Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Gesamtvergütung. Jährliche Veränderung. Risikostrukturausgleich. Auswirkungen. Nichtberücksichtigung. Neue Bundesländer. Alte Bundesländer. Vergütungsniveau. Anpassung. Anschlussrevision. Bescheidungsklage. Schiedsspruch. Gerichtliche Kontrolle
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Revisionsführer ist auch schon dann beschwert, wenn er lediglich andere Maßgaben im Rahmen der schon vorinstanzlich erfolgten Verurteilung des Revisionsgegners zur erneuten Entscheidung begehrt.
2. Schiedssprüche gemäß § 89 SGB V sind nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich sind, dementsprechend sind sie nur darauf hin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben, so dass in formeller Hinsicht zu prüfen ist, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt, und inhaltliche zu prüfen ist, ob der vom Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat.
3. Die Bestimmungen über die Veränderungen der Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 3 SGB V) und denen über den Risikostrukturausgleich (§§ 266, 267 SGB V i.d.F. des Art. 1 Nr. 143, 144 GSG) sind nicht miteinander verknüpft, weder wechselseitig noch einseitig in dem Sinne, dass die Ausgaben für Gesamtvergütungen im Rahmen des Risikostrukturausgleichs zu berücksichtigen wären, noch umgekehrt einseitig dahingehend, dass die Ausgleichspflichten nach dem Risikostrukturausgleich bei der Veränderung der Gesamtvergütungen beachtet werden könnten.
4. Für eine Erhöhung der Gesamtvergütung zur Annäherung an das Vergütungsniveau West gibt es keine Grundlage.
Normenkette
SGB V § 71 Abs. 1, § 85 Abs. 3 S. 1, Abs. 3c, §§ 85d, 89 Abs. 1, § 141 Abs. 2, § 266 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Sätze 1-2, § 267; GG Art. 3 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1, § 131 Abs. 3, § 202; ZP § 554 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Mai 2002 und des Sozialgerichts Schwerin vom 23. Februar 2000 insoweit aufgehoben, als sie es gebilligt haben, dass der Beklagte bei Erlass eines neuen Schiedsspruchs die Auswirkungen des Risikostrukturausgleichs berücksichtigt.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft den Schiedsspruch des beklagten Landesschiedsamtes über die Gesamtvergütungen, die der beigeladene Betriebskrankenkassen(BKK)-Landesverband für die Jahre 1996 und 1997 der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zu gewähren hat. Im Revisionsverfahren ist streitig, ob der Beklagte die Vergütungserhöhung wegen der Auswirkungen des Risikostrukturausgleichs (RSA) um 5 % verringern und eine Anhebung um 5 % zur Anpassung an das Vergütungsniveau West ablehnen durfte.
Die Klägerin und der Beigeladene hatten für die Jahre bis 1995 Einigungen über die Gesamtvergütungen erzielt. Für die Jahre 1996 und 1997 gelangten sie indessen zu keiner Vereinbarung. Im April 1998 erklärte die Klägerin die Verhandlungen für gescheitert. Der von ihr angerufene Beklagte setzte die Gesamtvergütungen durch Schiedssprüche mit Bescheid vom 29. Juni 1998 fest.
Die Schiedssprüche sahen vor, dass Basis für die Berechnung der Gesamtvergütungen für 1996 und 1997 diejenige für 1995 bzw 1996 sein sollte, und zwar berechnet als einheitliche Kopfpauschale für allgemeinversicherte Mitglieder und Rentner, indem die Gesamtvergütungen der Jahre 1995 bzw 1996 durch die Mitgliederzahl der BKK des Jahres 1995 geteilt wurden (Nr 2 und 2.1 der Schiedssprüche). Diese Ausgangsbeträge seien entsprechend der tatsächlichen Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen im Jahr 1996 im Bereich der GKV Ost (AKV und KVdR) anzupassen und wegen weiterer Faktoren (Empfehlung der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen bzw steigende Fallzahlen) zu erhöhen (Nr 4.1 und 4.2 aaO). Andererseits seien sie zur schrittweisen Anpassung an die standardisierten Leistungsausgaben des RSA um 1 % abzusenken (Nr 4.3 aaO). Zudem wurden weitere Regelungen getroffen, zB für verschiedene Leistungen Interventionspunktwerte festgesetzt (Nr 8 und 9 aaO). Zur Begründung der 1 %igen Verringerung der Vergütungserhöhung wegen der Auswirkungen des RSA ist ausgeführt, dass die Ausgaben des Beigeladenen für die ambulante vertragsärztliche Versorgung die standardisierten Leistungsausgaben iS des § 266 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bisher um 5,21 % überschritten hätten, die Annäherung an den standardisierten Leistungsbedarf aber dem Ziel des RSA diene. In keinem der Schiedssprüche wurde eine gesonderte Erhöhung zur Annäherung an das Vergütungsniveau der alten Bundesländer vorgenommen.
Die Klägerin hat Klage gegen die Schiedssprüche erhoben; sie hat insbesondere die Verringerung wegen der Auswirkungen des RSA und die Ablehnung der Annäherung an das Vergütungsniveau West beanstandet. Das Sozialgericht (SG) hat die Schiedssprüche wegen unzureichender Feststellungen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des RSA aufgehoben und den Beklagten verurteilt, erneut über die Gesamtvergütungen für 1996 und 1997 zu entscheiden. Es hat die weiteren Beanstandungen der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23. Februar 2000).
Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und den Beklagten verurteilt, neue Schiedssprüche unter Beachtung seiner – des LSG – Rechtsauffassung zu erlassen. Die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen (Urteil vom 22. Mai 2002). In der Begründung ist – zu den Punkten, die Gegenstand des Revisionsverfahrens sind – ausgeführt, der Beklagte müsse eine neue Entscheidung zu Einzelfragen bei der Berücksichtigung der Auswirkungen des RSA treffen. Eine Krankenkasse (KK) mit bislang höheren Beiträgen könne sich für ihr Begehren nach einer Verringerung der Kopfpauschalen auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität berufen, wenn ihre Leistungsausgaben durch hohe Kopfpauschalen überdurchschnittlich hoch, ihre Verwaltungsausgaben aber niedrig seien. Das Schiedsamt müsse aber weitere Sachverhaltsfeststellungen treffen. Für die Begrenzung einer an sich gebotenen Erhöhung der Gesamtvergütung reiche nicht aus, dass die Leistungsausgaben der KK im ambulanten vertragsärztlichen Bereich um 5,21 % über den so genannten standardisierten Leistungsausgaben lägen. Mit einzubeziehen seien die weiteren Ausgaben wie diejenigen für die vertragszahnärztliche und stationäre Versorgung, das Krankengeld und die Arzneimittel. – Was das Begehren nach Annäherung um 5 % an das Vergütungsniveau West betreffe, so habe der Beklagte dies zu Recht abgelehnt. Das SGB V sehe weder einen übergreifenden Finanzausgleich für die Bereiche Ost und West noch eine übergreifende Gesamtbetrachtung vor. Zudem stehe der Erhöhung der Grundsatz der Beitragssatzstabilität entgegen. Der Gesichtspunkt angemessener Vergütung ergäbe einen Anspruch nur, wenn die Versorgung zumindest in einem Teilbereich ernsthaft gefährdet wäre, wofür jedenfalls für 1996 und 1997 nichts ersichtlich sei. Auch die übrigen Begehren der Klägerin habe der Beklagte zu Recht abgelehnt.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt mit dem Ziel, dass die Auswirkungen des RSA unberücksichtigt bleiben und eine Annäherung an das Vergütungsniveau West erfolgt. Sie macht geltend, § 85 Abs 3 SGB V lasse keinen Raum für die Berücksichtigung der Auswirkungen des RSA. Dies lasse sich auch nicht auf §§ 266, 267 SGB V stützen, jedenfalls nicht, soweit KKn mit höheren Beitragseinnahmen höhere Gesamtvergütungen auf Grund der Vereinbarung höherer Kopfpauschalen gewährten. Denn der Gesetzgeber habe mit dem RSA lediglich unterschiedliche Einnahmen, nicht aber unterschiedliche Ausgaben zum Ausgleich bringen wollen, sodass unterschiedliche Gesamtvergütungsausgaben unbeachtlich seien. Ebenso wenig könnten umgekehrt die Transferverpflichtungen aus dem RSA im Rahmen der Gesamtvergütung berücksichtigt werden. Nichts anderes ergebe sich aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Dieser beziehe sich zunächst schon nicht auf den Beitragssatz einer einzelnen KK, sondern nur auf den durchschnittlichen Beitragssatz aller bundesdeutschen KKn. Darüber hinaus würden sich inakzeptable Folgen ergeben. Würden den BKKn mit hohen Gesamtvergütungen Absenkungen gewährt, so müssten bei anderen KKn bzw Kassenarten die Gesamtvergütungen angehoben werden. Denn sonst litte die Stabilität des Gesamtniveaus der Gesamtvergütungen und der ärztlichen Honoraransprüche, was der Zielsetzung der gesetzlichen Regelung zuwider liefe. – Was das Verlangen nach Annäherung der Gesamtvergütung an das Vergütungsniveau West betreffe, so sei zu beachten, dass Vergütungsvereinbarungen gemäß § 85 Abs 3 SGB V die Funktion hätten, für ein funktionierendes System mit angemessenen Vergütungen zu sorgen, die ärztliche Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern aber auf Grund unangemessen niedriger Vergütungen im Vergleich zu den alten Bundesländern gefährdet sei. Dem Gebot der Annäherung an deren Vergütungsniveau stehe nicht die im Einigungsvertrag geregelte finanzielle Trennung der alten und neuen Bundesländer entgegen, denn diese sei ohnehin nicht konsequent durchgehalten worden. Vielmehr habe der Gesetzgeber schon verschiedentlich Maßnahmen zur Annäherung getroffen, die bis 1995 auch Wirkung gezeigt hätten. Die weitere Entwicklung – 1997 und 1998 – in den neuen Ländern sei indessen ungünstig gewesen. Die Ausgaben für die ambulanten Behandlungen je Versichertem hätten 1997 lediglich ca 75 % des Westniveaus betragen. Die Mitgliedskrankenkassen des Beigeladenen hätten 1997 für jedes Mitglied nur 536,40 DM im Vergleich zu 843,71 DM in den alten Ländern gewährt, sodass das Vergütungsvolumen für die Ärzte je Mitglied lediglich 63,6 % desjenigen in den alten Bundesländern betragen habe. Diese Diskrepanz habe sich in der Folgezeit fortgesetzt. Der Anspruch auf Annäherung an das Westniveau ergebe sich auch aus Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sinngemäß zur Vergütung der Rechtsanwälte entschieden habe.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Mai 2002 und des Sozialgerichts Schwerin vom 23. Februar 2000 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 29. Juni 1998 zu verurteilen, über die Höhe der Gesamtvergütungen für 1996 und 1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Das beklagte Landesschiedsamt und der beigeladene BKK-Landesverband stellen keine Anträge.
Der Beklagte hält die Revision der Klägerin teilweise bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Auswirkungen des RSA seien zu berücksichtigen, weil sie die Beitragssatzstabilität beeinflussten, sich nämlich jedenfalls dann auf die Beitragssatzentwicklung bei einer KK auswirkten, wenn dadurch die Leistungsausgaben die standardisierten überschritten. Die Ablehnung der Annäherung an das Vergütungsniveau West sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Zudem stehe der Annäherung der Grundsatz der Beitragssatzstabilität entgegen.
Der Beigeladene macht geltend, wenn die Gesamtvergütungen nicht im RSA berücksichtigt werden könnten, so müssten jedenfalls umgekehrt dessen Auswirkungen bei der Festlegung der Gesamtvergütungen beachtet werden. Es sei schon zweifelhaft, ob der Katalog des § 85 Abs 3 SGB V eine abschließende Aufzählung enthalte. Jedenfalls folge die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Auswirkungen des RSA aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität, der im Rahmen des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V heranzuziehen sei, im Übrigen auch daraus, dass in Anwendung des § 59 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf die Gesamtvergütungsvereinbarungen die Vermutung ihrer Angemessenheit seit der Einführung des RSA nicht mehr gelten könne. Gerade die Ausklammerung der Höhe der Gesamtvergütungen beim RSA setze voraus bzw intendiere, dass durch diesen bedingte Ausgabenunterschiede in die Vergütungsverhandlungen bzw -festsetzungen einzubeziehen seien. Die Beiträge könnten nur stabil gehalten werden, wenn längerfristig hohe Gesamtvergütungen den durchschnittlichen angepasst würden. Was das Begehren nach Annäherung an das Vergütungsniveau West betreffe, so fehle dafür eine Anspruchsgrundlage. Im Übrigen habe in den hier maßgeblichen Jahren 1996 bis 1998 der durchschnittliche Praxisüberschuss mit 165.782 DM nur wenig unter dem der alten Bundesländer mit 194.739 DM gelegen. Ein Versorgungsnotstand in den neuen Bundesländern sei nicht festzustellen, zumal nicht in der damaligen Zeit.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die von der Klägerin mit ihrer Revision angegriffenen Vorgaben, die das LSG dem beklagten Landesschiedsamt für dessen erneute Entscheidung über die Höhe der Gesamtvergütungen für 1996 und 1997 gegeben hat. Sie hält es für rechtswidrig, bei der Erhöhung der jeweils vorjährigen Gesamtvergütungen die Auswirkungen des RSA vermindernd zu berücksichtigen und eine Annäherung an das Vergütungsniveau West abzulehnen. Mit dem so formulierten Revisionsbegehren hat sie den Gegenstand des Revisionsverfahrens auf diese Vorgaben eingeschränkt. Eine solche Beschränkung ist zulässig. Denn die vorinstanzliche Verurteilung zur Neubescheidung ist teilbar und eingrenzbar. Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Schiedssprüche enthalten, bezogen auf die vorjährigen Gesamtvergütungen, verschiedene Erhöhungs- und Absenkungsfestsetzungen, die voneinander getrennt gewürdigt werden können. Daran hat schon die Vorinstanz angeknüpft, indem sie sich darauf beschränkt hat, die angegriffenen “Rechnungsposten” jeweils gesondert zu überprüfen. Von diesen wiederum hat die Klägerin nur zwei zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht, nämlich die Verringerung der Erhöhung der Gesamtvergütungen durch Berücksichtigung der Auswirkungen des RSA und die Ablehnung einer Erhöhung zur Annäherung an das Vergütungsniveau West. Hierüber kann die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht hinausgehen.
Dementsprechend kann das Revisionsgericht auch nur in diesem Umfang neue bindende Vorgaben für die erneute Entscheidung des Beklagten geben. Außerhalb der beiden im Revisionsverfahren zur Entscheidung gestellten Rechtsfragen bleibt es bei den Schiedssprüchen bzw – soweit die Vorinstanzen sie beanstandet haben – bei den Vorgaben der Vorinstanzen. Die Bindung an deren Vorgaben umfasst auch den Hinweis des Berufungsgerichts, der Beklagte habe eine vollumfängliche neue Entscheidung zu treffen, nämlich auch die Auswirkungen der neu zu beurteilenden Gesichtspunkte – RSA und Chipkarten-Effekt – auf das Gesamtergebnis zu berücksichtigen, wobei er jedoch im Einzelnen an die gerichtlichen Vorgaben und insoweit jeweils an das Verbot der reformatio in peius gebunden sei. Wegen der Bindung an diese – jedenfalls vertretbaren – Ausführungen ist auch dem Senat insoweit eine revisionsgerichtliche Überprüfung verwehrt.
