Leitsatz (amtlich)
1. Eine Lehrwerkstatt ist, auch wenn sie in einem Heim oder einer Schule angegliedert ist, regelmäßig dann als überbetriebliche Einrichtung iS des AFG § 40 anzusehen, wenn dort zu einem anerkannten Ausbildungsberuf ausgebildet wird, die Ausbildung hauptsächlich in dieser Lehrwerkstatt stattfindet, daneben im wesentlichen nur noch die Berufsschule besucht wird, für die Ausbildung Ausbildungsverträge abgeschlossen und diese von der zuständigen Stelle nach dem BBiG in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eingetragen werden.
2. Die Vermittlung von Verständigungstechniken für Hörbehinderte und von Kenntnissen aus dem Bereich der Allgemeinbildung ist als berufsvorbereitende Maßnahme zu fördern, wenn sie aus Anlaß und mit dem Ziel erfolgt, die fehlenden Voraussetzungen für das Durchlaufen einer geregelten Berufsausbildung zu schaffen und inhaltlich in enger Verflechtung mit der Vermittlung beruflichen Wissens erfolgt.
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Förderungslehrgang für noch nicht berufsreife Behinderte (RehaAnO § 10 Nr 4 Fassung: 1970-07-02) kann auch Elemente anderer Lehrgangsformen enthalten. AusbFöAnO § 10 Fassung: 1970-07-02 enthält wie AusbFöAnO § 2 im Hinblick auf die Grenzen der Ermächtigung nach AFG § 39 keine abschließende Regelung der Art der Ausbildung und der berufsvorbereitenden Maßnahmen iS von AFG § 40.
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen die Vermittlung von Allgemeinbildung und von Verständigungstechniken zu den berufsvorbereitenden Maßnahmen iS von AFG § 40 zu rechnen ist.
Normenkette
AFG § 58 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 40 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; BBiG § 2 Abs. 1 Fassung: 1969-08-14, § 27 Fassung: 1969-08-14, § 28 Fassung: 1969-08-14, § 44 Fassung: 1969-08-14, § 45 Fassung: 1969-08-14; HwO §§ 26a, 27, 41, 41a; AusbFöAnO § 2 Nr. 2 Fassung: 1969-10-31, Nr. 3 Fassung: 1969-10-31, Nr. 4 Fassung: 1969-10-31; RehaAnO § 3 Abs. 1 Fassung: 1970-07-02, § 10 Nr. 2 Fassung: 1970-07-02, Nr. 3 Fassung: 1970-07-02, Nr. 4 Fassung: 1970-07-02; AFG §§ 39-40
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. April 1974 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Ausbildung des F S (S.) in der Lehrwerkstatt der privaten Heimsonderberufsfach- und Sonderberufsschule für hörgeschädigte Jugendliche, P, nach § 40 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu fördern hat.
Der am 19. Dezember 1955 geborene S. leidet an einer hochgradigen Hörbehinderung. Seit dem 13. September 1971 wird er in der P in W ausgebildet. Diese Anstalt ist eine private Heimsonderberufs- und Berufsfachschule für hörgeschädigte Jugendliche. Ab 1. April 1972 ist ihr die Eigenschaft einer anerkannten Ergänzungsschule verliehen worden.
Die Ausbildung des S. begann mit einem einjährigen Berufsvorbereitungsjahr. In dieser Zeit wurden praktische und theoretische Grundkenntnisse verschiedener Berufe vermittelt, um damit den Auszubildenden die Wahl des für sie besonders erfolgversprechenden Berufs zu ermöglichen. Hieran anschließend begann S. ab 1. September 1972 die Berufsausbildung im Beruf des Mechanikers. Hierüber wurde ein Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen, der von der Handwerkskammer in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen wurde. Die Ausbildung sollte am 31. August 1975 enden. Die Kosten der Ausbildung wurden zunächst gemäß § 44 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) von dem Kläger getragen.
Das Arbeitsamt lehnte den Antrag des S. auf Bewilligung einer Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) ab (Bescheid vom 28. Januar 1972). Nach Zugang des Bescheides leitete der Kläger die Ansprüche des S. gegen die Beklagte nach § 90 BSHG auf sich über (Schreiben an das Arbeitsamt, zugegangen am 18. Februar und 18. April 1972). Außerdem legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte erteilte daraufhin dem Kläger einen Bescheid, daß der Überleitungsanzeige nicht entsprochen werden könne (Bescheid vom 29. März 1972). Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 18. April 1972).
