0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten.
Mit Art. 5 Nr. 1 des SGB IX v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) ist mit Wirkung zum 1.7.2001 in Abs. 2 der Verweis auf das SGB IX eingefügt worden.
Durch Art. 4 Nr. 1, Art. 70 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) ist mit Wirkung zum 1.7.2004 in Abs. 2 der Satz 2 (persönliches Budget) eingefügt worden.
Mit Art. 1 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) wurde mit Wirkung zum 1.1.2012 Abs. 1a eingefügt.
Mit Art. 6 Nr. 1, Art. 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 in Abs. 2 der Satz 2 ("Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend.") neu gefasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält allgemeine Grundsätze für das Leistungsrecht der GKV. Abs. 1 hebt das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Leistungen hervor, welches in Abs. 4 auch auf die Leistungserbringer und die Versicherten ausgedehnt wird. Zugleich werden Leistungen, die der Eigenverantwortlichkeit der Versicherten zuzurechnen sind, von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgeschlossen. Der erst mit Wirkung zum 1.1.2012 eingefügte Abs. 1a, mit dem der Beschluss des BVerfG v. 6.12.2005 (1 BvR 357/98, sog. Nikolausbeschluss) in das Gesetz übernommen wurde, soll klarstellen, dass es sich hierbei um eine Ausnahme von Abs. 1 Satz 3 handelt (so Begründung in BT-Drs. 17/6906 S. 52). In Abs. 2 wird das Sachleistungsprinzip der GKV statuiert, das auch die Notwendigkeit der Verträge mit Leistungserbringern begründet (Satz 3), zugleich wird aber auch auf mögliche Ausnahmen vom Sachleistungsgrundsatz hingewiesen. Abs. 3 betrifft die Auswahl der Leistungserbringer und die Berücksichtigung der religiösen Bedürfnisse der Versicherten.
Rz. 3
Entsprechend dem Einweisungscharakter der Vorschrift enthält die Vorschrift keine für sich gesehen justiziablen Regelungen, sondern lediglich allgemeine Grundsätze, die in den Leistungsvorschriften (§§ 11 ff.) konkretisiert werden, sodass § 2 lediglich als Auslegungshilfe heranzuziehen ist. Dies gilt auch für die in Abs. 1a genannten Ansprüche, denn damit wird lediglich auf die bereits geltenden Anspruchsvoraussetzungen gemäß grundrechtskonformer Auslegung des Leistungsrechts ins Gesetz übernommen (BT-Drs. 17/6906 S. 52).
2 Rechtspraxis
2.1 Wirtschaftlichkeitsgebot (Abs. 1)
Rz. 4
Entsprechend dem Grundanliegen des Gesundheitsreformgesetzes – GRG, dem Kostenanstieg der gesetzlichen Krankenversicherung und damit den steigenden Beitragssätzen entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 132), wurde der Grundsatz der "Wirtschaftlichkeit" und der "ausreichenden Versorgung" in den Vordergrund für die Leistungsgewährung gestellt. Dieser Grundsatz wird in § 12 und anderen Leistungsvorschriften noch einmal wiederholt und dahin gehend konkretisiert, dass Versicherte unwirtschaftliche Leistungen nicht beanspruchen können, Leistungserbringer sie nicht bewirken und die Krankenkassen diese nicht bewilligen dürfen. Diese Begrenzung gilt auch, im Interesse der Begrenzung der Kosten im Gesundheitswesen insgesamt, nachdem die Beitragssätze in den §§ 241 ff. gesetzlich festgelegt wurden.
Rz. 5
Der Inhalt dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes ist gesetzlich nicht näher definiert. Da jedenfalls notwendige, fachlich qualitative und dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Leistungen zum Leistungsinhalt gehören, sind die diesen Anforderungen entsprechenden Leistungen mit der daraus folgenden Vergütungspflicht durch die Krankenkassen auch als wirtschaftlich anzusehen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot betrifft nicht nur die Leistungserbringung in Einzelfall, sondern auch die allgemeine Ausgestaltung des Leistungsrechts durch untergesetzliche Normen und Richtlinien (so Axer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 2 Rz. 3 f.). Danach wären unwirtschaftlich lediglich solche Leistungen, die entweder objektiv gar nicht erforderlich sind, über das notwendige Maß hinausgehen oder trotz qualitativ vergleichbarer anderer Möglichkeiten in einer Mehrkosten verursachenden Weise erbracht werden. Eine Verordnung von Heilmitteln, die ohne jegliche medizinische Indikation und in der Kenntnis verordnet werden, dass die verordneten Leistungen gar nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen, erfüllt den Straftatbestand der Untreue (BGH, Beschluss v. 16.8.2016, 4 StR 163/16, NJW 2016, 3253).
Das Wirtschaftlichkeitsgebot findet in § 39 Abs. 1 insbesondere bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhau...