Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung durch irrtümlich zu geringe Verzinsung eines Verrechnungskontos
Leitsatz (NV)
- Verdeckte Gewinnausschüttungen können auch insoweit gegeben sein, als ein Verrechnungskonto eines Gesellschafters bei der Kapitalgesellschaft, das einen Saldo zugunsten der Gesellschaft aufweist, nicht angemessen verzinst wird. Beruht die zu geringe Verzinsung jedoch auf einer irrtümlichen Fehlbuchung des Steuerberaters, kann dieser Fehler jedenfalls vor seiner Aufdeckung nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen.
- Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist in derartigen Fällen erst dann anzunehmen, wenn die an sich zu aktivierende Forderung wegen eines Erlassvertrags oder eines in anderer Weise ausgesprochenen Forderungsverzichts nicht mehr aktiviert werden darf. Handelt es sich um eine nicht aktivierte Forderung gegen einen ehemaligen Gesellschafter, sprechen anderweitige gerichtliche Auseinandersetzungen mit diesem sowie eine schwierige wirtschaftliche Lage der Gesellschaft gegen die Annahme eines derartigen Forderungsverzichts.
- Zur Frage der Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung an einen ehemaligen Gesellschafter.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; BGB § 397
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch darum, ob im Zusammenhang mit der fehlerhaften Berechnung des Zinsbetrages für ein Gesellschafterdarlehen eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) anzunehmen und dem Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) zuzurechnen ist.
Die Antragsteller wurden im Streitjahr 1997 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in den Diensten einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Antragsteller war. Ferner erzielte der Antragsteller Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Verpachtung von Anlagevermögen an die GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.
Alleingesellschafter der GmbH war ursprünglich der Vater (V) des Antragstellers; Anfang 1993 erwarb der Antragsteller zunächst 25 % der Geschäftsanteile und wurde Mitgeschäftsführer. Mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Mai 1996 übertrug V dem Antragsteller auch die verbleibenden 75 % der Geschäftsanteile sowie das verpachtete Anlagevermögen. Der ―auf der Grundlage einer detaillierten Wertermittlung eines Wirtschaftsprüfers vereinbarte― Kaufpreis betrug 3,7 Mio. DM und sollte durch Zahlung einer lebenslangen Rente an V in Höhe von 29 000 DM monatlich beglichen werden.
Zum 31. Dezember 1995 hatte V gegenüber der GmbH Verbindlichkeiten in Höhe von 758 299,28 DM. In einem auf Mai 1996 datierten Schriftstück, das als "Entwurf der Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag vom 2. Mai 1996" bezeichnet, aber von V und dem Antragsteller unterzeichnet worden ist, vereinbarten die Vertragsparteien, dass der tatsächliche Zahlbetrag der Rente "in Anrechnung auf die Gesellschafterverbindlichkeit" nur 12 000 DM monatlich betragen sollte. Tatsächlich zahlte der Antragsteller von Juni 1996 bis Oktober 1997 jeweils 12 000 DM monatlich, von November 1997 bis April 1998 jeweils 6 000 DM monatlich und im Mai 1998 nochmals 12 000 DM; danach stellte er die Zahlungen ein.
Die GmbH erwirtschaftete in allen Jahren seit 1994 hohe Verluste und befindet sich jedenfalls seit 1999 in Liquidation. Mehrere Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH sind mangels Masse abgelehnt worden. Der Antragsteller hat am 12. Dezember 2002 die eidesstattliche Versicherung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgegeben.