Mit der Klage begehrt der Kläger die Erstattung der für die Ausbildung des S. aufgewendeten Kosten. Das Sozialgericht (SG) Stuttgart hat durch Urteil vom 25. August 1972 die Bescheide des Arbeitsamtes vom 28. Januar 1972 und 29. März 1972 sowie den Widerspruchsbescheid vom 18. April 1972 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger BAB ab 13. September 1971 zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Urteil vom 24. April 1974 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt: Bei der Ausbildung des S. in der P handele es sich nicht um eine betriebliche oder überbetriebliche Ausbildung i. S. des § 40 AFG. Schon dem Wortlaut nach gehöre hierzu nicht die Ausbildung in Schulen. Die P habe den Charakter einer Schule. Sie sei staatlich als Ergänzungsschule anerkannt. Es handele sich um eine Berufsfachschule, da im Anerkennungsbescheid von der zuständigen Behörde ausdrücklich der Charakter als Berufsfachschule erwähnt sei. Für die grundsätzliche Abgrenzung sei es ohne Bedeutung, daß evtl. die nach § 2 Abs. 2 BAföG für die Förderung des Besuchs von Ergänzungsschulen notwendige besondere Anerkennung der zuständigen Landesbehörde fehle. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den §§ 57 ff AFG in der bis zum 30. September 1974 in Kraft gewesenen Fassung (AFG aF). Die besonderen Verhältnisse der Behinderten könnten nur insoweit berücksichtigt werden, als Behinderte nicht imstande seien, die allgemeinen Voraussetzungen gerade wegen ihrer Behinderung zu erfüllen. Es sei jedoch kein Grund ersichtlich, daß Behinderte nur an schulischer Ausbildung, nicht hingegen an betrieblicher Ausbildung teilnehmen könnten. Schließlich sei internatsmäßige Unterbringung kein besonderes Erfordernis der Ausbildung Behinderter, sondern auch bei gesunden Auszubildenden anzutreffen.
Mit der - zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 40 und 56 bis 58 AFG a. F.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Nach § 40 AFG a. F., der gemäß § 58 AFG a. F. auch für Behinderte gilt, kann eine Ausbildung nur gefördert werden, wenn sie in Betrieben oder überbetrieblichen Einrichtungen erfolgt. Zu den überbetrieblichen Einrichtungen i. S. des § 40 AFG zählen nicht nur solche, die die betriebliche Ausbildung ergänzen, sondern auch diejenigen, die - wie möglicherweise in der P - eine Berufsausbildung ganz oder überwiegend überbetrieblich durchführen. Dies folgt daraus, daß das BBiG und die HwO, die auf den größten Teil der nach § 40 AFG zu fördernden Ausbildungen anzuwenden sind, solche in vollem Umfang überbetrieblich durchgeführten Ausbildungen zulassen und das AFG keinen Anhalt bietet, daß diese Form der Ausbildung von der Förderung ausgeschlossen sein soll. Die §§ 27, 28 BBiG und die §§ 26 a, 27 HwO vermitteln allerdings für sich betrachtet den Eindruck, daß die Ausbildung nach dem BBiG und der HwO stets zumindest teilweise eine betriebliche sein müsse (so auch Herkert, BBiG, § 27 Rziff. 4). In diesen Vorschriften ist nämlich bestimmt, daß in einem anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf (§ 28 BBiG, § 27 HwO) und die Ausbildungsordnung festlegen kann, daß die Berufsausbildung in "geeigneten Einrichtungen außerhalb der Ausbildungsstätte" durchgeführt wird, "wenn und soweit es die Berufsausbildung erfordert". Es ist jedoch nirgends festgelegt, daß die Ausbildungsstätte im Sinne dieser Vorschriften eine betriebliche sein muß. Überbetriebliche Einrichtungen im Sinne des BBiG und der HwO können daher sowohl solche sein, die eine betriebliche (oder überbetriebliche) Ausbildung ergänzen, als auch solche, die die gesamte Ausbildung in einer Lehrwerkstätte vermitteln.
