Leitsatz
1. Ehegatten, die auf einem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück ein Wohngebäude errichten, sind als Empfänger der Bauleistungen anzusehen, wenn die Ehegattengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt und als solche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt.
2. Ist bei einer solchen Ehegattengemeinschaft nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig und verwendet dieser einen Teil des Gebäudes ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke (z.B. als Arbeitszimmer), so steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Bauleistungen anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gebäude seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt.
3. Nach den Vorschriften der §§ 15 Abs. 1 und § 14 UStG 1991/1993 reicht für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug des unternehmerisch tätigen Ehegatten eine an beide Ehegatten ausgestellte Rechnung aus, auch wenn sie keine Angaben zu den Anteilen der Ehegatten und keine entsprechenden Teilbeträge ausweist, wenn nach den Umständen des Falls keine Gefahr besteht, dass es zu Steuerhinterziehung oder Missbrauch kommt.
Normenkette
§ 14 Abs. 1 und 4, § 15 Abs. 1 UStG, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL i.d.F. der RL 91/680/EWG vom 16.12.1991
Sachverhalt
Der Kläger erwarb mit seiner Ehefrau zu 1/4 bzw. 3/4 Miteigentum an einem Grundstück. Alle Rechnungen zum Bau des Einfamilienhauses lauteten – wohl nicht nach Anteil aufgeschlüsselt – auf die Miteigentümergemeinschaft. Der Kläger nutzte ein sog. häusliches Arbeitszimmer (12 % der gesamten Fläche) für seine nebenberufliche Fachschriftstellerei (Regelbesteuerung) und wollte 12 % der Vorsteuerbeträge abziehen. Vergeblich beim FA; das FG hielt wenigstens 1/4 davon für abziehbar.
Entscheidung
Der BFH gab der Klage im Anschluss an das EuGH-Urteil Recht. Die seit 1.4.1999 geltende Zuordnungsgrenze für die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 spielte noch keine Rolle.
Hinweis
Es handelt sich um die Nachfolgeentscheidung zum EuGH, Urteil vom 21.4.2005, Rs. C-25/03 – HE – (BFH-PR 2005, 295).
1. Bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung für ein Investitionsgut durch mehrere Personen ist entscheidend, ob die Personenmehrheit als solche eine (umsatzsteuerrechtlich) eigenständige Rechtsperson – Personengesellschaft mit eigener unternehmerischer Tätigkeit – ist oder ob die Personenmehrheit lediglich gemeinschaftlich verbunden ist. Im letzteren Fall ist grundsätzlich jeder Gemeinschafter mit dem für ihn vereinbarten Anteil Leistungsempfänger; d.h. es sind grundsätzlich alle Mitglieder der Gemeinschaft als Auftraggeber auch Leistungsempfänger, sofern sie dazu keine abweichende Vereinbarung treffen. Ist deshalb z.B. eine Ehegattengemeinschaft mit den gemeinsam bestellten Leistungsbezügen (hier für ihr privates Wohnhaus) nicht als Gesellschaft oder Gemeinschaft bürgerlichen Rechts umsatzsteuerrechtlich mit eigener Rechtspersönlichkeit selbst unternehmerisch tätig (z.B. durch Vermietung des Arbeitszimmers an den Unternehmer-Ehegatten), kommt der Vorsteuerabzug für den/die jeweils unternehmerisch tätigen Gemeinschafter/Gesellschafter in Betracht.
2. Bei Erwerb eines Investitionsguts durch zwei eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet, steht diesem Ehegatten und Miteigentümer das Recht auf Vorsteuerabzug für die gesamte Mehrwertsteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand hinausgeht.
3. Ein schönes Ergebnis für den Vorsteuerabzug beim Bau eines privaten Wohnhauses.
Beachten Sie aber Folgendes: Die Anforderungen an die Rechnung haben sich seit den in den Streitjahren 1991 bis 1993 geltenden Fassungen von § 14 UStG und Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL geändert. Für die alten Regelungen hatte der BFH bereits entschieden, dass es ausreicht, wenn die Angaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung (und des Leistungsempfängers) ermöglichen; der Angabenkatalog nach § 14 Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift musste nicht insgesamt erfüllt sein. Auch der EuGH machte den Vorsteuerabzug des allein unternehmerisch tätigen Miteigentümers weder von der Aufteilung der Leistungen auf die Miteigentümer nach ihren Anteilen noch von der Aufteilung von Entgelt und darauf entfallender Steuer in einer an die Miteigentümer ausgestellten Rechnung abhängig; denn die 6. EG-RL in der damals geltenden Fassung sah über die Mindesterfordernisse hinaus – getrennter Ausweis von Preis ohne Steuer und Steuerbetrag – keine weiteren Angaben vor.
Begründung: Zwar darf die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden, aber nur, soweit dies zur Erhebung der Mehrwertsteuer und ihrer Überprüfung durch die Finanzverwaltung erforderlich ist; die Anforderungen dürfen das Vorsteuerabzugsrecht nicht...