlohn und dazu Prämien für saubere Lagerführung erhalten. Grund der Kündigung sei zudem gewesen, daß er in der Woche vor Weihnachten eine Reihe berufsbedingter Termine wahrzunehmen gehabt habe, die mit der ganztägigen Tätigkeit nicht unter einen Hut zu bringen gewesen seien. Entgegen einer Abmachung habe er für einen Gerichtstermin keinen unbezahlten Urlaub bekommen, vielmehr sei der Tag als bezahlter Urlaubstag verrechnet worden. Schließlich sei ihm als Diplom-Chemiker die Tätigkeit eines Lageristen, die er sich selbst gesucht habe, nicht zuzumuten.
Mit Bescheid vom 29. Januar 1979 stellte das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. bis 30. Dezember 1978 fest. Der Widerspruch des Klägers war ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 1979).
Das Sozialgericht (SG) hat die genannten Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 17. bis 30. Dezember 1978 (12 Tage) Alg in gesetzlichem Umfange zu gewähren (Urteil vom 27. Januar 1981). Das SG, das der Klage letztlich stattgegeben hat, weil dem Arbeitslosen durch die Sperrzeit keine größere Belastung auferlegt werden dürfe, als sie der Versichertengemeinschaft entstanden sei, hat u.a. ausgeführt, die Entlohnung könne die Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht rechtfertigen, weil der Kläger jedenfalls seit dem 1. Dezember 1978 den Tariflohn nach G 2 des Gehalts- und Lohntarifvertrages für die Arbeitnehmer des Groß- und Außenhandels Hessens vom 1. Februar 1978 erhalten habe. Arbeitsrechtliche Streitfragen über den davor gezahlten Lohn bzw. die Gewährung des einen Urlaubstages stellten keinen wichtigen Grund dar, ebenfalls nicht die "Wahrnehmung berufsbedingter Termine". Dem Kläger habe Urlaub zugestanden, den er hierfür hätte verwenden können und müssen; er hätte gegebenenfalls auch versuchen müssen, unbezahlten Urlaub zu erhalten. Ob der Kläger berechtigt gewesen sei, die Lageristentätigkeit aufzugeben, weil diese einem Diplom-Chemiker nicht zugemutet werden könne, bleibe offen.
Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zur Gewährung von Alg verurteilt worden ist; im übrigen hat das LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 19. März 1984).
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) lägen nicht vor. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis nicht "gelöst". Der Arbeitsplatzverlust zum 23. Dezember 1978 habe von vornherein festgestanden. Der Kläger habe durch die Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur um wenige Tage vorverlegt. Diese Vorverlegung habe keine Eigenbedeutung; es fehle an der Kausalität zwischen dem Verhalten des Arbeitslosen und der Arbeitslosigkeit, weil die Vorverlegung die in Frage stehende Sperrzeit lediglich zur Hälfte ausfülle. Dem Arbeitslosen dürfe durch die Sperrzeit keine größere Belastung auferlegt werden, als sie der Versichertengemeinschaft entstanden sei. Andernfalls wirke sich die Sperrzeit als eine Strafe aus, was mit ihr jedoch nicht bezweckt sei. Es komme somit nicht darauf an, wie im Hinblick auf die Sperrzeit zu beurteilen sei, daß der Kläger seinen Angaben zufolge am 18. Dezember 1978 vom Arbeitsamt nicht dahin beraten worden sei, sich erst ab 24. Dezember 1978 arbeitslos zu melden und Alg zu beantragen, um den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern. Ferner sei nicht erheblich, daß dem Kläger für sein Verhalten ein wichtiger Grund nicht zur Seite gestanden habe, wie das SG im einzelnen zutreffend ausgeführt habe.