Bei einer Ausbildung in einer überbetrieblichen Einrichtung kommt es zunächst nicht darauf an, wer der Träger dieser Einrichtung ist. Zutreffend geht deshalb die Beklagte auch in ihrer Dienstanweisung - DA - Nr. 2.03 zur Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung - AAusb vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213) davon aus, daß die Förderung einer Ausbildung nicht nur dann in Betracht kommt, wenn die überbetriebliche Einrichtung von Kammern oder Organisationen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer getragen wird, sondern auch dann, wenn sie im Rahmen der Wohlfahrtspflege von örtlichen oder überörtlichen Sozialhilfeträgern, Trägern der freien Wohlfahrtspflege oder anderen Institutionen unterhalten wird.
Entgegen der Auffassung des LSG wird die Förderung nach § 40 AFG auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Lehrwerkstätte, in der die Ausbildung durchgeführt wird, einer als Schule anerkannten Einrichtung angegliedert ist. Ein Ausbildungsberuf kann allerdings nicht nur durch Ausbildung nach dem BBiG und der HwO erlernt werden, sondern - soweit dies von der Sache her möglich ist - auch in schulischer Form. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 BBiG. Dort ist bestimmt, daß das BBiG nicht für eine Berufsausbildung gilt, die in berufsbildenden Schulen durchgeführt wird, welche den Schulgesetzen der Länder unterstehen. Eine Übernahme der darin liegenden Abgrenzung für eine Abgrenzung zwischen Schule und überbetrieblicher Einrichtung i. S. des § 40 AFG ist aber nicht möglich, weil § 2 Abs. 1 BBiG durch die unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen der Länder und des Bundes einerseits und durch die Notwendigkeit der Regelung von Aufsichtsbefugnissen zwischen Ländern und zuständiger Stelle nach dem BBiG und der HwO andererseits bedingt ist. Derartige Gesichtspunkte sind für die Förderung nach dem AFG jedoch nicht entscheidend. Es kann deshalb hier dahinstehen, ob eine Ausbildung an berufsbildenden Schulen i. S. des § 2 BBiG schon dann vorliegt, wenn die Ausbildungseinrichtung (Lehrwerkstätte) Teil einer als Schule anerkannten Einrichtung ist, oder erst dann, wenn die Ausbildung inhaltlich eine schulische ist. Ebensowenig kommt es darauf an, unter welchen Voraussetzungen eine Einrichtung formell als Schule oder Bestandteil einer Schule anerkannt wird.
Die Beschränkung der Förderung nach § 40 AFG auf Ausbildung in Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen hat ihre Funktion in der sachlichen Begrenzung von Förderungsleistungen, insbesondere auch in der Abgrenzung zum BAföG. Was unter einer "überbetrieblichen Einrichtung" zu verstehen ist, muß deshalb in erster Linie dem AFG selbst entnommen werden. Die Eingrenzung der Förderung auf Ausbildungen in Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen in § 40 AFG enthält nicht nur eine Eingrenzung der Lernorte, sondern zugleich einen Hinweis auf die inhaltliche Struktur der Ausbildung. Betriebliche Ausbildung erfolgt nämlich im Gegensatz zu weiten Bereichen schulischer Ausbildung überwiegend nicht durch eine theoretisch-systematische Ausbildung, sondern regelmäßig durch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten anhand der jeweils anfallenden praktischen Arbeitsaufgaben. Diese die betriebliche Ausbildung prägende Gestaltung ist somit für die Abgrenzung nach § 40 AFG maßgebend. Überbetriebliche Einrichtungen, die eine Vollausbildung vermitteln, müssen diesem Modell mit den Einschränkungen, die sich aus einem reinen Lehrbetrieb notwendig ergeben, entsprechen. Es muß sich auch in diesen Einrichtungen um praktische Ausbildung anhand der im Beruf anfallenden Aufgaben und unter Überwachung durch einen Ausbilder handeln, wie dies auch in Betrieben üblich ist. Von dem Vorliegen dieser Voraussetzungen kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Ausbildung hauptsächlich in einer Lehrwerkstatt stattfindet, daneben im wesentlichen nur noch die Berufsschule besucht wird, für die Ausbildung Ausbildungsverträge abgeschlossen und von der zuständigen Stelle nach dem BBiG oder der HwO in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eingetragen worden sind. Durch die Eintragung der Ausbildungsverhältnisse in das entsprechende Verzeichnis wird nämlich anerkannt, daß es sich um eine Ausbildung nach dem BBiG oder der HwO handelt, die inhaltlich den Anforderungen genügen muß, die diese Gesetze stellen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch Ausbildungen nach dem BBiG und der HwO dem Grundmodell nach betriebliche Ausbildungen sind (insoweit zutreffend: Herkert BBiG, § 27 Rziff. 4). Auch soweit die Ausbildung vollständig in überbetrieblichen Einrichtungen erfolgt, muß sie, soweit sie nicht in Schulen stattfindet und deshalb das BBiG und die HwO einschließlich der Vorschriften über die Eintragung in das Verzeichnis überhaupt nicht anwendbar sind, diesem Grundmodell entsprechen.
