Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Angriffe gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung, insbesondere auch die Beweiswürdigung des FG, können die Revisionszulassung nicht rechtfertigen.
2. Das FG verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es in seiner Gesamtwürdigung einen Aspekt einbezieht, der im bisherigen Verfahren keine Rolle gespielt hat, zu dem es keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und zu dem sich der Kläger so auch nicht äußern konnte.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 17.06.2013; Aktenzeichen 5 K 2636/10) |
Gründe
Rz. 1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG). Das angefochtene Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Demgegenüber ist die Revision nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
Rz. 2
1. Soweit sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) beruft, fehlt es schon an einer Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze in der angegriffenen Entscheidung und etwaigen divergierenden Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH).
Rz. 3
Letztlich macht der Kläger angebliche materiell-rechtliche Fehler der finanzgerichtlichen Entscheidung geltend, insbesondere solche der Beweiswürdigung. Dies kann die Revisionszulassung jedoch nicht rechtfertigen.
Rz. 4
2. Das FG hat aber eine Überraschungsentscheidung getroffen und so das rechtliche Gehör des Klägers verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO, § 76 Abs. 2 FGO). Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten Gesichtspunkt stützt und dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretener Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen nicht rechnen musste. Dass die Frage des Vermieterpfandrechts im bisherigen gerichtlichen Verfahren keine Rolle gespielt hat, führt insoweit zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das FG hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen und der Kläger konnte sich insoweit auch nicht äußern. Das Urteil beruht hierauf, da das Vermieterpfandrecht ein Aspekt der Gesamtwürdigung zur Nichtanerkennung des Mietverhältnisses war.
Rz. 5
Das FG wird im zweiten Rechtsgang die Gelegenheit haben, die Gesamtwürdigung erneut durchzuführen, insbesondere auch unter Beachtung der Rechtsprechung des BFH, wonach die fehlende Schriftform des Mietverhältnisses nicht in die Gesamtwürdigung einzubeziehen ist, weil sie schon für die zivilrechtliche Wirksamkeit unerheblich ist (BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350).
Rz. 6
3. Die darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht gegeben. Der Senat sieht insoweit von einer weiter gehenden Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Rz. 7
4. Der Senat hält es für sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 6700505 |
BFH/NV 2014, 887 |