Bereits mit Anwaltsschreiben vom 22. Juni 1999 hatte V seinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. In der Folgezeit kam es wegen der ausstehenden Rentenzahlungen sowie wegen der Rückzahlung des Darlehens zu mehreren zivilgerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, die sich jedenfalls bis ins Jahr 2003 hinzogen.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GmbH und dem Einzelunternehmen des Antragstellers stellte der Prüfer fest, dass einer Angestellten des Steuerberaters der GmbH bei der Ermittlung der Verzinsung der gegen V bestehenden Darlehensforderung der GmbH in den Jahren 1996 und 1997 jeweils Berechnungsfehler unterlaufen waren. Deren Auswirkung stellte der Prüfer ―unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 9,5 %― wie folgt dar:
Jahr |
Darlehensstand |
tatsächlich gebuchte Zinsen |
rechnerisch richtige Zinsen (lt. Prüfer) |
Differenz |
1996 |
810 243 DM |
7 697 DM |
76 973 DM |
69 276 DM |
1997 |
817 940 DM |
7 700 DM |
77 700 DM |
70 000 DM |
Der Prüfer behandelte die Differenzbeträge ―neben anderen, im Beschwerdeverfahren nicht mehr streitigen Posten― als vGA und rechnete diese bis einschließlich Juni 1996 dem V und ab Juli 1996 dem Antragsteller zu. Für diesen ergaben sich im Besitzunternehmen aufgrund der Zinsdifferenzen Gewinnerhöhungen ―einschließlich der als Einnahme behandelten anrechenbaren Körperschaftsteuer― von 49 483 DM für 1996 und 100 000 DM für 1997.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) erließ gegenüber den Antragstellern am 20. Dezember 2000 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997. Der ―nicht näher begründete― Einspruch blieb erfolglos. Über die dagegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.
Im Klage- und Aussetzungsverfahren vertraten die Antragsteller die Auffassung, eine vGA könne nur angenommen werden, wenn die bei der Kapitalgesellschaft eingetretene Vermögensminderung auf einer Rechtshandlung ihrer Organe beruhe. Dies sei bei einem Buchungsfehler ohne Handlungsbeitrag des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht der Fall. Zwar könne der endgültige Verzicht auf einen gegenüber einem Gesellschafter bestehenden Anspruch als vGA anzusehen sein; auf die Zinsforderung sei jedoch niemals verzichtet worden. Der Buchungsfehler sei vielmehr erst während der Betriebsprüfung entdeckt und die Zinsforderung im ―allerdings erst im Jahr 2003 erstellten― Jahresabschluss für 1998 aktiviert worden. Jedenfalls dürfe eine vGA nicht dem Antragsteller zugerechnet werden, da diesem keinerlei Vorteil durch die in zu geringer Höhe ausgewiesene Zinsforderung gegen V entstanden sei. Dies zeigten schon die zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Antragsteller und V.
Das FA war hingegen der Auffassung, einem gewissenhaften Geschäftsführer hätte bei einer Kontrolle der Buchführung die fehlerhafte Zinsberechnung auffallen müssen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller willentlich auf die Erhebung der Zinsen verzichtet habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2003, 1571) hat das FG ―neben anderen, im Beschwerdeverfahren nicht mehr streitigen Beträgen― die Vollziehung des Einkommensteuer-Änderungsbescheids 1996 hinsichtlich des Gesamtbetrages der vom FA infolge der Zinsberechnung angenommenen vGA ausgesetzt; für 1997 minderte es den Gewinn für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung insoweit jedoch nur um 724 DM zuzüglich der anrechenbaren Körperschaftsteuer. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.
Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Antragsteller in erster Linie gegen die Annahme des FG, zwischen der GmbH und V sei ein Erlassvertrag zustande gekommen. Zwar sei die Darlehensforderung betragsmäßig gravierend; jedoch habe sie sich im Jahresabschluss 1996 im Vergleich zum Jahresabschluss 1995 in einem Umfang erhöht, der seine Ursache durchaus in einer Verzinsung hätte haben können. Damit hätte der Rechenfehler auch einem gewissenhaften Geschäftsführer nicht sofort ins Auge springen müssen, zumal der Antragsteller sich auf die Gewissenhaftigkeit des Steuerberaters habe verlassen dürfen. Schon angesichts der entgegengesetzten Interessen von V und dem Antragsteller ―die sich in den zivilgerichtlichen Auseinandersetzungen zeigten― spreche nichts für einen willentlichen Verzicht auf die Zinsforderung. Jedenfalls seien die Zweifel an dieser Auffassung des FG so stark, dass die Entscheidung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse.
Im Übrigen könne die vGA nicht dem Antragsteller zugerechnet werden. Zwar halte die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in Fällen der Vorteilszuwendung an nahe Angehörige des Gesellschafters einen Vorteil für den Gesellschafter selbst nicht mehr für erforderlich. Komme es aber sogar zu einer Benachteiligung des Gesellschafters ―hier durch den Wegfall der Aufrechnungsmöglichkeit gegen V―, sei eine Zurechnung unter keinem Gesichtspunkt mehr gerechtfertigt. Auch habe das FG bei seiner Würdigung nur einen Teil der beigezogenen zivilgerichtlichen Akten zur Kenntnis genommen. Bei Zugrundelegung der Fiktionstheorie hätte das FG jedenfalls fiktive Zinsaufwendungen beim Antragsteller berücksichtigen müssen.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuer-Änderungsbescheids 1997 vom 20. Dezember 2000 in vollem Umfang auszusetzen und hinsichtlich der bereits geleisteten Teilzahlung die Vollziehung aufzuheben.
Das FA hat keinen Antrag gestellt, hält den Rechtsstreit aber durch die bereits aufgrund des erstinstanzlichen Beschlusses gewährte teilweise Aussetzung der Vollziehung in der Hauptsache für erledigt.
Der Senat hat ―ebenso wie bereits das FG― die Steuerakten der GmbH sowie die Zivilprozessakten des Landgerichts (LG) X beigezogen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des FA ist der Rechtsstreit nicht bereits in der Hauptsache erledigt. Denn zum einen sind die im Bescheid vom 20. Dezember 2000 festgesetzten und zur Zahlung angeforderten Beträge für Zinsen, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag bislang weder vollständig getilgt noch von der Vollziehung ausgesetzt worden; zum anderen beruht die Tilgung der auf diesem Bescheid beruhenden Einkommensteuer-Nachforderung auf einer freiwilligen Zahlung der Antragsteller, die wegen der Möglichkeit der Gewährung von Aufhebung der Vollziehung nicht zwingend zur Erledigung des Rechtsstreits über die Aussetzung der Vollziehung führt. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheids für 1997 bestehen in vollem Umfang ernstliche Zweifel.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juli 2003 IX B 60/03, BFHE 202, 557, BStBl II 2003, 945, m.w.N.).
2. Zu Recht hat das FG insoweit das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bejaht, als das FA den bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für 1997 unterlaufenen Fehler bei der Ermittlung der Höhe der Zinsen für das von der GmbH an V gewährte Darlehen bereits im Streitjahr 1997 als vGA an den Antragsteller angesehen hat.
vGA sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 2002 I R 37/01, BFHE 199, 536, BStBl II 2003, 418). Sie können auch insoweit gegeben sein, als ein Verrechnungskonto des Gesellschafters bei der GmbH, das einen Saldo zugunsten der Kapitalgesellschaft aufweist, nicht angemessen verzinst wird (BFH-Urteil vom 23. Juni 1981 VIII R 102/80, BFHE 134, 541, BStBl II 1982, 245).
Beruht die zu geringe Verzinsung allerdings auf einer irrtümlichen Fehlbuchung des Steuerberaters, kann dieser Fehler jedenfalls vor seiner Aufdeckung nicht zu einer vGA führen (BFH-Entscheidungen vom 24. März 1998 I R 88/97, BFH/NV 1998, 1374, und vom 17. November 1999 I B 38/99, BFH/NV 2000, 751; Urteile des FG des Saarlandes vom 28. Januar 1994 1 K 203/93, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1994, 491, und vom 21. Mai 2001 1 K 326/97, EFG 2001, 1233).
3. Das FG hat jedoch die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuer-Änderungsbescheids für 1997 insoweit als nicht ernstlich zweifelhaft angesehen, als die darin erfasste vGA sich mit dem Betrag deckt, um den die Zinsen im Jahresabschluss für 1996 zu niedrig berechnet worden sind. Es ist davon ausgegangen, dass dieser Berechnungsfehler im Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Jahresabschlusses im Streitjahr 1997 zu einer dem Antragsteller zuzurechnenden vGA geführt habe, weil dieser willentlich auf die Geltendmachung der Zinsen verzichtet und insoweit einen konkludenten Erlassvertrag mit V geschlossen habe.
Dieser Würdigung vermag der erkennende Senat ―der die angefochtene Entscheidung im Beschwerdeverfahren auch in tatsächlicher Hinsicht nachzuprüfen hat (BFH-Beschluss vom 18. August 1987 VII B 97/87, BFH/NV 1988, 374)― angesichts des gegenwärtigen Standes der Sachverhaltsermittlung nicht beizutreten.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das FG von der Rechtsprechung des BFH aus, wonach der Verzicht einer Kapitalgesellschaft auf eine Forderung gegen ihren Gesellschafter ―im Streitfall handelt es sich ggf. um eine Forderung gegenüber einem ehemaligen Gesellschafter bzw. einer dem beherrschenden Gesellschafter nahestehenden Person― als vGA beurteilt werden kann. Dies setzt jedoch eine bei der Kapitalgesellschaft eingetretene Gewinnminderung voraus. Eine solche kann darin bestehen, dass die an sich zu aktivierende Forderung wegen eines Erlassvertrages (§ 397 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―) oder eines in anderer Weise ausgesprochenen Forderungsverzichts nicht mehr aktiviert werden darf. Indes begründet allein die Tatsache, dass die Kapitalgesellschaft in ihrer Bilanz keine Forderung gegen den Gesellschafter ausweist, noch keinen Forderungsverzicht, weil ein derartiger buchmäßiger Vorgang sich auf die Existenz und den Fortbestand der Forderung nicht auswirkt (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 6/94, BFHE 175, 412, BStBl II 1997, 89, unter II. 2. c; ferner BFH-Urteil vom 13. September 2000 I R 10/00, BFH/NV 2001, 584).
b) Im Streitfall spricht gegen die Annahme eines solchen Erlassvertrags bzw. Forderungsverzichts, dass sich aus den Steuerakten sowie den beigezogenen Zivilgerichtsakten vielfältige Anhaltspunkte für das Bestehen eines Interessengegensatzes zwischen V und dem Antragsteller ergeben. Die Auseinandersetzungen zwischen den Kaufvertragsparteien hatten jedenfalls Anfang 1999 einen Umfang erreicht, der zur beiderseitigen Einschaltung von Rechtsanwälten und im Juni 1999 zum Beginn lang dauernder und umfangreicher Zivilrechtsstreitigkeiten führte. Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten war u.a. die nicht vollständige Erbringung der vereinbarten Rentenzahlungen durch den Antragsteller. Diese Zahlungen waren aber jedenfalls seit November 1997 ―nach den insoweit nicht ganz zweifelsfreien eigenen Feststellungen des FG sogar bereits seit September 1997― und damit vor der Aufstellung des Jahresabschlusses für 1996 am 29. Dezember 1997 deutlich hinter dem in der "Zusatzvereinbarung" vorgesehenen Betrag zurückgeblieben. Der frühere Steuerberater der GmbH, der von dieser später auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurde, hat sich im landgerichtlichen Verfahren dahin eingelassen, dass der Antragsteller mit der "Zusatzvereinbarung" bezweckt habe, gegen die Kaufpreisschuld aufrechnen zu können, weil er zur Kaufpreiszahlung nicht in der Lage gewesen sei. Die Richtigkeit dieser Einlassung vorausgesetzt, hätte der Interessengegensatz zwischen dem Antragsteller und V bereits lange vor der Bilanzaufstellung bestanden. Die der Sachverhaltswürdigung des FG zugrunde liegende Annahme, dieser erkennbare Interessengegensatz stehe dem Verzicht des Antragstellers auf eine zur Aufrechnung mit den rückständigen Rentenzahlungen geeignete Gegenforderung nicht entgegen, drängt sich danach nicht von vornherein auf und bedarf noch näherer Klärung in dem anhängigen Hauptsacheverfahren.