Ob sich die Ausbildung des S. in der P in der Form der schulischen oder einer dem § 40 AFG entsprechenden Form der überbetrieblichen Ausbildung vollzogen hat, kann nach den vom LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus getroffenen bisherigen tatsächlichen Feststellungen abschließend noch nicht entschieden werden. Für eine schulische Ausbildung könnte nicht nur sprechen, daß inzwischen Leistungen nach dem BAföG gewährt werden, sondern auch, daß die P als Schule anerkannt ist und sich die Anerkennung auch auf die Lehrwerkstätten erstreckt, die dann der Aufsicht des Kultusministers des Landes Baden-Württemberg unterstehen. Dagegen - und für eine überbetriebliche Ausbildung i. S. des § 40 AFG - spricht aber, daß die Ausbildungsverhältnisse in das Verzeichnis der zuständigen Stelle eingetragen worden sind. Das deutet darauf hin, daß diese Stelle die Befugnis und Pflicht hat, die Ausbildung gemäß den §§ 40, 45 BBiG (oder §§ 41, 41 a HwO) zu regeln und zu überwachen. Da auch nicht festgestellt ist, in welchem Umfang sich die Ausbildung außerhalb der Lehrwerkstätte vollzogen hat, diese Feststellungen das Revisionsgericht nicht selbst treffen kann, muß das Urteil aufgehoben und die Sache an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.
Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht die folgenden rechtlichen Erwägungen zu beachten haben:
Eine schulische Einrichtung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine "auf gewisse Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferten Formen organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts (handelt), die durch planmäßige und methodische Unterweisung eines größeren Personenkreises in einer Mehrzahl allgemeinbildender oder berufsbildender Fächer bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen bestrebt ist und die nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung als Schule angesehen wird" (Heckel, Privatschulrecht, S. 218). Dem entspricht auch § 4 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens des Landes Baden-Württemberg vom 5. Mai 1964 (Bad-Württemb. GBl S. 235). Dort heißt es: "Die Berufsfachschule dient der Vorbereitung auf den Beruf durch Vermittlung der erforderlichen fachlichen Kenntnisse und einer weitergehenden und vertieften allgemeinen Bildung". Eine schulische Ausbildung liegt somit nicht vor, wenn - neben der ohnehin erforderlichen Berufsschule - keine Vertiefung der Allgemeinbildung erfolgt und sich die Unterweisung in der Lehrwerkstätte im wesentlichen an praktischen Arbeitsaufgaben, also am Werkstück, vollzieht. Eine derartige Ausbildung entspricht dann auch nicht den traditionellen Formen schulischen Unterrichts (vgl. dazu auch BSG SozR Nr. 33 zu § 1267 RVO). Es kann sich dann um eine Ausbildung in einer überbetrieblichen Einrichtung im Sinne des Berufsbildungsrechts und des AFG handeln.