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG. Der Kläger habe mit der vorzeitigen Beendigung seines befristeten Arbeitsvertrages durch Kündigung das Arbeitsverhältnis gelöst; er habe entgegen der Auffassung des LSG damit auch die Arbeitslosigkeit herbeigeführt; sie sei nämlich infolge der Kündigung eine Woche früher eingetreten. Der Kläger habe keine am 18. Dezember 1978 anzutretende neue Arbeitsstelle in Aussicht gehabt, die Arbeitslosigkeit sei daher von ihm auch gewollt gewesen. Ein Sperrzeittatbestand sei auch dann erfüllt, wenn er zur Verlängerung der Arbeitslosigkeit führe (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 11). Die Sperrzeit solle die Versichertengemeinschaft vor solchen Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte unberechtigt herbeiführe. Auf die Dauer der schuldhaften Risikoerhöhung komme es hierbei nicht an. Strafcharakter habe die Sperrzeit auch dann nicht, wenn sie die Zeit der vom Arbeitslosen verursachten Arbeitslosigkeit überschreite; dies liege im Wesen einer pauschalierenden Regelung, die das Versicherungsrisiko begrenzen solle. Für den Eintritt einer Sperrzeit in Fällen wie dem vorliegenden spreche auch der Umstand, daß die im Entwurf des § 107 AFG vorgesehene Regelung, wonach die Aufgabe eines Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis ein Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Dauer des Zeitraums bewirken sollte, in dem der Anspruch auf Alg andernfalls nicht entstanden wäre, vom Bundestagsausschuß für Arbeit gestrichen worden sei (BT-Drucks V/4110 S. 52, BT-Drucks zu V/4110 S. 20). Hieraus sei zu schließen, daß der Ausschuß diesen Sachverhalt, soweit das Arbeitsverhältnis als solches aufgegeben worden sei, der Sperrzeitregelung zugeordnet habe, bei der der wichtige Grund das Korrektiv darstelle. Daß dem Kläger ein solcher wichtiger Grund für sein Verhalten nicht zur Seite gestanden habe, habe das LSG zutreffend bemerkt. Die Unterwertigkeit der aufgegebenen Beschäftigung rechtfertige die vorzeitige Aufgabe nicht (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 21).
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, das Urteil des Sozialgerichts vollends aufzuheben und die Klage gänzlich abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er verweist auf die Entscheidung des LSG und trägt ergänzend vor, er sei nicht leichtfertig ohne sachlichen Grund wenige Tage früher aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Er habe seinerzeit beabsichtigt, persönlich einige Vorstellungstermine bei Arbeitgebern wahrzunehmen, um wieder in einer seiner Ausbildung und seiner früheren beruflichen Tätigkeit entsprechenden Stellung Fuß zu fassen. Er halte auch daran fest, daß seine Lageristentätigkeit unterwertig gewesen sei. Die Richtigkeit des Urteils des LSG ergebe sich aus dem verfassungsmäßig verankerten Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das sowohl für die Verwaltung als auch für die Gesetzgebung gelte. Insbesondere sei das Übermaßverbot zu beachten, das ein vernünftiges Verhältnis zwischen Anlaß, Zweck und Ausmaß einer Regelung erfordere. Die in Frage stehende Sperrzeit von zwei Wochen sei angesichts der Vorverlegung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses um eine Woche unverhältnismässig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Rechtsstreit nur noch insoweit, als die Revision reicht. Mit ihrer Revision wendet sich die Beklagte gegen die vom LSG bestätigte Aufhebung des Bescheides vom 29. Januar 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 1979 durch das SG. Soweit das LSG die Klage des Klägers als unzulässig abgewiesen hat, hat der Kläger weder innerhalb der Revisionsfrist (§ 164 Abs. 1 SGG) eine selbständige Revision erhoben noch sich bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung (§ 202 SGG, § 556 Abs. 1 Zivilprozeßordnung) der Revision der Beklagten angeschlossen. Das Urteil des LSG ist damit insoweit rechtskräftig geworden (§ 141 Abs. 1 SGG). Der Senat hat somit nicht darüber zu befinden, ob es für eine mit der Anfechtung eines Sperrzeitbescheides verbundene Leistungsklage am Rechtsschutzbedürfnis auch dann fehlt, wenn dem Sperrzeitbescheid eine die Sperrzeit umfassende Leistungsbewilligung nicht vorausgegangen ist, wie das hier der Fall gewesen sein dürfte.
Das LSG hat den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. bis 30. Dezember 1978 schon deshalb verneint, weil der Kläger durch die Kündigung seines befristeten Arbeitsverhältnisses dessen Beendigung nur um wenige Tage vorverlegt habe und diese Vorverlegung um eine Woche die in Frage stehende Sperrzeit von zwei Wochen lediglich zur Hälfte ausfülle. Das beanstandet die Revision zu Recht.
Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582), hier anwendbar in der zuletzt durch das 21. Rentenanpassungsgesetz vom 25. Juli 1978 (BGBl I 1089) geänderten Fassung, tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose sein Arbeitsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Diese Vorschrift knüpft die Sperrzeitfolge ersichtlich an die Frage, ob der Arbeitslose die wesentliche Ursache für den Eintritt seiner Arbeitslosigkeit gesetzt hat oder nicht. Dabei kommt es auf die Verursachung des Eintritts der Arbeitslosigkeit an, für die eine Leistung wegen Arbeitslosigkeit geltend gemacht wird (Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 119 Rz. 7, August 1972; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 119 Anm. 6, Oktober 1984; Eckert in: Eckert u.a., Gemeinschaftskommentar zum AFG -GK-AFG-, § 119 Rz. 25 f, April 1983). Ob der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst hat und ob hierdurch der Eintritt der Arbeitslosigkeit bewirkt worden ist, ist daher grundsätzlich nach dem tatsächlichen Geschehensablauf zu beurteilen; es kommt mithin auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Eintritts der Arbeitslosigkeit an, für die ein Anspruch geltend gemacht wird (Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 119 Anm. 2, Oktober 1984; vgl. ferner die nicht veröffentlichten Urteile des Senats vom 25. August 1981 - 7 Rar 53/80 - und vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 -). Der Kläger begehrt nach wie vor für die am 17. Dezember 1978 eingetretene Arbeitslosigkeit Alg. Er hat bisher seinen Antrag nicht auf Leistungen ab 24. Dezember 1978 beschränkt. Die am 17. Dezember 1978 eingetretene Arbeitslosigkeit ist auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen. Er hat durch seine Kündigung das Arbeitsverhältnis gelöst. Dieses Arbeitsverhältnis war zwar von vornherein bis zum 23. Dezember 1978 befristet; es endete aufgrund der Kündigung jedoch schon mit dem 16. Dezember 1978.
Daß der Kläger auch dann, wenn er sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt hätte, wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses eine Woche später arbeitslos geworden wäre, rechtfertigt nach dem Zweck der Sperrzeit keine andere Betrachtungsweise. Wenn der Arbeitnehmer das befristete Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet und für die Zeit vor Ablauf der Befristung Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch nimmt, führt er die Leistungsvoraussetzungen selbst herbei. Solchen Manipulationen aber will der Gesetzgeber gerade mit der Sperrzeitregelung entgegenwirken. Die bloße Tatsache, daß ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitslosigkeit eingetreten wäre, beseitigt diesen Tatbestand nicht. Der Senat hat daher schon bisher dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, daß der Arbeitnehmer, hätte er das Arbeitsverhältnis nicht gelöst, zu einem späteren Zeitpunkt wegen Befristung (oder einer erst später wirksam werdenden Kündigung des Arbeitgebers) ebenfalls arbeitslos geworden wäre, wenn diese Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf der Sperrzeit eingetreten wäre (so die genannten Urteile vom 25. August 1981 und vom 12. April 1984). Das ist, soweit ersichtlich, auch in Rechtsprechung und Schrifttum nicht streitig. Streitig ist im Schrifttum dagegen, ob dies auch dann gilt, wenn der Beginn der sowieso eintretenden Arbeitslosigkeit in den Ablauf der Sperrzeit fällt, der Arbeitnehmer also durch sein Verhalten den Eintritt der Arbeitslosigkeit um weniger als die Dauer der Sperrzeit