Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
1 Allgemeines
Wer die Anlage EÜR abgeben muss
Wer seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, muss eine Anlage EÜR abgeben, und zwar immer auf elektronischem Weg. Der amtlich vorgeschriebene Vordruck "Einnahmenüberschussrechnung – EÜR (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG)" ist zusammen mit der Steuererklärung einzureichen.
Zur Verpflichtung, Bücher zu führen bzw. zur Möglichkeit, die Einnahmenüberschussrechnung zu wählen, → Anlage G – Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Wahl der Gewinnermittlungsart.
Ausnahmen u. a. in Härtefällen
In Härtefällen kann die Finanzbehörde auf Antrag auf die elektronische Übermittlung verzichten. Für diese Fälle stellen die Finanzämter Papiervordrucke der Anlage EÜR zur Verfügung.
Weitere Ausnahmefälle hat die OFD Nordrhein-Westfalen in einer bundesweit abgestimmten Verfügung v. 20.4.2018, Kurzinfo ESt 03/2018, geregelt:
Für jeden Betrieb ist eine separate Einnahmenüberschussrechnung zu erstellen.
Die Anlage EÜR ist nach § 60 Abs. 4 EStDV zwingend elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
Bei Personengesellschaften (z. B. GbR oder KG) ist die Anlage EÜR für den gesamthänderischen Bereich elektronisch zu übermitteln. Daneben sind für jeden Beteiligten, für den entsprechende Angaben erforderlich sind, die Sonder- und Ergänzungsrechnungen für Personengesellschaften (Ermittlungen der Sonderbetriebseinnahmen – Anlage SE – und Sonderbetriebsausgaben sowie die Ergänzungsrechnungen – Anlage ER) und die Schuldzinsenermittlungen nach § 4 Abs. 4a EStG zusätzlich gesondert elektronisch einzureichen.
[Überblick]
Im Bedarfsfall ausfüllen |
Seite 1 |
Betriebseinnahmen (Zeilen 12–23) Hier sind die Betriebseinnahmen einzutragen, die im Wirtschaftsjahr zugeflossen sind. Beachten Sie die Besonderheiten bei der Umsatzsteuer und bei Entnahmen aus dem Betriebsvermögen. |
Seiten 1 bis 3 |
Betriebsausgaben (Zeilen 24–75) Hier tragen Sie alle Betriebsausgaben ein, die den Gewinn des Wirtschaftsjahres mindern. |
Seiten 3 und 4 |
Ermittlung des Gewinns (Zeilen 76–98) In diese Zeilen müssen Sie Beträge eintragen, die zwar nicht als Betriebseinnahmen oder -ausgaben angesehen werden, aber doch Auswirkungen auf den Gewinn haben. |
Seite 4 |
Ergänzende Angaben (Zeilen 99–107) Rücklagen und stille Reserven (Zeilen 99–105) Hier tragen Sie gewinnmindernde Rücklagen nach § 6b EStG, Ersatzbeschaffungen und Ausgleichsposten nach § 4g EStG ein. Entnahmen und Einlagen (Zeilen 106–107) Falls Sie Einlagen oder Entnahmen getätigt haben, führen Sie diese hier auf. Dazu gehören neben Wirtschaftsgütern und Leistungen, die Sie privat in Anspruch genommen haben, auch Geldentnahmen und -einlagen. |
Anlagen |
Anlageverzeichnis/Ausweis des Umlaufvermögens, Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen |
2 Allgemeine Grundsätze der Einnahmenüberschussrechnung
Solange der Unternehmer keiner gesetzlichen Buchführungspflicht (§ 238 HGB; §§ 140, 141 AO, auch ausländische Vorschriften lt. BFH, Urteil v. 20.4.2021, IV R 3/20, BFH/NV 2021 S. 1256) unterliegt oder nicht freiwillig Bücher führt und Abschlüsse erstellt, kann er zwischen der Einnahmenüberschussrechnung und der Buchführung wählen und somit auch freiwillig Bücher führen.
Einzelheiten zur Wahl der Gewinnermittlungsart s. Erläuterungen zu → Anlage G – Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Wahl der Gewinnermittlungsart.
Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufbewahren (§ 147 AO). § 4 Abs. 3 EStG enthält selbst keine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Einnahmen und/oder Betriebsausgaben.
Allerdings kann auch bei der EÜR von den besonderen Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs. 7 EStG im Hinblick auf die beschränkt abzugsfähigen Betriebsausgaben nicht abgesehen werden. Eine geordnete Belegsammlung genügt diesen Anforderungen nicht. Dieser Aufzeichnungspflicht wird nur genügt, wenn die betroffenen Aufwendungen jeweils von Anfang an, fortlaufend und zeitnah, gesondert von sonstigen Betriebsausgaben schriftlich festgehalten werden, weil nur so die sachlich zutreffende Zuordnung solcher Aufwendungen und die einfache Prüfung ihrer Abziehbarkeit gewährleistet ist (Hessisches Finanzgericht, Urteil v. 13.10.2022, 10 K 1672/19, Rev. beim BFH Az. VIII R 6/24).
Im Übrigen bedeutet das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft hinnehmen muss. Der Steuerpflichtige trägt das Risiko, dass das FA oder das FG die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann und deshalb die Voraussetzungen für...