Rz. 31

Stand: EL 138 – ET: 6/2024

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung und wird der Steuerpflichtige auch in der häuslichen Wohnung tätig, ist ein Abzug der Tagespauschale auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6c Satz 2 EStG). In diesen Fällen ist zwar ein Tätigwerden, aber kein zeitlich überwiegendes Tätigwerden in der häuslichen Wohnung im Sinne des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6c Satz 1 EStG für den Abzug der Tagespauschale erforderlich.

 

Beispiel

A ist Lehrer und unterrichtet täglich von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr an der Schule und erledigt nachmittags von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr in der häuslichen Wohnung die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts und korrigiert Klassenarbeiten. Für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung steht A in der Schule kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. A kann neben der Entfernungspauschale für die Fahrten zur Schule (erste Tätigkeitsstätte) auch die Tagespauschale für die berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung abziehen.

 

Rz. 32

Stand: EL 138 – ET: 6/2024

Anderer Arbeitsplatz im Sinne des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6c Satz 2 EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (> BFH-Urteil vom 7. August 2003 – VI R 17/01, BStBl II 2004 S. 78). Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt. Unbeachtlich sind mithin grundsätzlich die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände, wie beispielsweise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr (> BFH-Urteil vom 7. August 2003 – VI R 162/00, BStBl II 2004 S. 83). Voraussetzung ist auch nicht das Vorhandensein eines eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereiches oder eines individuell zugeordneten Arbeitsplatzes, so dass auch ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro oder in der Schalterhalle einer Bank ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Vorschrift ist (> BFH-Urteile vom 7. August 2003 – VI R 17/01, BStBl II 2004 S. 78 und VI R 162/00, BStBl II 2004 S. 83). Die Ausstattung mit Arbeitsmitteln, die im Betrieb oder an dem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht vorhanden sind, ist ohne Bedeutung. Ob ein anderer Arbeitsplatz vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Subjektive Erwägungen des Steuerpflichtigen zur Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes sind unbeachtlich.

 

Rz. 33

Stand: EL 138 – ET: 6/2024

Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Steuerpflichtigen dann zur Verfügung, wenn dieser ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Der Arbeitsplatz muss grundsätzlich so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf die häusliche Tätigkeit nicht angewiesen ist (> BFH-Urteil vom 7. August 2003 – VI R 17/01, BStBl II 2004 S. 78). Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann zur Verfügung, wenn dieser außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z. B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist.

 

Rz. 34

Stand: EL 138 – ET: 6/2024

Geht ein Steuerpflichtiger nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, muss ein vorhandener anderer Arbeitsplatz auch tatsächlich für alle Aufgabenbereiche dieser Erwerbstätigkeit genutzt werden können. Der Steuerpflichtige ist auch dann auf die Betätigung in der häuslichen Wohnung angewiesen, wenn er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muss. Es genügt allerdings nicht, wenn er in der häuslichen Wohnung Arbeiten verrichtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte (> BFH-Urteil vom 7. August 2003 – VI R 17/01, BStBl II 2004 S. 78).

 

Beispiele (kein anderer Arbeitsplatz vorhanden):

  • Ein Lehrer hat für die Unterrichtsvorbereitung in der Schule keinen Schreibtisch. Das jeweilige Klassen- oder Lehrerzimmer stellt keinen anderen Arbeitsplatz dar.
  • Ein angestellter oder selbständiger Orchestermusiker hat im Konzertsaal keine Möglichkeit zu üben. Hierfür wird die häusliche Wohnung genutzt.
  • Kein anderer Arbeitsplatz steht zur Verfügung, wenn der dem Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz wegen Gesundheitsgefahr nicht nutzbar ist (> BFH-Urteil vom 26. Februar 2014 – VI R 11/12, BStBl II S. 674).
 

Beispiele (vorhandener anderer Arbeitsplatz steht nicht in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung):

  • Ein EDV-Berater übt außerhalb der regulären Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung Bereitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz beim Arbeitgeber tatsächlich nicht nutzen (> BFH-Urteil vom 7. August 2003 – VI R 41/98, BStBl II 2004 S. 80).
  • Einem Grundschulleiter, der zu 50 % von der Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, steht für die Verwaltungstätigkeit ein Dienstzimmer von 11 qm zur Verfügung.

    Das Dienstzimmer bietet keinen ausreichenden Platz zur Unterbring...

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