vorverlegt hat, wie das hier der Fall ist. Diese Frage wird von Gagel (AuB 1978, 257, 258) und im Anschluß an Gagel von Eisemann (SF 1980, 73, 76) und Wolff (in Becker u.a., Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz usw., 2. Aufl., Grunds Rz. 692) bejaht, weil dem Arbeitslosen durch die Sperrzeit, die keine Strafe sei, keine größere Belastung auferlegt werden dürfe, als sie der Versichertengemeinschaft entstanden sei. Die gegenteilige Ansicht vertreten Heuer (SGb 1980, 408 f; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 119 Anm. 6, Oktober 1984) und Eckert (GK-AFG, § 119 Rzn. 4 und 24, April 1983). Sie machen geltend, das Gesetz habe den Umfang des Nachteils, den der Arbeitslose bei Erfüllung eines Sperrzeittatbestandes zu tragen habe, abschließend pauschaliert. Der Senat, der auf der Grundlage des AFG bislang hierüber nicht zu entscheiden hatte (zum früheren Recht vgl. BSGE 29, 215 = SozR Nr. 6 zu § 80 AVAVG), schließt sich der letztgenannten Ansicht an.
Das Gesetz macht den Eintritt einer Sperrzeit in § 119 Abs. 1 Nr. 1AFG nicht davon abhängig, daß der Arbeitslose eine Arbeitslosigkeit von bestimmter Mindestdauer herbeigeführt hat; Anlaß für eine Sperrzeit ist allein die schuldhafte Herbeiführung des Eintritts der Arbeitslosigkeit. Mit der Sperrzeit wehrt sich die Versichertengemeinschaft dagegen, daß der Arbeitslose die Arbeitslosigkeit herbeigeführt bzw. die Beendigung der Arbeitslosigkeit verhindert hat, indem die Versichertengemeinschaft in näher bestimmtem Umfange von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit entlastet wird. Die Sperrzeitfolgen sind daher keine Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung, sondern der Vertragsstrafe ähnliche versicherungsrechtliche Ausgleiche standardisierten Umfangs (Sperrzeit mit Regeldauer, Sperrzeit mit halber Regeldauer, Erlöschen des Anspruchs auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit), deren Drohen jede Manipulation des Versicherungsrisikos verhindern und bei einer Manipulation der Versichertengemeinschaft einen pauschalierten Schadensausgleich gewähren soll, ohne daß im Einzelfalle das Verhalten des Arbeitslosen zu einer Verlängerung der Leistungspflicht in dem Umfange geführt haben muß, in dem das Gesetz den Ausgleich statuiert hat. Der geringe Umfang der verursachten Dauer der Arbeitslosigkeit mag im Einzelfalle Gründe, die der Arbeitnehmer für eine vorzeitige Lösung seines Arbeitsverhältnisses ins Feld führen kann, als wichtig erscheinen lassen, die es sonst nicht sind. Im übrigen läßt das Gesetz die Berücksichtigung des Umfangs der Dauer der verursachten Arbeitslosigkeit lediglich bei der Frage zu, ob eine Sperrzeit mit Regeldauer für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde, so daß die Sperrzeit lediglich die halbe Regeldauer umfaßt (§ 119 Abs. 2 AFG). Daß im übrigen der Umfang der verursachten Arbeitslosigkeit ohne Bedeutung ist, zeigt insbesondere die schärfste Sperrzeitfolge, das Erlöschen des Anspruchs auf Alg nach § 119 Abs. 3 AFG. Sie tritt nämlich unabhängig von dem Umfang der Restanspruchsdauer und unabhängig von dem Umfang der vom Arbeitslosen verursachten Risikoerhöhung ein, wenn der Arbeitslose erneut Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von vier (seit 1982: acht) Wochen gibt, nachdem schon eine Sperrzeit von vier (acht) Wochen eingetreten und beschieden ist. Das Gesetz hat auch, obwohl es nur Sperrzeiten von in der Regel vier (jetzt acht) und in Härtefällen zwei (jetzt vier) Wochen kennt, keine Regelung getroffen, daß die eingetretene Sperrzeit rückwirkend wegfällt, wenn durch Aufnahme einer Arbeit während der Sperrzeit die durch den Sperrzeittatbestand verursachte Arbeitslosigkeit oder die verursachte Verlängerung der Arbeitslosigkeit die Dauer der Sperrzeit nicht erreicht; ebenso lebt etwa ein gemäß § 119 Abs. 3 AFG erloschenes Stammrecht auf Alg nicht wieder auf, wenn der Arbeitslose alsbald nach dem Erlöschen des Anspruchs eine Arbeit aufnimmt.