Auch die wirtschaftliche Lage der GmbH bot keinen Anlass für einen Forderungsverzicht gegenüber V: Die GmbH hatte in sämtlichen Jahren seit 1994 ausschließlich Verluste erwirtschaftet. Im Jahr 1996 betrug der Verlust (lt. Steuerbilanz) 125 004 DM, im Jahr 1997 sogar 169 730 DM, obwohl in dieser Bilanz ein im Jahr 1994 gebildeter Sonderposten mit Rücklageanteil in Höhe von 235 911 DM gewinnerhöhend aufgelöst worden war. Im Jahresabschluss 1996 ―dessen Unterzeichnung durch den Antragsteller das FG als entscheidend für seine Annahme einer vGA ansieht― heißt es unter der Überschrift "Geschäftsverlauf und Lage der Gesellschaft": "Für unser Unternehmen verlief das abgelaufene Geschäftsjahr nicht erfolgreich. Nach Steuern können wir ein Jahresergebnis von ./. 125.004 DM ausweisen … Die Liquiditätslage unseres Unternehmens war im Berichtsjahr nicht zufriedenstellend."
Das FG hat vor allem aus der sich auf 30 % der Bilanzsumme belaufenden Höhe der Darlehensforderung der GmbH gegen V geschlossen, dass der dem Steuerbüro bei der Ermittlung des Zinsbetrages unterlaufene Fehler dem Antragsteller bei Aufstellung des Jahresabschlusses für 1996 bekannt gewesen sei. Jedoch weisen die Antragsteller zu Recht darauf hin, dass sich der in der Bilanz für 1996 ausgewiesene Forderungsbetrag (817 940,23 DM) gegenüber dem Ansatz in der Bilanz für 1995 (758 299,28 DM) um 7,9 % erhöht hatte. Diese Erhöhung hätte ihrer Größenordnung nach durchaus auch auf eine korrekte Verzinsung des Darlehensbetrages zurückzuführen sein können. Im Übrigen ergeben sich gewinnwirksame Fehler bei der Verzinsung von Forderungen weniger aus der Bilanz als vielmehr aus der Gewinn- und Verlustrechnung eines Betriebes. In der Gewinn- und Verlustrechnung der GmbH ―die immerhin über 22 Verkaufsstellen und 150 Mitarbeiter verfügte― stellte der streitige Zinsbetrag jedoch angesichts von Gesamterlösen in Höhe von 7,8 Mio. DM einen eher untergeordneten Posten dar.
Die ―nicht näher begründete― Würdigung des FG, die Zinsforderung sei schon in der Zusatzvereinbarung unter Außerachtlassung laufender Zinsansprüche beziffert worden, ergibt sich aus dem Wortlaut der Zusatzvereinbarung jedenfalls nicht. Denn dort ist als Stichtag für die Höhe der Verbindlichkeit des V gegenüber der GmbH der "Zeitpunkt des Ausscheidens" des V aus der GmbH genannt. Dies sollte nach der Vereinbarung der Vertragsparteien in § 5 des notariellen Kaufvertrags zum 1. Januar 1996 geschehen. Entsprechend ist in der "Zusatzvereinbarung" der Stand des Verrechnungskontos zum 31. Dezember 1995 ("rund 758.000 DM") angegeben worden. Danach ergab sich für die Parteien kein Anlass, laufende Zinsansprüche ausdrücklich in der Zusatzvereinbarung zu erwähnen.
