Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ermäßigter Steuersatz für Orchestermusiker
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob Leistungen von Orchestermusikern, die nicht als Veranstalter auftreten, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen können, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die gegenteilige Antwort ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3; UStG 1980 § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, c
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Musiker und wirkte im Streitjahr (1987) als Orchestermusiker in verschiedenen Produktionen der Theater in A und B mit. In der am 25. November 1988 eingereichten Umsatzsteuererklärung 1987 unterwarf der Kläger die Entgelte aus der genannten Tätigkeit als Orchestermusiker dem ermäßigten Steuersatz von 7 v. H.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) unterwarf die Entgelte des Klägers abweichend von dessen Umsatzsteuererklärung dem Regelsteuersatz von 14 v. H. nach § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Während des Klageverfahrens erließ das FA einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1987 und setzte die Umsatzsteuer des Klägers auf ... DM fest. Der Kläger hat den geänderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Das Finanzgericht (FG) hat durch Zwischenurteil entschieden, daß die Steuer für die vom Kläger als Orchestermusiker bei Theateraufführungen erbrachten Leistungen nach § 12 Abs. 1 UStG 1980 14 v. H. der Bemessungsgrundlage beträgt. Zur Begründung führte das FG aus, die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, c UStG 1980 lägen beim Kläger nicht vor. Die Revision wurde vom FG nicht zugelassen.
Der Kläger stützt seine Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung und einen Verfahrensmangel (Übergehen von Beweisanträgen).
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache scheidet aus.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt daher nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht (ständige Rechtsprechung, z. B. Beschluß des Senats vom 30. November 1993 V B 7/93, BFH/NV 1994, 831). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. September 1991 IV B 105/90, unter I. 2. a, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148), oder offensichtlich nur so beantwortet werden kann, wie das FG es getan hat (BFH-Beschluß vom 15. Dezember 1989 VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344).
a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Mitglied eines Orchesters seine aus dieser Tätigkeit resultierenden Umsätze dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 unterwerfen darf, ist eindeutig aus dem Gesetz so zu beantworten, wie das FG es getan hat.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 ermäßigt sich die Steuer auf 7 v. H. für die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer. Die Leistungen des Klägers erfüllen nicht den Tatbestand der genannten Ermäßigungsvorschrift, denn der Kläger gehört nicht zu den darin bezeichneten Einrichtungen (Theater, Orchester, Kammermusikensemble, Chor oder Museum). Er hat auch keine Theatervorführungen und Konzerte veranstaltet, da die Theater A bzw. B gegenüber den Besuchern als Veranstalter aufgetreten sind. Der Kläger hat in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde die einschlägige Rechtsprechung des BFH zitiert, wonach nur derjenige, der bei einer Theatervorführung oder einem Konzert dem Publikum gegenüber als leistender Unternehmer auftritt, eine Theatervorführung oder das Konzert selbst veranstaltet (BFH-Urteile vom 18. Januar 1995 V R 60/93, BFHE 176, 500, BStBl II 1995, 348, und vom 26. April 1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519).
b) Die Beschwerde ist auch nicht deshalb begründet, weil § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 möglicherweise gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes -- GG --) sowie gegen Art. 5 GG verstößt. Diese Frage ist im Revisionsverfahren nicht klärbar. Denn eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) wäre nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kommt es auf die vorgelegte Norm für die Endentscheidung nur dann an, wenn das Prozeßgericht für den Fall der Gültigkeit der Norm im Ergebnis -- dem Tenor -- anders entscheiden würde als für den Fall ihrer Ungültigkeit (BFH-Beschluß vom 23. August 1991 VI B 44/91, unter 3. a, m. w. N., BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885). Würde § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 vom BVerfG für nichtig erklärt (§ 82 Abs. 1, § 78 BVerfGG), wäre die Klage abzuweisen. Eine Steuerermäßigung für Umsätze im kulturellen Bereich könnte dann insgesamt nicht gewährt werden. Der Kläger würde durch die Entscheidung des BVerfG nicht bessergestellt als durch das Zwischenurteil des FG.
c) Die vom Kläger sinngemäß herausgestellte weitere Frage, ob die Mitwirkung an der Aufführung eines Werkes zur Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1980 führt, ist nicht entscheidungserheblich. Die genannte Vorschrift ist auf den Streitfall nicht anwendbar. Gegenstand des Leistungsaustauschverhältnisses zwischen dem Theater A bzw. dem Theater B und dem Kläger war das Mitwirken an einer Theateraufführung als Orchestermusiker gegen Bezahlung, nicht dagegen die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.
2. Die Revision kann auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zugelassen werden. Insoweit erfüllt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers nicht die Darlegungsvoraussetzungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise geltend gemacht, so ist u. a. darzulegen, daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (vgl. Beschluß des Senats vom 27. Dezember 1993 V B 82/92, BFH/NV 1995, 398, m. w. N.).
Dies hat der Kläger nicht getan. Damit sind die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, nicht so vollständig angeführt, daß es dem Senat möglich wäre, anhand der Beschwerdeschrift zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn man die Richtigkeit der Behauptungen unterstellt.
Fundstellen
Haufe-Index 421889 |
BFH/NV 1997, 716 |