Daß demnach eine Sperrzeit eintreten kann, obwohl der Arbeitnehmer eine Arbeitslosigkeit von kürzerer Dauer als die Sperrzeit verursacht hat, verletzt nicht schon das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, das ein vernünftiges Verhältnis zwischen Anlaß, Zweck und Ausmaß einer Regelung erfordert. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil - wie bei der Vertragsstrafe - ein den verursachten Schaden vollends adäquater Ausgleich nicht bezweckt ist. Es darf nicht übersehen werden, daß mit der Beschränkung auf die Sperrzeit mit Regeldauer und mit halber Regeldauer eine Verfahrensvereinfachung erreicht und eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden sollte. Deshalb hat der Gesetzgeber des AFG die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Festsetzung der Sperrzeit für kürzere oder längere Dauer nicht übernommen (vgl. zu BT-Drucks V/4110 S. 21, Begründung zu § 108a Abs. 2). Es ist hier nicht zu entscheiden, ob eine Sperrzeit von vier oder acht Wochen das Übermaßverbot verletzte, wenn der Arbeitslose eine Arbeitslosigkeit von wenigen Tagen verursacht hat; denn hier steht die Anspruchsversagung für zwölf Tage der Verlängerung der Arbeitslosigkeit um sechs Werktage gegenüber. In Fällen wie dem vorliegenden ist das Übermaßverbot im übrigen schon deshalb nicht verletzt, weil der Arbeitslose selbst verhindern kann, auf Alg für mehr als die Zeit verzichten zu müssen, in der die Arbeitslosigkeit auf sein Verhalten zurückzuführen ist; denn wegen fehlender Verursachung des Eintritts der Arbeitslosigkeit, für die ein Anspruch erhoben wird, tritt eine Sperrzeit dann nicht ein, wenn der Arbeitslose einen Anspruch erst für eine Zeit geltend macht, zu der er auch ohne sein Verhalten arbeitslos geworden wäre (Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 119 Rz. 7, August 1972; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 119 Anm. 6 Oktober 1984; Eckert, GK-AFG, § 119 Rz. 4, April 1983). Hierauf ist der Arbeitslose gegebenenfalls hinzuweisen.
Das LSG hat daher zu Unrecht eine Sperrzeit schon deshalb verneint, weil der Kläger lediglich eine Arbeitslosigkeit von einer Woche Dauer verursacht hat. Auch aus anderen Gründen stellt sich die Zurückweisung der Berufung der Beklagten nicht als richtig dar.
Die weiteren Voraussetzungen einer Sperrzeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG sind gegeben, was auch das LSG nicht in Frage gestellt hat. Der Kläger hat seine Arbeitslosigkeit ab 17. Dezember 1978 grob fahrlässig herbeigeführt. Wie der Senat wiederholt herausgestellt hat, führt der Arbeitnehmer mit einer Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit in der Regel - wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig - herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz hat. Erforderlich ist zwar nicht unbedingt die feste Zusicherung eines Anschlußarbeitsplatzes, jedoch ist von grober Fahrlässigkeit auszugehen, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Lösung des Arbeitsverhältnisses keine Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz hatte und er auch aufgrund der allgemeinen Verhältnisse auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt vernünftigerweise mit einem Anschlußarbeitsplatz nicht rechnen konnte (BSGE 43, 269, 270 = SozR 4100 § 119 Nr. 2). Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger irgendwelche Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz hatte, liegen nicht vor.