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Ihr kann – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, für ihr Rechtsschutzbegehren fehle die erforderliche Beschwer, weil sie lediglich andere Maßgaben im Rahmen der schon vorinstanzlich erfolgten Verurteilung zur erneuten Entscheidung begehre. Sie erstrebt zwar in der Tat kein weitergehendes Ergebnis als die Neubescheidungsverpflichtung, die ihr schon die Vorinstanzen zuerkannt haben. Sie begehrt mit ihrer Revision aber abweichende rechtliche Vorgaben für die neue Entscheidung des Beklagten. Damit strebt sie eine für sich letztlich günstigere Neufestlegung der Gesamtvergütungen an. Dies begründet die Beschwer der Klägerin (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 191, in Fortführung des Urteils vom 27. Oktober 1976, BSGE 43, 1, 3 f = SozR 1500 § 131 Nr 4 S 5 f).
Die der Revision zu Grunde liegende Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat mit ihrem Neubescheidungsbegehren gemäß § 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) – mit dem Ziel, einen inhaltlich neuen Schiedsspruch zu erreichen – die richtige Klageart gewählt. Die damit geltend gemachte Verpflichtung zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes berücksichtigt, dass die Festsetzung der Gesamtvergütungen durch ein Schiedsamt als Verwaltungsakt anzusehen ist (BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 126, – zur Anwendung des § 54 Abs 1 und nicht des Abs 3 SGG vgl BSGE 86, 126, 130 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 290 f). Die Klägerin ist mit ihrem Revisions- und Klagebegehren in der Sache insoweit erfolgreich, als sie mit ihren Einwänden gegen die Verringerung der Gesamtvergütungen mit Rücksicht auf die Auswirkungen auf den RSA um 1 % durchdringt.
Ihre Einwände gegen eine Einbeziehung der Auswirkungen auf den RSA scheitern nicht daran, dass Schiedssprüche gemäß § 89 SGB V nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich sind. Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass die Schiedsämter, deren Sprüche fehlende Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. Mithin ist in formeller Hinsicht zu prüfen, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (BSG aaO). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der vom Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (hierzu zusammenfassend BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135, 146 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295, 308; vgl auch BVerwGE 108, 47, 49-53; 116, 78, 80 f und 85). Nach Maßgabe dieser Prüfungsbefugnis ist es dem Senat eröffnet, den angefochtenen Schiedsspruch nicht nur in formeller Hinsicht, sondern im Umfang des Streitgegenstandes des Revisionsverfahrens auch inhaltlich zu überprüfen.
Mängel des Schiedsspruchs in formeller Hinsicht sind nicht ersichtlich. Insoweit ist im Berufungsurteil das Erforderliche ausgeführt; darauf wird verwiesen (zum erforderlichen Begründungsumfang vgl BSGE 51, 58, 64, insoweit in SozR 2200 § 368h Nr 3 nicht abgedruckt).
In inhaltlicher Hinsicht ist zu beanstanden, dass der Beklagte zwingende rechtliche Vorgaben nicht beachtet hat. Er durfte die Erhöhung der Gesamtvergütung nicht wegen der Auswirkungen des RSA verringern. Dies haben die Vorinstanzen zu Unrecht, wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen, gebilligt. Das ist mit den Gesetzesregelungen nicht vereinbar, liegt nämlich außerhalb des durch § 85 Abs 3 SGB V vorgegebenen Rahmens für die Festlegung von Gesamtvergütungen.
Gemäß § 85 Abs 3 SGB V (in der bis heute geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes ≪GSG≫ vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266) sind bei der Vereinbarung von Gesamtvergütungen die Praxiskosten, die für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsgemäßen Leistungsausweitung beruhen, zu berücksichtigen (Satz 1). Zudem ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten (Satz 2).
Nach dieser Regelung richten sich die Veränderungen der Gesamtvergütungen zum einen an speziell die Vertragsärzte betreffenden Gesichtspunkten aus, nämlich ob und inwieweit bei den Praxiskosten, bei der für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie bei der Art und dem Umfang der ärztlichen Leistungen Änderungen eingetreten sind (§ 85 Abs 3 Satz 1 SGB V). Zum anderen sollen der Vertragsärzteschaft auch die allgemeinen Veränderungen – in der Regel Erhöhungen – der Einkommen zugute kommen, allerdings nur, soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung tragbar ist. Dem soll die Anbindung an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität Rechnung tragen (Satz 2 aaO iVm § 71 iVm § 141 Abs 2 SGB V). Dadurch orientieren sich die Veränderungen an den – mit allgemeinen Einkommenssteigerungen im Regelfall verbundenen – Erhöhungen des Beitragsaufkommens der KKn und damit an der Vermehrung ihrer Einnahmen (vgl dazu zB Begründung zum Gesetzentwurf des GSG, BT-Drucks 12/3608 S 69 f). Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 15. Mai 1991 ausgeführt hat, ist das System der kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung darauf angewiesen, dass Untervergütungen vermieden und so den Ärzten und anderen Leistungserbringern genügend Anreize geboten werden, sich für die Zulassung auch wirtschaftlich zu interessieren (BSGE 68, 291, 297 = SozR 3-1500 § 54 Nr 7 S 17 f; stRspr).
