Revision eingelegt (BFH II R 35/24)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuerliche Steuerklassenbestimmung bei der erstmaligen Vermögensausstattung von Familienstiftungen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Familienstiftungen bestimmt sich die Steuerklasse für den schenkungsteuerbaren Übergang von Vermögen des Stifters im Rahmen der erstmaligen Vermögensausstattung der Familienstiftung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG allein nach dem Verhältnis des Stifters zu den (potentiellen) Bezugsberechtigten der Stiftung.
2. Welche Personen für den Fall der Auflösung der Stiftung als Anfallsberechtigte das dann ggf. noch vorhandene Restvermögen erhalten würden, ist unbeachtlich.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1, § 15 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Strittig ist, ob für die schenkungsteuerliche Behandlung der Zahlung des Grundstockvermögens zu einer Familienstiftung bei der Bestimmung der Steuerklasse gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG hinsichtlich des Begriffs "Berechtigter" allein auf das Verwandtschaftsverhältnis des Stifters zu dem/den Bezugsberechtigten der Klägerin abzustellen ist, wie die Klägerin dies fordert, oder ob auch das Verwandtschaftsverhältnis zu etwaigen Anfallsberechtigten zu berücksichtigen ist, wie der Beklagte dies vertritt. Dies wirkt sich im Streitfall auf die Höhe des anzuwendenden Freibetrags nach § 16 ErbStG und damit auf die Frage aus, ob für den Streitfall eine über den Betrag von 0 Euro hinausgehende Schenkungsteuer festgesetzt werden konnte.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Familienstiftung des privaten Rechts, die durch Herrn T. mit Satzung vom 22. März 2021 errichtet wurde. Die Klägerin sollte mit einem anfänglichen Grundstockvermögen in Höhe von 25.000 Euro ausgestattet werden. Die Satzung der Klägerin hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 1. Name, Rechtsform und Sitz
(1) Die Stiftung führt den Namen "S - Stiftung".
(2) Sie ist eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts.
(3) Sitz der Stiftung ist L. (…)
§ 2. Stiftungszwecke
(1) Zweck der Stiftung ist die ideelle und finanzielle Unterstützung folgender Personen:
1. des Stifters, T.;
2. der Ehefrau des Stifters (…)
3. der Tochter (…)
(2) Nach ihrem Ableben treten an die Stelle der Tochter (…) deren leibliche Abkömmlinge.
(…)
(4) Die Stiftungszwecke werden insbesondere verwirklicht durch:
1. die finanzielle Förderung der Begünstigten,
2. die ideelle und finanzielle Förderung der Berufsausbildung, des Studiums, der und (sic!) beruflichen Existenzgründung der leiblichen Nachkommen der Tochter des Stifters,
3. Gemeinsame Erlebnisse, Feste, Veranstaltungen und Reisen sowie regelmäßige Familientreffen,
4. die Gewährung von Zuschüssen zu den Kosten für Gesundheit (…),
5. die Gewährung von Zuschüssen zu den Kosten für die Zahlung von Erbschaftsteuern sowie Beerdigungskosten und Grabpflege.
§ 3. Stiftungsvermögen
(1) Das gesamte Vermögen der Stiftung besteht aus
1. dem anfänglichen Grundstockvermögen nach Maßgabe des Stiftungsgeschäfts,
2. Zustiftungen zum Grundstockvermögen,
(…)
§ 4. Stiftungsmittel
(1) Die Stiftung erfüllt ihre Aufgaben aus
1. den Erträgen des Stiftungsvermögens,
2. sonstigen Zuwendungen, soweit diese nicht ausdrücklich zur Erhöhung des unantastbaren Stiftungsvermögens bestimmt sind (=Spenden),
3. Umschichtungsgewinne[n], soweit sie zur Erfüllung der Stiftungszwecke bestimmt worden sind.
(2) Ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung besteht - auch nach wiederholter Gewährung von Leistungen - nicht.
§ 6. Stiftungsvorstand
(1) Der Vorstand besteht aus 1 - 3 Mitgliedern.
(2) Erstes Mitglied des Vorstandes ist der Stifter, Herr T. (…)
(4) Zu Lebzeiten des Stifters und nach Anerkennung der Stiftung werden die Mitglieder des Vorstandes durch den Stifter berufen. Soweit der Stifter verstirbt oder objektiv nicht mehr in der Lage oder willens sein sollte, von seinem Bestellungsrecht Gebrauch zu machen, geht dieses Recht auf Frau S. (…) alleine über.
(…)
§ 9. Satzungsänderungen (…)
(1) Der Stifter ist zu seinen Lebzeiten berechtigt, diese Satzung zu ändern. (…)
§ 10. Vermögensanfall
Bei Aufhebung oder Auflösung der Stiftung fällt das Stiftungsvermögen an den Stifter, sofern dieser dann noch leben sollte. Sofern bei Aufhebung oder Auflösung der Stiftung der Stifter nicht mehr leben sollte, fällt das Stiftungsvermögen zu gleichen Teilen an die Ehefrau des Stifters und die Tochter des Stifters.
Sofern bei Aufhebung oder Auflösung der Stiftung der Stifter und seine Ehefrau nicht mehr leben sollten, fällt das Stiftungsvermögen an die Tochter des Stifters.
Sofern bei Aufhebung oder Auflösung der Stiftung der Stifter und seine Ehefrau sowie die Tochter nicht mehr leben sollten, fällt das Stiftungsvermögen an die leiblichen Kinder der Tochter des Stifters, sofern vorhanden.
Sofern bei Aufhebung oder Auflösung der Stiftung der Stifter und seine Tochter nicht mehr leben sollten und sofern die Tochter bei ihrem Ableben keine leiblichen Kinder hatte, fällt das Stiftungsvermögen an die Ehefrau des Stifters und an Frau S. zu gleichen Teilen.
Sofern bei Aufhebu...