Der Senat weist ferner darauf hin, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in der Unterzeichnung eines Jahresabschlusses, in den der Steuerberater Verbindlichkeiten aufgenommen hat, kein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis dieser Verbindlichkeiten i.S. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB (§ 208 BGB a.F.) sieht. Vielmehr sei in Ermangelung weiterer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Unterzeichner nur seinen handels- und steuerrechtlichen Pflichten habe nachkommen wollen (BGH-Urteil vom 21. November 1996 IX ZR 159/95, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1997, 516, unter II. 2. a). Ebenso wenig wird man in der Unterzeichnung eines von einem Steuerberater gefertigten Jahresabschlusses, in dem eine Forderung nicht ausgewiesen ist, ohne besondere Anhaltspunkte einen Erlass dieser Forderung sehen können.
c) Auch der Höhe nach hätte das FG jedenfalls nicht ungeprüft den vom FA angesetzten Wert der vGA übernehmen dürfen.
Unklar ist zunächst, wie das FA zu seiner Annahme kommt, der Zinssatz müsse für die Jahre 1996 und 1997 9,5 % betragen. Denn in den vorangegangenen Jahren (1994 und 1995) hatte die GmbH ausweislich des Arbeitsbogens des Betriebsprüfers lediglich Zinsen in Höhe von 7 % berechnet, ohne dass dies im Rahmen der Betriebsprüfung, die sich auch auf die Vorjahre erstreckte, beanstandet worden wäre. Danach hätte der Ansatz eines höheren Zinssatzes für die Jahre ab 1996 jedenfalls einer näheren Begründung bedurft, zumal ein Zinssatz von 9,5 % nach den Kapitalmarktverhältnissen der Jahre ab 1996 als eher hoch anzusehen wäre.
Zudem würde sich die Höhe des Darlehensbetrages ―der wiederum für die Höhe der Zinsen und damit der vGA maßgeblich ist― gegenüber dem vom FA und FG angenommenen Betrag deutlich reduzieren, wenn aufgrund der "Zusatzvereinbarung" monatlich ein Teilbetrag in Höhe von 17 000 DM der Darlehensforderung durch Verrechnung mit dem Rentenzahlbetrag ―jedenfalls gegenüber V― als getilgt gelten würde. Von einer derartigen rechtlichen Würdigung der "Zusatzvereinbarung" ist aber sowohl das Kammergericht (Berufungsurteil …) als auch das FG in seinem angefochtenen Beschluss ausgegangen, ohne dass dagegen auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstands Bedenken bestehen.
d) Das FG hat zur Frage der Zurechnung der von ihm angenommenen vGA, die wirtschaftlich nicht dem Antragsteller, sondern allein dem V zugute gekommen wäre, lediglich ausgeführt, die Zurechnung an den Antragsteller sei schon deshalb geboten, weil ein Nichtgesellschafter aus Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft keine Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen könne.
Insoweit weist der Senat ―ohne hierzu wegen der sich bereits aus dem bisher bekannten Sachverhalt ergebenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts abschließend Stellung nehmen zu müssen― auf die ständige Rechtsprechung des I. Senats des BFH hin, in der eine vGA ―auf der Ebene der Kapitalgesellschaft― auch im Falle von Zuwendungen an einen "Nicht-mehr-Gesellschafter" bejaht worden ist (vgl. nur BFH-Urteile vom 22. Juni 1977 I R 171/74, BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33, und vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, unter II. A. 1. c, m.w.N.). Insoweit komme es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses des bindenden Rechtsgeschäfts, auf dem der Vorteil beruhe, an. Für die Besteuerung des Gesellschafters hat der VIII. Senat entschieden, dass eine vGA auch einer Person zugerechnet werden kann, die zwar im Zeitpunkt des Zuflusses des Vorteils ―möglicherweise― noch nicht Gesellschafter der leistenden Gesellschaft war, diese Gesellschafterstellung aber später erlangt (BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419, unter 3. a). Zur Begründung hat sich der VIII. Senat vor allem auf die vorstehend angeführte Rechtsprechung des I. Senats des BFH zur Besteuerung der Gesellschaft im Falle der Gewährung von Vorteilen an ehemalige Gesellschafter bezogen. Gesichtspunkte, die für eine abweichende Behandlung im Falle eines "Nicht-mehr-Gesellschafters" sprechen würden, sind nicht ersichtlich (vgl. auch Senatsurteil vom 14. Januar 2004 X R 37/02, BFH/NV 2004, 706, unter II. 2. b).