Die Regelung des § 85 Abs 3 SGB V mit den Kriterien der Praxiskosten, der Arbeitszeit, der Art und des Umfanges der ärztlichen Leistungen sowie der Beitragssatzstabilität ermöglicht indessen nicht, Ausgleichspflichten aus dem RSA zu berücksichtigen. Erfolglos ist insbesondere die Argumentation, hohe Ausgleichszahlungen im RSA ergäben höhere Ausgaben der KKn und könnten dadurch zu höheren Beiträgen führen und somit die Beitragssatzstabilität gefährden, was im Rahmen des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V bei der Festlegung der Gesamtvergütungen zu berücksichtigen sei. Auch wenn ein solcher Zusammenhang bestehen kann, so ist dennoch kein Raum, solche Auswirkungen des RSA bei der Veränderung der Gesamtvergütungen zu berücksichtigen. Dem stehen zum einen das inhaltliche Verhältnis der Bestimmung des § 85 Abs 3 SGB V zu den Regelungen der §§ 266, 267 SGB V und zum anderen Sinn und Zweck der Vorschrift des § 85 Abs 3 SGB V entgegen.
Bei den Bestimmungen über die Veränderungen der Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 3 SGB V) und denen über den RSA (§§ 266, 267 SGB V idF des Art 1 Nr 143, 144 GSG) handelt es sich um unterschiedliche Regelungskomplexe, die selbstständig nebeneinander stehen. Sie sind nicht miteinander verknüpft, weder wechselseitig noch einseitig in dem Sinne, dass die Ausgaben für Gesamtvergütungen im Rahmen des RSA zu berücksichtigen wären, noch umgekehrt einseitig dahingehend, dass die Ausgleichspflichten nach dem RSA bei der Veränderung der Gesamtvergütungen beachtet werden könnten. Die Sperre, im Rahmen des RSA die Ausgaben für Gesamtvergütungen einzubeziehen, ergibt sich aus § 266 SGB V. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Höhe des Ausgleichsanspruchs oder der Ausgleichsverpflichtung durch den Vergleich des Beitragsbedarfs einer KK mit ihrer Finanzkraft ermittelt wird (Abs 2 Satz 1 aaO). Der Beitragsbedarf der KK ergibt sich aus der Summe ihrer standardisierten Leistungsausgaben, die nach der Zusammensetzung ihrer Mitglieder und der nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen errechnet werden (Abs 2 Satz 2 iVm Abs 1 Satz 2 aaO). Die Versicherten werden gemäß ihrem Alter und Geschlecht in Gruppen eingeteilt, denen ein Durchschnittsbetrag an Leistungsausgaben zugeordnet wird (s im Einzelnen § 266 Abs 2 ff SGB V; zum schematisierenden Charakter des RSA s BSG, Urteil vom 24. Januar 2003 – B 12 KR 19/01 R = BSGE 90, 231, 245, 266 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 RdNr 46, 103). Ergibt die so ermittelte Summe der Leistungsausgaben einen Beitragsbedarf, der über den Beitragseinnahmen der KK liegt, so ist diese ausgleichsberechtigt; liegt der Beitragsbedarf unter den Beitragseinnahmen, so ist die KK ausgleichsverpflichtet. In § 266 Abs 1 Satz 3 SGB V ist zusätzlich ausdrücklich bestimmt, dass solche Einnahmen- und Ausgabenunterschiede unbeachtet bleiben, die nicht auf die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, die Zahl der nach § 10 mitversicherten Familienangehörigen oder die Alters- oder Geschlechtsverteilung zurückzuführen sind. Somit besteht keine Möglichkeit, im Rahmen des RSA die Ausgaben für Gesamtvergütungen und Unterschiede bei den dabei zu Grunde gelegten Kopfpauschalen zu berücksichtigen.
Diese “Ausblendung” der Gesamtvergütungsausgaben aus den Regelungen des RSA kann aber nicht die Folgerung rechtfertigen, dass die unterschiedlichen Ausgleichsansprüche und -verpflichtungen aus dem RSA umgekehrt bei der Festlegung der Veränderungen der Gesamtvergütungen gemäß § 85 Abs 3 SGB V Beachtung finden könnten. Dafür ist kein Raum. Die Bestimmung des § 85 Abs 3 SGB V nennt in Satz 1 als Kriterien für die Veränderung der Gesamtvergütungen lediglich die Praxiskosten, die Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen. Für die Berücksichtigung von Ausgleichsansprüchen und -verpflichtungen aus dem RSA kommt daher nur der Satz 2 aaO in Betracht. Auch dessen Bestimmung, dass bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten ist, ermöglicht indessen nicht, die Auswirkungen des RSA einzubeziehen. Dem stehen sowohl praktische Gründe als auch – was entscheidend ist – die derzeitige Gesetzeslage entgegen.
