Leitsatz

Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind diverse Verlustverrechnungsregelungen zu beachten. Seit 2021 dürfen in einem Veranlagungsjahr Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden, und zwar maximal bis zu einer Höhe von 20.000 EUR. Die nur im Veranlagungsverfahren anzuwendende Verlustverrechnungsregelung hält der BFH bei summarischer Prüfung als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Grundsätzliches

Nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG dürfen Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Über diese allgemeine Verlustverrechnungsregelung hinaus bestimmt der Gesetzgeber weitere spezielle Verlustverrechnungskreise bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die verfassungsrechtlich bedenklich sind.

Verluste aus Termingeschäften (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG), die den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind, unterliegen seit 2021 einer doppelten Einschränkung bei der Verlustverrechnung (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG):

  • Verlustverrechnungseinschränkung dem Grunde nach:

    Verluste aus Termingeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG) verrechnet werden. Ein Ausgleich mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ist ausgeschlossen.

  • Verlustverrechnungseinschränkung der Höhe nach:

    Eine Verlustverrechnung ist im Veranlagungsjahr nur bis zur Höhe von 20.000 EUR zulässig. Nicht verrechenbare Verluste werden - zeitlich unbefristet - auf Folgejahre vorgetragen und können in den Folgejahren nach den hier dargestellten Verlustverrechnungsregelungen erneut nur bis zur Höhe von 20.000 EUR verrechnet werden (siehe auch BMF-Schreiben v. 11.7.2023, BStBl I 2023 S. 1471 Rz. 118). Eine Verlustverrechnung in den Folgejahren wird jedoch nur ausgelöst, wenn auch Gewinne erzielt werden.

Zeitliche Anwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung

Diese spezielle Verlustverrechnungsregelung findet auf Verluste Anwendung, die nach dem 31.12.2020 entstehen (§ 52 Abs. 28 Satz 23 EStG). Sie soll schädliche Kapitalmarktspekulationen eindämmen und wurde durch Art. 5 des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen v. 21.12.2019 (BGBl I 2019 S. 2875) eingeführt.

Durch das JStG 2020 v. 21.12.2020 (BGBl I 2020 S. 3096) hat diese Verlustverrechnungsregelung eine Änderung durch die Anhebung der zunächst vorgesehenen Verlustverrechnungshöhe von 10.000 EUR auf 20.000 EUR erfahren.

Kapitalertragsteuerabzug vs. Veranlagung

Nur positive Kapitalerträge aus Termingeschäften werden dem Steuerabzug unterworfen (§ 43 Abs. 1 Nr. 11 EStG). Negative Kapitalerträge aus Termingeschäften wirken sich im Rahmen des Steuerabzugs mangels Nennung in § 43a Abs. 3 Satz 2 EStG bis zum Betrag von 20.000 EUR nicht aus. Solche Verluste sollen vom Steuerentrichtungspflichtigen unaufgefordert bescheinigt werden (BMF, Schreiben v. 11.7.2023, BStBl I 2023 S. 1471 Tz. 118, 229a, 233).

Der Steuerpflichtige muss stets einen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG stellen und die Verluste veranlagen lassen, um deren Verrechnung i.H.v. 20.000 EUR und den Verlustvortrag sicherzustellen (§ 20 Abs. 6 Satz 5 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG).

Offene Frage

In einem Aussetzungsverfahren hatte der BFH darüber zu befinden, ob die Verlustverrechnungsregelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG verfassungsgemäß ist.

 

Sachverhalt

Sachverhalt: Steuer ist höher als der wirtschaftliche Gewinn aus Termingeschäften

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:

  • Die zusammen zur ESt veranlagten Antragsteller erzielten im Streitjahr 2021 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen.
  • In der Einkommensteuererklärung 2021 erklärten die Antragsteller u.a. ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften ohne Steuerabzug von 250.631 EUR und Verluste aus Termingeschäften ohne Steuerabzug von 227.289 EUR.
  • Wirtschaftlich entstand aus den Termingeschäften ein Gewinn von (250.631 EUR - 227.289 EUR =) 23.342 EUR.
  • Steuerlich ließ die Finanzverwaltung jedoch eine Verlustverrechnung nur i.H.v. 20.000 EUR zu, so dass im Ergebnis (250.631 EUR - 20.000 EUR=) 230.631 EUR im VZ 2021 der Besteuerung unterlagen.
  • Die nicht im VZ 2021 verrechneten Verluste werden in den Folgejahren verrechnet, sofern denn in diesen VZ verrechenbare Gewinne erzielt werden bzw. worden sind.

Das Finanzamt setzte für das Streitjahr unter Beachtung der Verlustverrechnungsregelung eine Einkommensteuer i.H.v. 52.280 EUR fest. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Diesen begründeten die Antragsteller mit der vorgeblichen Verfassungswidrigkeit der Verlustverrechnungsnorm, weil die Steuer im Verlustverrechnungsjahr höher als der Netto-Gewinn von 23.342 EUR sei.

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet ab.

FG Rheinland-Pfalz: Aussetzung der Vol...

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