Der Kläger hatte ausweislich der getroffenen Feststellungen, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, auch keinen wichtigen Grund, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu kündigen. Was als wichtiger Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Satz 1 AFG anzusehen ist, ist im Gesetz nicht näher bestimmt worden. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann. Der wichtige Grund muß auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken, d.h., der Arbeitslose muß einen wichtigen Grund dafür haben, daß er das Arbeitsverhältnis gerade zu dem bestimmten Zeitpunkt auflöst (BSG aaO; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr. 17).
Mit Recht hat das SG, auf dessen entsprechende Ausführungen das LSG verwiesen hat, zum Ausdruck gebracht, daß die Entlohnung des Klägers die Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht rechtfertigt, weil der Kläger jedenfalls ab 1. Dezember 1978 Tariflohn erhalten hat.
Ebenso gibt der Umstand, daß die Lageristentätigkeit für den Kläger unterwertig gewesen ist, für sich betrachtet, keinen Grund ab, der die vorzeitige Lösung des befristeten Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnte. Die Grundsätze, die der Senat zur Ablehnung eines Arbeitsangebotes zu § 119 Abs. 1 Nr. 2 AFG unter dem Gesichtspunkt der bisherigen beruflichen Qualifikation des Arbeitslosen entwickelt hat (vgl. BSGE 44, 71 = SozR 4100 § 119 Nr. 3; SozR 4100 § 119 Nrn. 4 und 9), können nicht schematisch auf die Fälle übertragen werden, in denen ein Arbeitsloser sein Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Es liegt eine andere Ausgangslage vor; denn im Falle des § 119 Abs. 1 Nr. 2 AFG ist der Versicherte bei der Ablehnung des Arbeitsangebotes bereits arbeitslos; im Falle des § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG hat er sich hingegen schuldhaft arbeitslos gemacht (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 21). Vielmehr ist auch hier zu prüfen, ob dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zuzumuten war. Gewiß wäre dem Kläger ein anderes Verhalten nicht zuzumuten, wenn die Fortsetzung der aushilfsweise und befristet bis zum 23. Dezember 1978 übernommenen Lageristentätigkeit um die noch ausstehende eine Woche sein Fortkommen in seinem Beruf erschwert hätte. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich. Angesichts des seinerzeit bevorstehenden Endes des befristeten, der Qualifikation des Klägers nicht entsprechenden Arbeitsverhältnisses wäre allerdings ein wichtiger Grund in Betracht gekommen, wenn der Kläger gerade in der Woche vor Weihnachten Vorstellungstermine bei Arbeitgebern wahrzunehmen hatte, um wieder in einer seiner früheren beruflichen Tätigkeit entsprechenden Stellung Fuß zu fassen, und er deshalb seiner Beschäftigung als Lagerist nicht weiter nachgehen konnte. Ein solcher Sachverhalt ist aber nicht festgestellt worden. Abgesehen davon, daß der Kläger erstmals im Revisionsverfahren vorträgt, es sei beabsichtigt gewesen, Vorstellungstermine wahrzunehmen, hat das SG zu den vom Kläger in seiner "Erklärung zu den Kündigungsgründen" erwähnten und in den Tatsacheninstanzen nach Art und Umfang nicht näher spezifizierten berufsbedingten Terminen in der Woche vor Weihnachten gemeint, der Kläger habe für sie Urlaub nehmen können. Es ist somit in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß der Kläger das Arbeitsverhältnis nicht dieser Termine wegen kündigen mußte. Die gleiche Feststellung hat das LSG getroffen; denn es hat die entsprechenden Ausführungen des SG für zutreffend gehalten und sich damit auch die ihnen zugrunde liegenden Feststellungen zu eigen gemacht. In Ermangelung zulässiger und begründeter Revisionsrügen ist der Senat daher an die Feststellung gebunden, daß der Kläger das Arbeitsverhältnis nicht der berufsbedingten Termine wegen kündigen mußte.
