Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung im Bereich der Überschusseinkünfte setzt die Absicht voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Folglich liegen keine Einkünfte aus V+V vor, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht fehlt (Liebhaberei).
Bei den Einkünften aus V+V geht der BFH nach ständiger Rspr. bei einer auf Dauer angelegten Vermietung von Wohnimmobilien grds. ohne weitere Prüfung vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht aus (z. B. BFH, Beschluss v. 29.3.2022, IX B 18/21, BFH/NV 2022 S. 720). Dies gilt nur dann nicht, wenn besondere Umstände oder Beweisanzeichen gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jedes einzelne vermietete Gebäudeteil/Objekt gesondert zu prüfen (BFH, Urteil v. 9.10.2013, IX R 2/13, BFH/NV 2014 S. 950).
Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist immer zu prüfen, wenn
- Objekte vermietet werden, die keine Wohnung sind, z. B. unbebaute Grundstücke oder Gewerbeobjekte (BFH, Beschluss v. 29.3.2022, IX B 18/21, BFH/NV 2022 S. 720),
- es sich um Ferienwohnungen handelt, die sowohl selbst genutzt als auch vermietet werden. Bei ausschließlich vermieteten Ferienwohnungen kann die Einkünfteerzielungsabsicht unterstellt werden (BFH, Urteil v. 21.11.2000, IX R 37/98, BFH/NV 2001 S. 380),
- der Steuerpflichtige sich nur für eine befristete Vermietung entschieden hat,
- die Vermietung eines besonders aufwendig gestalteten Objekts vorliegt,
- Umstände erkennbar sind (Zeitmietvertrag, kurze Finanzierungszeiten, Käufersuche), die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige das Grundstück innerhalb einer Frist, in der er keine Überschüsse erzielen kann, veräußern wird,
- der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück oder eine Wohnung innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs – i. d. R. bis zu fünf Jahren – seit der Anschaffung oder Herstellung tatsächlich veräußert oder selbst nutzt und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (BFH, Urteil v. 9.7.2002, IX R 47/99, BFH/NV 2002 S. 1392) oder
- der Steuerpflichtige bei einem entgeltlich oder unentgeltlich erworbenen Gebäude den vom Rechtsvorgänger abgeschlossenen befristeten Mietvertrag übernimmt, der auch eine Begründung oder Klausel zur beabsichtigten Eigennutzung enthält (BFH, Urteil v. 22.1.2013, IX R 13/12, BFH/NV 2013 S. 1151).
Zur Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist eine Überschussprognose objektbezogen (ggf. auf die einzelne Wohnung beschränkt) für einen Zeitraum von 30 Jahren bzw. für die Dauer der befristeten Vermietung zu erstellen. Dabei sind von der normalen Ermittlung der Einkünfte aus V+V abweichende Besonderheiten zu beachten (BMF, Schreiben v. 8.10.2004, IV C 3 – S 2253 – 91/04, Rn. 33 ff., BStBl 2004 I S. 933).
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige. Er kann gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschüttern, indem er Umstände schlüssig darlegt und ggf. nachweist, die dafürsprechen, dass er den Entschluss zur Veräußerung oder zur Selbstnutzung erst nachträglich gefasst hat (BFH, Urteil v. 9.7.2002, IX R 57/00, BFH/NV 2002 S. 1394).
Die Einkünfteerzielungsabsicht kann zu einem späteren Zeitpunkt sowohl begründet werden als auch wegfallen. Deshalb ist z. B. bei einem befristeten Mietvertrag zunächst nicht vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Wird zu einem späteren Zeitpunkt das befristete in ein unbefristetes Mietverhältnis umgewandelt, kann ab diesem Zeitpunkt vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden. Ebenso ist bei erneuter Vermietung der Wohnung wieder zu prüfen, ob eine dauernde Vermietungsabsicht vorliegt.
In die zur Ermittlung der Einkünfteerzielungsabsicht durchzuführende Prognoserechnung sind auch nach Beginn der Vermietungstätigkeit eintretende tatsächliche Veränderungen, die auf eine zukünftige Verbesserung der Einnahmesituation schließen lassen, einzubeziehen, wenn sie im (jeweiligen) Streitjahr objektiv erkennbar angelegt waren (BFH, Urteil v. 16.9.2015, IX R 31/14, BFH/NV 2016 S. 188).