Würden im Rahmen der Festlegung der Veränderungen der Gesamtvergütungen Ausgleichsverpflichtungen aus dem RSA berücksichtigt, so müssten um der Ausgewogenheit willen – um nicht Sinn und Zweck des § 85 Abs 3 SGB V zuwider zu handeln – auch Ausgleichsansprüche aus dem RSA die Festlegung der Gesamtvergütungen beeinflussen. Würden nämlich bei den einen KKn deren Ausgleichsverpflichtungen in der Weise einbezogen, dass die von ihnen den KÄVen zu zahlenden Gesamtvergütungen bzw Kopfpauschalen nur in geringerem Umfang erhöht würden, so müssten auf der anderen Seite bei anderen KKen deren Ausgleichsansprüche dazu führen, dass die von ihnen zu entrichtenden Gesamtvergütungen bzw Kopfpauschalen zusätzlich erhöht werden. Denn nur wenn außer den RSA-Ausgleichsverpflichtungen auch die RSA-Ausgleichsansprüche beachtet werden, wird vermieden, dass die Summe aller Gesamtvergütungen niedriger ausfällt, als es in § 85 Abs 3 SGB V angelegt ist, der – wie ausgeführt – auf eine Erhöhung der Gesamtvergütungen entsprechend den allgemeinen Veränderungen der Einkommen – nach Maßgabe der Erhöhungen des Beitragsaufkommens für die KKn – ausgerichtet ist. Nur bei gleichmäßiger – und möglichst auch gleichzeitiger – Berücksichtigung sowohl der Ausgleichszahlungen als auch der Ausgleichsverpflichtungen ergäbe sich die von diesem Konzept her erforderliche Ausgewogenheit. Diese ist aber nicht gewährleistet, weil ein Instrumentarium, mit dem gegenüber den ausgleichsberechtigten KKn größere Erhöhungen der Gesamtvergütungen durchgesetzt werden könnten, im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Der Möglichkeit, im Rahmen der Festlegung der Veränderungen der Gesamtvergütungen Auswirkungen des RSA einzubeziehen, scheitert aber nicht nur am Fehlen eines gesetzlichen Instrumentariums, mit dem bei ausgleichsberechtigten KKn erhöhte Gesamtvergütungssteigerungen durchgesetzt werden könnten. Dem steht vielmehr auch die Regelung des § 85 Abs 3 SGB V als solche entgegen, in deren Satz 2 der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zwar genannt ist, dem aber nicht die von dem Beigeladenen und dem Beklagten geltend gemachte Reichweite zukommt. Der hier verankerte Grundsatz ist in den Kontext des § 85 Abs 3 SGB V eingebunden. Er ist in dessen Satz 2 enthalten, der an den vorstehenden Satz 1 anschließt. Hieraus ergibt sich, dass er nur dazu dienen soll, Erhöhungen, die durch Veränderungen bei den Praxiskosten, der Arbeitszeit sowie der Art und dem Umfang der ärztlichen Leistungen veranlasst sein könnten (Satz 1 aaO), uU zu begrenzen. Eine weiter gehende Funktion kommt diesem Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht zu. Es gibt keinen gesetzlichen Ansatzpunkt, Umstände, die sich aus den Regelungen des RSA (§§ 266, 267 SGB V) ergeben, in die Festlegung der Gesamtvergütungen einzuführen. Zwar ist einzuräumen, dass es denkbar ist, dass hohe Ausgleichspflichten aus dem RSA höhere Ausgaben der KKn ergeben und dadurch zu höheren Beiträgen führen. Indessen hätte der Gesetzgeber, falls er dies bei der Veränderung der Gesamtvergütungen beachtet wissen wollte, die Regelung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V entsprechend erweitern müssen.
Es liegt insoweit anders als bei dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung, der in § 72 Abs 2 ≪am Ende≫ SGB V zum Ausdruck kommt und auch ohne ausdrückliche Erwähnung in § 85 Abs 3 SGB V bei Veränderungen der Gesamtvergütungen mit zu berücksichtigen ist (ebenso zB Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 85 RdNr 54 mwN). Die Erzielung einer angemessenen Vergütung – unter Beachtung der Finanzierungsbelastung für die KKn und dementsprechend nur nach Maßgabe des Beitragsaufkommens der KKn – ist Kern und Ziel der Regelung des § 85 Abs 3 SGB V insgesamt. Dementsprechend geht das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung nach Art einer Vermutung davon aus, dass die Höhe der vereinbarten Gesamtvergütung angemessen ist (BSGE 20, 73, 84, 86 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO S Aa5 Rücks; BSGE 51, 58, 63 f, insoweit in SozR 2200 § 368h Nr 3 nicht abgedruckt; vgl auch BSGE 36, 151, 154 f = SozR Nr 7 zu § 368g RVO S Aa8). Diese Vermutung liegt auch dem Konzept der gesetzlichen Regelung des § 85 Abs 3 SGB V zu Grunde, wonach von der vorjährigen Gesamtvergütung auszugehen ist und nur Veränderungen zu vereinbaren sind (zur Maßgeblichkeit gerade der Veränderungen vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 17 S 111 f für 1991/1993). Die Konzeption, die frühere Gesamtvergütungsvereinbarung als maßgeblichen Ausgangspunkt zu Grunde zu legen und grundsätzlich nicht nachträglich in Frage zu stellen, ist im Übrigen auch in § 85 Abs 3c SGB V zum Ausdruck gekommen (idF des GSG vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266, erst zum 1. Januar 2000 und zum 1. Januar 2002 geringfügig geändert). Wurde einer früheren vereinbarten Gesamtvergütung vorläufig eine Veränderungsrate zu Grunde gelegt, weicht aber die spätere tatsächliche davon ab, so ist nicht etwa nachträglich die frühere Vereinbarung zu korrigieren, sondern die Abweichung darf erst im Rahmen der folgenden Vereinbarung mitberücksichtigt werden (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 17 S 113; s auch BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 40 S 323 f; s auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 15. April 1998 – L 5 KA 4/98 ER –, Juris). Ungeachtet dessen, dass der Regelung des § 85 Abs 3 SGB V das Ziel der Erreichung einer angemessenen Vergütung zu Grunde liegt, kommt dem dennoch kein Vorrang etwa gegenüber dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu (so schon BSGE 86, 126, 142 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 303).