Erweist sich nach dem Ergebnis der tatsächlichen Feststellungen, daß die Ausbildung des S. nach dem AFG zu fördern war, so kann auch die Förderung des einjährigen Berufsvorbereitungsjahrs nicht mehr daran scheitern, daß es nicht auf eine förderungsfähige Ausbildung gerichtet war. Vielmehr ist dann inhaltlich zu prüfen, ob es die Voraussetzungen des AFG und der AReha 1970 erfüllt. Dem Urteil des LSG ist nur zu entnehmen, daß das von S. durchlaufene Berufsvorbereitungsjahr Elemente der Arbeitserprobung (Finden des am besten geeigneten Berufs), von Förderungslehrgängen (Erreichen der Berufsreife) und von Grundausbildungslehrgängen (Vermittlung beruflicher Grundkenntnisse auf breiter Basis) enthalten hat. Da alle diese Formen einzeln förderbar sind, besteht auch kein grundsätzliches Hindernis, sie in einer Mischform zu fördern. Im übrigen ist zu beachten, daß § 10 AReha 1970 keine abschließende Regelung ist. Dies wird besonders durch die zu § 40 AFG aF ergangene AAusb deutlich. § 40 AFG aF nennt neben Grundausbildungslehrgängen und Förderungslehrgängen auch "andere berufsvorbereitende Maßnahmen". Dieser Kreis von Maßnahmen kann durch die Anordnungen zwar geregelt, nicht aber ausgeklammert werden. § 2 AAusb, der solche Maßnahmen überhaupt nicht erwähnt, kann deshalb nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte dort nur beispielhaft die Maßnahmen aufführen wollte, die ohne weiteres gefördert werden. Es ist nicht zu erkennen, daß dem § 10 A-Reha 1970 ein anderes Prinzip zugrunde liegt. Diese Vorschrift enthält nämlich eine entsprechende Regelung für Behinderte, die sich nur dadurch unterscheidet, daß einige Maßnahmen außerhalb von Grundausbildungs- und Förderungslehrgängen erwähnt sind.
Der Förderung steht es ferner nicht entgegen, wenn in das Berufsvorbereitungsjahr allgemeinbildende Fächer einbezogen worden sind, sofern dieser Unterricht dazu dienen sollte, eine noch nicht vorhandene Berufsreife zu erzielen. Grundsätzlich gehört allerdings allgemeinbildender Unterricht nicht zur beruflichen Bildung und damit auch nicht in den von der BA zu fördernden Bereich (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1976 - 12/7 RAr 41/75 -). In § 40 AFG ist aber ausdrücklich vorgesehen, daß auch berufsvorbereitende Maßnahmen zu fördern sind. Hierzu gehören u. a. Maßnahmen zur Erzielung der Berufsreife (§ 2 Nr. 4 A-Ausb). Berufsreife ist ohne Einbeziehung von allgemeinbildenden Fächern regelmäßig nicht zu erzielen. Dies gilt vor allem für Grundlagenfächer wie Rechnen, Schreiben, Lesen und Zeichnen. Mit der Verpflichtung zur Förderung berufsvorbereitender Maßnahmen hat das AFG demnach eine gesetzliche Ausnahme von der Regel festgelegt, daß die Förderung von Allgemeinbildung nach dem AFG ausgeschlossen ist. Erforderlich ist aber auch in diesen Fällen, daß die Vermittlung von allgemeinbildenden Kenntnissen und Fertigkeiten in einer berufsbezogenen Weise und in Kombination mit der Vermittlung beruflicher Bildung erfolgt.
Auch die Vermittlung von Verständigungstechniken für Hörbehinderte im Zuge des Berufsvorbereitungsjahres würde die Förderung dieses Bildungsabschnitts nicht ohne weiteres ausschließen. Allerdings gehören auch allgemeine Kommunikationshilfen für Behinderte grundsätzlich nicht zur beruflichen Bildung. Nicht zu fördern ist deshalb jede Unterweisung und Übung, die unternommen wird, um die Voraussetzungen für das Erlernen erst herzustellen oder zu verbessern. Derartige Maßnahmen sind dem Bereich der Therapie zuzuordnen. Hierzu gehören auch Maßnahmen, die zwar den körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand nicht verändern, aber körperliche Mängel ausgleichen sollen, wie z. B. Verständigungstechniken. Ihnen kommt im Hinblick auf die berufliche Bildung eine ähnliche Funktion zu wie der Therapie (vgl. neuerdings §§ 10 und 11 des Gesetzes über die Angleichungen der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 - BGBl I S. 1881). Werden solche Kommunikationshilfen aber aus Anlaß und mit dem Ziel der Berufsausbildung in einer berufsbezogenen Weise und in Verbindung mit beruflicher Bildung vermittelt, so sind auch solche Maßnahmen zu dem berufsvorbereitenden Maßnahmen im Sinne des § 40 AFG zu rechnen.
Da die Unterweisung bei solchen Maßnahmen ohnehin in vielen Fällen in schulischer Form erfolgen muß, kommt es nicht darauf an, ob sie inhaltlich mehr praktisch oder mehr theoretisch ausgestaltet sind. Schließlich ist auch unerheblich, ob die Maßnahme innerhalb einer Schule oder als unabhängige Veranstaltung angeboten wird.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen