Leitsatz
Investitionszulage ist nach ständiger Rechtsprechung auch für vor Betriebseröffnung angeschaffte Wirtschaftsgüter zu gewähren, sofern der Betrieb zügig errichtet und alsbald eröffnet wird (seit BFH, Urteil vom 11.3.1988, III R 113/82, BStBl II 1988, 636).
Der Beendigung der Anschaffung steht es nicht entgegen, wenn derartige Wirtschaftsgüter wegen der erst noch nachfolgenden Betriebseröffnung tatsächlich noch nicht eingesetzt werden.
Normenkette
§§ 2 Satz 1, 3 Satz 3, 6 Abs 1 Satz 1 InvZulG 1991
Sachverhalt
Die Klägerin hatte im Januar 1992 eine Zahnarztpraxis eröffnet. Mit Antrag vom 21.9.1993 begehrte sie Investitionszulage sowohl für im Jahr 1992 als auch bereits im Jahr 1991 vor Eröffnung ihrer Praxis getätigte Investitionen.
Das FA versagte die Investitionszulage für einen Autoklav (Druckerhitzer) und ein Folienschweißgerät. Es war der Auffassung, der Antrag für diese beiden Geräte, die schon 1991 angeschafft worden waren, hätte bis zum 30.9.1992 gestellt werden müssen.
Das FG gab der Klage hinsichtlich des Autoklavs statt. Dieser sei erst mit Eröffnung der Praxis von der Klägerin ins Betriebsvermögen übernommen worden. Der BFH hob die Entscheidung auf und wies die Klage insgesamt ab.
Entscheidung
Zu Recht habe das FA die Investitionszulage für den Autoklav versagt, da der Antrag verspätet eingegangen sei. Dieser hätte bis zum 30.9.1992 gestellt werden müssen, denn der Autoklav sei im Jahr 1991 angeschafft worden. Unerheblich sei, dass die Klägerin den Autoklav zunächst nicht ausgepackt und benutzt hätte und sein Einsatz erst ab Praxiseröffnung vorgesehen gewesen sei. Abzustellen sei auf das Ende des Anschaffungsvorgangs, der mit der Betriebsbereitschaft des angeschafften Wirtschaftsguts abgeschlossen sei. Der Autoklav sei bei Lieferung ohne zusätzliche Montagemaßnahmen einsatzfähig gewesen. Er sei demnach bereits im Jahr 1991 angeschafft worden und sei ab dem Zeitpunkt seiner Anschaffung notwendiges Betriebsvermögen gewesen.
Hinweis
In der Gründungsphase eines Unternehmens fallen regelmäßig besonders konzentriert Investitionen an, die, sofern es tatsächlich zur Eröffnung des Betriebs kommt, ebenso förderungswürdig sind wie Investitionen während des laufenden Geschäftsbetriebs. Daher kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH Investitionszulage auch für Wirtschaftsgüter erlangt werden, die vor Betriebseröffnung angeschafft worden sind, sofern der Betrieb zügig errichtet und alsbald eröffnet wird.
Der BFH knüpft dabei an die ertragsteuerliche Einordnung von Vorbereitungshandlungen an. Einkommensteuer- wie auch zulagenrechtlich beginnt der Betrieb nicht erst mit der werbenden Tätigkeit, sondern bereits mit den ersten Maßnahmen, die der Vorbereitung der späteren werbenden Tätigkeit dienen und mit dieser in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
Verlangt werden kann Investitionszulage, sobald die Investition abgeschlossen ist. Dies ist der Zeitpunkt, in dem das Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt worden ist, wobei auf das Ende des Herstellungs- oder Anschaffungsvorgangs abzustellen ist. Ist ein Wirtschaftsgut betriebsbereit, ist die Investition abgeschlossen.
Nach Auffassung des BFH kommt es auf die objektive Betriebsbereitschaft und nicht auf die tatsächliche Inbetriebnahme des Wirtschaftsguts durch den Unternehmer an. Ist demnach ein Wirtschaftsgut, das objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt ist, ohne größere Montagemaßnahmen in einem Betrieb einsatzfähig, ist der Investitionsvorgang abgeschlossen. Ein Wahlrecht, Aufwendungen für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in das Wirtschaftsjahr der Eröffnung des Betriebs zu verlagern, besteht nicht.
Bedeutsam ist die Frage, wann der Investitionsvorgang abgeschlossen ist, deshalb, weil bis einschließlich 1998 die Investitionszulagegesetze eine Ausschlussfrist vorsahen, wonach der Antrag bis zum 30.9. des Kalenderjahres zu stellen war, das dem Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Investition abgeschlossen ist. Seit dem 1.1.1999 müssen die Anträge auf Gewährung von Investitionszulage nicht mehr bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beim FA eingegangen sein, so dass die Frage, wann ein Investitionsvorgang abgeschlossen ist, an Gewicht verloren hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.11.2000, III R 10/98