Die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte bei der Festlegung der Veränderungen der Gesamtvergütungen, wie hier die Auswirkungen des RSA, ist nach der gesetzlichen Regelung des § 85 Abs 3 SGB V indessen nicht möglich. Dies ist auch schon seit längerer Zeit im Schrifttum erkannt worden, zum Teil ist deshalb ein Tätigwerden des Gesetzgebers gefordert worden (vgl Reichelt, DOK 1998, 214; Graf, Arbeit und Sozialpolitik 2000, Heft 9-10, 59, 61 f; Schönbach, BKK 2000, 375, 376 f; Schneider, ErsK 2001, 196, 198 f; Paquet, VSSR 2001, 235, 240; Hess, VSSR 2001, 267, 268-271; Schnapp, NZS 2003, 337, 339; Felder/Robra, Gesundheits- und Sozialpolitik, 2003, Heft 3-4, 18, 19 f; dagegen will das Bundesversicherungsamt schon nach bisheriger Gesetzeslage die Auswirkungen des RSA berücksichtigen – so der Bericht von Schnapp, NZS 2003, 1, 2 unter III 1, und NZS 2003, 337, 339 unter III; der Tendenz nach auch Ballast, ErsK 2000, 139, 141 f, der aber Lösungen in der Praxis auch erst mit Hilfe einer Gesetzesreform sieht). Der Gesetzgeber hat die Regelungen bisher trotzdem insoweit nicht geändert, weder diejenige des § 85 Abs 3 SGB V noch die der §§ 266, 267 SGB V, und dies, obgleich er ansonsten gelegentlich Änderungen vorgenommen hat (abgesehen von kleineren Änderungen siehe vor allem das Gesetz zur Reform des RSA in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 10. Dezember 2001, BGBl I 3465, mit Weiterentwicklung des RSA durch Anfügung der §§ 268, 269 SGB V). Auch die erneute Zunahme der Diskrepanzen bei den ärztlichen Einkommen zwischen den neuen und den alten Bundesländern ab 1997 hat den Gesetzgeber nicht zu einer Neuregelung veranlasst. Dementsprechend hat schon der 12. Senat des BSG darauf hingewiesen, dass letztlich der Gesetzgeber tätig werden muss (Urteil vom 24. Januar 2003 – B 12 KR 2/02 R = SozR 4-2500 § 266 Nr 3 RdNr 17 am Ende). Erst die Hinweise des 12. Senats und die Verkündung des vorliegenden Urteils haben ihn offenbar zu Überlegungen veranlasst, die ungleichgewichtige Belastung der verschiedenen KKn durch die unterschiedlichen Kopfpauschalen abzubauen (vgl dazu die anvisierte Neuregelung mit einheitlichen Durchschnittspunktwerten für alle KKn ab 2007, s BT-Drucks 15/1525 mit einem neuen § 85d SGB V). Den angestrebten Maßnahmen des Gesetzgebers kann die Rechtsprechung aber nicht vorgreifen.
Mithin sind die Schiedssprüche und die vorinstanzlichen Entscheidungen insoweit zu beanstanden, als sie die Auswirkungen des RSA bei der Festlegung der Gesamtvergütungen berücksichtigt bzw dies gebilligt haben. Insoweit hat die Revision der Klägerin Erfolg.
Erfolglos bleibt dagegen das Begehren der Klägerin nach einer Erhöhung der Gesamtvergütung zur Annäherung an das Vergütungsniveau West. Denn für dieses Verlangen gibt es keine Grundlage.
Ein solcher Anspruch lässt sich aus § 85 Abs 3 SGB V nicht ableiten. Wie dargelegt, sind für die Erhöhungen der Gesamtvergütungen jeweils die vorjährigen Gesamtvergütungen zu Grunde zu legen und Veränderungen nur nach Maßgabe der Kriterien des § 85 Abs 3 SGB V möglich. Es gibt auch keine andere Regelung, auf die sich der geltend gemachte Anspruch auf Annäherung der Vergütungen 1996/97 in Mecklenburg-Vorpommern an diejenige in den KÄV-Bereichen der westlichen Bundesländer stützen ließe.
