Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Angemessenheit der Gesamtbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers hat keine grundsätzliche Bedeutung
Leitsatz (NV)
1. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß einerseits dem gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzustellenden Fremdvergleich die Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers zugrunde zu legen sind und es andererseits für die Angemessenheitsprüfung keine allgemein gültigen Regeln gibt. Deshalb kann die Grenze des Angemessenen nur für den Einzelfall bestimmt werden.
2. Eine Tantieme von mehr als 50 v.H. des Gewinns ist ausgesprochen ungewöhnlich. Normalerweise liegt sie deutlich unter 50 v.H. des Gewinns (vgl. Tänzer, GmbHR 1993, 728, 729).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, bei der das FA die Höhe der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 beanstandet hat. Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen. Die Rechtsfrage, auf deren grundsätzliche Bedeutung die Klägerin und Bechwerdeführerin (Klägerin) ihre Nichtzulassungsbeschwerde gestützt hat, ist weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig.
1. Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. September 1968 I 89/63, BFHE 93, 382, BStBl II 1968, 809; vom 28. Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854; Beschluß vom 16. Oktober 1991 I B 227 und 228/90, BFH/NV 1992, 341) entschieden, daß einerseits dem anzustellenden Fremdvergleich die Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers zugrunde zu legen sind und es andererseits für die Angemessenheitsprüfung keine allgemein gültigen Regeln gibt. Deshalb kann die Grenze des Angemessenen nur für den Einzelfall bestimmt werden. Sie muß ggf. geschätzt werden. Die Schätzung obliegt dem Finanzamt (FA) bzw. dem Finanzgericht (FG). Sie ist vom BFH nur auf Rechtsfehler hin überprüfbar.
2. So gesehen ist auch für den Streitfall nur entscheidungserheblich, ob die vom FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellten Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers X (1985: 542990 DM; 1986: 607770 DM; 1987: 635340 DM) angemessen waren oder nicht. Die Aufteilung in ein Festgehalt und eine Gewinntantieme ist nur insoweit von Bedeutung, als das Festgehalt bedingungslos zu zahlen war, während die Zahlung der Gewinntantieme von dem Erzielen eines Gewinns abhing und auch im übrigen der Höhe nach durch das Festgehalt begrenzt wurde.
Das FG hat die Angemessenheit der von der Klägerin an X gezahlten Gesamtbezüge mit Überlegungen verneint, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Bei seiner Angemessenheitsprüfung hat es sowohl auf einen externen als auch auf einen internen Betriebsvergleich abgestellt. Innerhalb des externen Betriebsvergleichs hat es sich auf den Geschäftsführer-Gehaltsreport 1989/90 von Grätz gestützt. Für den Geschäftsführer eines Unternehmens der EDV und Elektroindustrie mit einem Umsatz zwischen 20 Mio. und 100 Mio. DM und 20 Beschäftigten ergibt sich daraus ein Jahreseinkommen von höchstens 203000 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das FA) hat dagegen die von der Klägerin in den Streitjahren an X gezahlte Gesamtvergütung bis zu einer Höhe von 379000 DM (1985) bzw. 405000 DM (1986) bzw. 423000 DM (1987) als angemessen behandelt. Diese Beträge liegen teilweise um das Doppelte über der vom FG angenommenen Obergrenze und decken damit alle Unsicherheiten ab, die mit der Verwendung von Durchschnittswerten verbunden sind.
Das FG hat zusätzlich die Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers X mit den Gesamtbezügen des leitenden technischen Angestellten der Klägerin verglichen. Es hat festgestellt, daß die Gesamtbezüge des leitenden technischen Angestellten in 1987 nur 140000 DM betrugen. Die vom FA als angemessen angesehenen Gesamtbezüge des X lagen damit bei 300 v.H. der Vergleichsbezüge des leitenden technischen Angestellten. Das FG hat daraus geschlossen, daß höhere Beträge als unangemessen zu behandeln sind.
Nicht unberücksichtigt bleiben kann die Tatsache, daß die Klägerin für 1985 knapp 543000 DM an X zahlte und selbst nur einen Gewinn von knapp 40000 DM erzielte. Die genannten Zahlen stehen in einem offensichtlichen Mißverhältnis zueinander. Außerdem bedeutete die Vereinbarung einer Tantieme von 80 v.H. des Gewinns, daß ein Gewinn unterhalb der absoluten Obergrenze des Zweifachen des Jahresgehalts ganz überwiegend von dem Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschöpft wurde. Auf eine solche Vereinbarung würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin sich nicht eingelassen haben. Die Unüblichkeit einer solchen Vereinbarung indiziert deren Unangemessenheit.
3. Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen und Überlegungen kommt es auf die Rechtsfrage nicht an, ob eine gewinntantiemeabhängige Geschäftsführer-Vergütung nur angemessen sein kann, wenn eine absolute Obergrenze nicht überschritten wird. Die vom FG gewählte Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, ohne daß diese Frage beantwortet werden müßte. Sie ist im übrigen in dieser Allgemeinheit nicht beantwortbar. Es kommt auf die Verhältnisse des Einzelfalles und insbesondere auf die Höhe des Festgehalts an. Eine Tantieme von mehr als 50 v.H des Gewinns ist ausgesprochen ungewöhnlich. Normalerweise liegt sie deutlich unter 50 v.H. des Gewinns (vgl. Tänzer, GmbH-Rundschau 1993, 728, 729).
Fundstellen
BFH/NV 1994, 740 |
GmbHR 1994, 898 |