Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristgerechte Einlegung des Einspruchs als materiell-rechtliche Vorfrage der Anfechtungsklage
Leitsatz (NV)
Die fristgerechte Einlegung des Einspruchs stellt eine materiell-rechtliche Vorfrage der Anfechtungsklage dar. Stellt sich im finanzgerichtlichen Verfahren die Unanfechtbarkeit des den Gegenstand des Verfahrens bildenden Bescheids heraus, so ist die Klage ohne weitere Sachprüfung als unbegründet abzuweisen.
Normenkette
FGO §§ 44, 142; ZPO § 114
Gründe
Dem Antragsteller kann für seine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), mit dem dieses seine Klage gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid wegen Versäumung der Einspruchsfrist abgewiesen hat, die beantragte Prozeßkostenhilfe (PKH) nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Der Antragsteller hat Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 115 Abs. 2 Nrn.1-3 FGO) nicht in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgeschriebenen Form dargelegt. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre demnach nach der im vorliegenden PKH-Verfahren gebotenen summarischen Beurteilung als unzulässig zu verwerfen.
Der Antragsteller stützt seine Beschwerde auf einen Verfahrensmangel und auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Soweit er vorträgt, der Einspruch gegen den Haftungsbescheid sei - entgegen der Vorentscheidung - rechtzeitig eingegangen, weil das Finanzamt (FA) sich rügelos auf den Einspruch eingelassen und damit einen Verzicht auf die Geltendmachung des Mangels ausgesprochen habe, rügt er hinsichtlich der entgegenstehenden Beurteilung durch das FG keinen Verfahrensmangel, sondern einen Rechtsfehler, der aber die Zulassung der Revision nicht zu begründen vermag (§ 115 Abs. 2 FGO). Ein Verfahrensfehler kann auch nicht darin gesehen werden, daß das FG die Wahrung der Einspruchsfrist überprüft hat, obwohl das FA den Einspruch als zulässig angesehen hat. Wie der Senat im Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 122/80 (BFHE 141, 470, 472, BStBl II 1984, 791) entschieden hat, stellt die Frage nach der fristgerechten Einlegung des Einspruchs eine bei der Sachentscheidung zu beachtende materiell-rechtliche Vorfrage dar. Stellt sich im finanzgerichtlichen Verfahren die Unanfechtbarkeit des den Gegenstand des Verfahrens bildenden Bescheids heraus, so ist die Klage, wie es das FG im Streitfall getan hat, ohne weitere Sachprüfung als unbegründet abzuweisen. Das FA kann somit nicht - wie der Antragsteller meint - wirksam auf die Einhaltung der Einspruchsfrist verzichten. Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage, ob sich das Gericht über das ,,Anerkenntnis der Behörde" hinwegsetzen kann, ist - abgesehen davon, daß ihre grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt worden ist (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) - nicht klärungsbedürftig, weil an ihrer Beantwortung nach den vorstehenden Ausführungen keine Zweifel bestehen können.
Soweit sich der Antragsteller gegen die Beweiswürdigung - insbesondere der Aussage des vernommenen Zeugen - wendet, aufgrund deren das FG die fristgerechte Einlegung des Einspruchs als nicht erwiesen angesehen hat, ist sein Vorbringen für die Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich, weil es sich nicht auf Zulassungsgründe bezieht. Verfahrensrügen sind in diesem Zusammenhang nicht vorgetragen worden. Die Vorentscheidung weicht schließlich auch nicht von den Rechtsausführungen des Senats im PKH-Beschwerdeverfahren für die vom FG entschiedene Klage (Beschluß vom 28. November 1990 VII B 126/90) ab. Das FG ist vielmehr im Klageverfahren den Behauptungen des Antragstellers über die rechtzeitige Einlegung des Einspruchs durch die Zeugenvernehmung und Beweiswürdigung nachgegangen, die es im PKH-Verfahren für die Klage noch unberücksichtigt gelassen hatte, was vom Senat im Beschluß VII B 126/90 beanstandet worden war. Sonstige Gründe für die Zulassung der Revision sind aus der Beschwerdeschrift nicht zu entnehmen.
Fundstellen