Der Gesetzgeber ist insoweit nicht untätig geblieben, hat sich vielmehr bereits wiederholt mit den Diskrepanzen zwischen dem Einkommensniveau der neuen im Vergleich zu den alten Bundesländern befasst. Mit dem Einigungsvertrag hatte der Gesetzgeber zunächst die Sonderregelungen der §§ 308 ff SGB V für die neuen Bundesländer geschaffen (Einigungsvertrag vom 31. August 1990, BGBl II 885, 889, 1048 ff). Zum 1. Januar 1993 modifizierte er § 85 Abs 3 SGB V durch Einfügung des Abs 3b für das Beitrittsgebiet (Art 1 Nr 43 f GSG): Diese Anbindung an die erheblichen Steigerungen der Grundlohnsumme hat in den neuen Bundesländern zu deutlich höheren Vergütungssteigerungen als in den alten geführt. Zudem hat der Gesetzgeber als Ausgangsbasis für die Gesamtvergütungen für 1993 das Doppelte derjenigen des ersten Halbjahres 1992 zuzüglich 4 % bestimmt sowie für 1993 und 1994 eine weitere Erhöhung um jeweils 3 % und für 1995 um weitere 4 % vorgesehen (s § 85 Abs 3b Satz 2 und 3 SGB V, einschließlich der Änderung zum 1. Januar 1995, Art 1 Nr 1 Buchst a und b des 4. SGB V-ÄndG vom 4. Dezember 1995, BGBl I 1558). Diese gesetzlichen Maßnahmen haben zu einer zunehmenden Angleichung des Ost- an das Westniveau geführt, allerdings noch keine Gleichstellung bewirken können. Vor diesem Hintergrund kann dem Gesetzgeber keine rechtswidrige Untätigkeit angelastet werden. Die immer noch bestehenden Diskrepanzen wären nur dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die sich für Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ergebende geringere Vergütung nicht mehr als angemessen iS des § 72 Abs 2 am Ende SGB V angesehen werden könnte. Dies würde aber voraussetzen, dass die Vergütung so unangemessen niedrig ist, dass der Anreiz für Ärzte und andere Leistungserbringer, sich dort niederzulassen, so gering geworden ist, dass die Versorgung – zumindest in einem relevanten Teilbereich – gefährdet ist (vgl stRspr des Senats, zB BSGE 75, 187, 189 ff = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 7 ff; BSG SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 5 f). Hierfür gibt es indessen, jedenfalls bezogen auf die vorliegend streitrelevanten Zeiträume 1996 und 1997, keinen greifbaren Anhaltspunkt. Auch die Klägerin hat hierfür nichts vorgetragen; sie hat dies lediglich abstrakt in ihrer Revisionsbegründung behauptet, aber nicht näher substantiiert, was als Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren im Übrigen ohnehin nicht gewürdigt werden könnte.
Eine über die bisherige gesetzgeberische Tätigkeit hinaus gehende Annäherung des Ost- an das Westniveau kann die Klägerin auch nicht auf Grund des Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Abs 1 GG beanspruchen. Die Annahme einer Gleichheitswidrigkeit würde voraussetzen, dass der bisherige Rechtszustand unzureichend und deshalb rechtswidrig ist. Dies ist indessen nicht der Fall. Der von der Klägerin herangezogene Vergleich mit dem Urteil des BVerfG vom 28. Januar 2003 (1 BvR 487/01 = NJW 2003, 737) greift nicht durch. Das BVerfG hat darin die Regelungen über den 10 %igen Vergütungsabschlag für die Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen für verfassungswidrig erklärt. Es hat dies damit begründet, für die unterschiedliche Behandlung bestehe kein sachlich rechtfertigender Grund mehr, seitdem es keine Beschränkung der Postulationsfähigkeit auf den Gerichtsbezirk am Kanzleisitz mehr gebe (so früher bei Zivilprozessen vor den Land- und Familiengerichten – bis zur Neuregelung zum 1. Januar 2000 durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 17. Dezember 1999, BGBl I 2448, veranlasst durch den BVerfG-Beschluss vom 5. Dezember 1995, BVerfGE 93, 362). Könne der Rechtsanwalt im gesamten Bundesgebiet tätig werden, so dürfe die Vergütung auch nicht je nach der geographischen Lage seines Kanzleisitzes unterschiedlich sein. Mit dieser Situation im anwaltlichen Bereich ist diejenige der Vertragsärzte indessen – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht vergleichbar. Diese sind nicht frei, wo sie im Bundesgebiet tätig werden. Sie können zwar auch Versicherte auswärtiger KKn behandeln (so genannte Fremdkassenfälle), dies aber grundsätzlich nur an ihrem Vertragsarztsitz und in diesem Planungsbereich (vgl dazu zusammenfassend – auch unter Darstellung der Ausnahmen – Engelmann, MedR 2002, 561). Anhaltspunkte dafür, dass diese Beschränkungen, die gleichermaßen die Vertragsärzte in den neuen wie in den alten Bundesländern treffen, verfassungswidrig sein könnten, bestehen nicht. Das BSG und das BVerfG sind bisher ohne Weiteres von ihrer Verfassungsmäßigkeit ausgegangen (vgl zB BSGE 82, 41; = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 27. April 2001 – 1 BvR 1282/99 = MedR 2001, 639).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Bei seinem Ausspruch, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind, hat der Senat das teilweise Obsiegen und teilweise Unterliegen der Beteiligten berücksichtigt.
Fundstellen