4. Hingegen können die Antragsteller ihr Begehren nicht auf die sog. "Fiktionstheorie" (dazu BFH-Urteil vom 14. August 1975 IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88, unter 2. c) stützen. Danach führt eine in der Berechnung eines zu niedrigen Entgelts für einen Austauschvertrag durch die Kapitalgesellschaft liegende vGA zu gleich hohen fiktiven Aufwendungen beim Gesellschafter, wenn diese korrespondierenden Aufwendungen bei diesem steuerlich abzugsfähig wären. Vorliegend ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller oder V die Zinsen, die für die Gewährung des Darlehens durch die GmbH zu entrichten gewesen wären, einkommensteuerlich hätten abziehen können. Aus den Akten ergibt sich vielmehr, dass der Saldo des Verrechnungskontos im Wesentlichen auf der Übernahme privater Aufwendungen des V durch die GmbH beruht.
5. Soweit der Verwaltungsakt bereits vollzogen ist, war die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO). Steuerabzugsbeträge, anzurechnende Körperschaftsteuer oder festgesetzte Vorauszahlungen (vgl. dazu § 69 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 8 FGO) sind hier nicht betroffen.
Der Senat hat die Aussetzung der Vollziehung trotz der erst während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens eingereichten Antragsbegründung ab Fälligkeit gewährt, weil sich die rechtlichen und tatsächlichen Bedenken gegen die Annahme einer vGA auch dem FA im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids hätten stellen müssen.
Soweit der Senat über die bereits vom FG ausgesetzten Beträge hinaus Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung gewährt, ist dies von der Erbringung einer Sicherheitsleistung abhängig (§ 69 Abs. 3 Satz 1, 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO). Denn die finanzielle Lage des Antragstellers, der am 12. Dezember 2002 die eidesstattliche Versicherung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgegeben hat, lässt die Realisierbarkeit der Steuerforderung ―sollte das Hauptsacheverfahren zu einer (teilweisen) Bestätigung des angefochtenen Verwaltungsakts führen― als gefährdet erscheinen (vgl. zum Zweck der Anordnung einer Sicherheitsleistung auch BFH-Beschluss vom 24. Oktober 2000 V B 144/00, BFH/NV 2001, 493, unter 2.). Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt entbehrlich, dass mit Gewissheit oder jedenfalls großer Wahrscheinlichkeit ein für die Antragsteller günstiger Prozessausgang zu erwarten ist (vgl. auch dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 493, m.w.N.). Denn die streitigen Tatsachen bedürfen noch der Aufklärung im Hauptsacheverfahren. Der Berichterstatter hat die Antragsteller mit Schreiben vom 28. Januar 2004 auf die Möglichkeit, die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung auszusprechen, hingewiesen; die Antragsteller haben sich dazu nicht geäußert.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und § 136 Abs. 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Gewährung der weiter gehenden Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung nicht zur Annahme eines teilweisen Unterliegens der Antragsteller i.S. des § 136 Abs. 1 FGO führt, weil die Sicherheitsleistung keinen selbständigen Streitgegenstand, sondern eine unselbständige Nebenbestimmung zur Vollziehungsaussetzung darstellt (BFH-Beschluss vom 16. März 1995 VIII B 158/94, BFH/NV 1995, 680, unter 3.).
Fundstellen