Demnach sind an sich die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG erfüllt, so daß gemäß § 119 Abs. 2 AFG eine Sperrzeit von zwei Wochen eingetreten ist, die nach §119 Abs. 1 Satz 2 AFG vom 17. bis 30. Dezember 1978 läuft. Dem Eintritt der Sperrzeit könnte jedoch ein Herstellungsanspruch entgegenstehen, wenn die Sperrzeit nicht eingetreten wäre, sofern die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen hätte, daß er einer möglichen Sperrzeit entgehen könne, wenn er Alg erst ab 24. Dezember 1978 beantragt, und die Beklagte diesen Hinweis unterlassen haben sollte, obwohl sie verpflichtet war, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, wie der Kläger im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Das LSG, nach dessen Rechtsauffassung es auf diesen Anspruch nicht mehr ankam, hat hierzu jedoch keinerlei Feststellungen getroffen, auf die eine abschließende Entscheidung gestützt werden könnte. Das Urteil des LSG ist daher, soweit es angefochten worden ist, gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das LSG zurückzuverweisen, damit die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können.
Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der bei der Verletzung einer dem Versicherungsträger obliegenden Nebenpflicht dem Versicherten erwachsen kann, ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Herzustellen ist der Zustand, der bestehen würde, wenn die Nebenpflicht erfüllt wäre. Das hat im vorliegenden Falle zur Folge, daß ein Herstellungsanspruch, ist er begründet, zwar dem Eintritt der Sperrzeit entgegensteht, dem Kläger aber dann kein Alg für die Zeit vor dem 24. Dezember 1978 zu gewähren ist; denn hätte die Beklagte den Kläger belehrt, wozu der Kläger sie für verpflichtet hält, und hätte er daraufhin Alg ab 24. Dezember 1978 beantragt, hätte ein Anspruch auf Leistungen vor diesem Tage nicht entstehen können.
Da der Zustand herzustellen ist, der bestehen würde, wenn die Nebenpflicht erfüllt worden wäre, ist der Herstellungsanspruch nicht schon begründet, wenn ein erforderlicher Hinweis unterlassen worden ist, vielmehr muß auch im Einzelfalle die Annahme gerechtfertigt sein, daß sich der Versicherte dem Hinweis entsprechend verhalten hätte. Hätte die Beklagte den vermißten Hinweis erteilt, wäre es Sache des Klägers gewesen, ob er - etwa in der Erwartung, die Sperrzeit erfolgreich anfechten zu können - es beim Antrag ab 18. Dezember 1978 beläßt oder ob er sich damit begnügt, Alg erst ab 24. Dezember 1978 zu beantragen, ohne mit einer Sperrzeit rechnen zu müssen. Eine dritte Möglichkeit hatte der Kläger nicht; er konnte insbesondere nicht Alg ab 18. Dezember 1978 beantragen und gleichzeitig für den Fall des Eintritts einer Sperrzeit den Anspruch auf Alg erst ab 24. Dezember 1978 geltend machen. Durch den Hinweis der Beklagten wären die Sperrzeitfolgen somit nur verhindert worden, wenn der Kläger sich damit begnügt hätte, Alg erst ab 24. Dezember 1978 zu beantragen. Ob dies voraussichtlich der Fall gewesen wäre, ist nach den gesamten Umständen des Falles zu beurteilen, wobei auch das spätere Verhalten des Klägers Anhaltspunkte bieten kann. Es wird deshalb darauf hingewiesen, daß es widersprüchlich ist, wenn der Kläger sich auf den Herstellungsanspruch beruft, sein Leistungsbegehren aber nicht beschränkt, sondern geltend macht, die Sperrzeit habe schon nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG nicht eintreten können.
Fundstellen