Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsbescheid während des NZB-Verfahrens
Leitsatz (NV)
1. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn sie sich nur stellt, wenn von einem anderen als dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird.
2. Der Erlass eines Änderungsbescheids, der während des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde ergeht, führt nicht zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, wenn er gegenüber dem geänderten Bescheid keine zusätzliche Belastung enthält.
Normenkette
FGO §§ 68, 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 127
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 21.09.2005; Aktenzeichen 7 K 3579/02 F) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobenen Rügen sind zum Teil unzulässig; im Übrigen aber unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Mai 2005 IV B 76/03, BFH/NV 2005, 1788). Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln. Eine Rechtsfrage kann nicht geklärt werden, wenn sie sich nur stellt, wenn von einem anderen als dem vom Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 30, m.w.N.).
a) Der von der Klägerin sinngemäß aufgeworfenen Rechtsfrage, welcher Vermögensart Grundstücke zuzuordnen sind, die niemals zuvor vom Eigentümer betrieblich genutzt worden sind, und der damit im Zusammenhang stehenden weiteren Rechtsfrage, ob allein der Umstand, dass ein Teil der Eigentumsflächen einer landwirtschaftlichen Besitzung betrieblich genutzt wird, automatisch auch zur Betriebsvermögenseigenschaft der niemals zuvor betrieblich genutzten anderen Grundstücke führt, fehlt es an der Klärungsfähigkeit.
Die Rechtsfrage stellt sich nämlich nur, wenn mit der Klägerin der Sachverhalt als richtig unterstellt wird, dass die von ihr veräußerten Grundstücke von keinem ihrer Rechtsvorgänger betrieblich genutzt worden sind und sie deshalb zu keinem Zeitpunkt deren land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen zuzuordnen waren. Eine derartige Feststellung ist der Vorentscheidung indes nicht zu entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Das FG hat unter Heranziehung der Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), insbesondere unter Hinweis auf einen auf den Vater der Klägerin ausgestellten Erbschein samt Hoffolgezeugnis festgestellt, dass die streitgegenständlichen Flächen zu einem Hof im Sinne der Höfeordnung gehörten. Auf dieser Grundlage ist das FG, ohne dies noch ausdrücklich darzulegen, erkennbar davon ausgegangen, dass sämtliche dem Hof zugehörigen Grundstücke, die zudem auch allesamt als land- bzw. forstwirtschaftliche Flächen bewertet worden sind, ursprünglich betrieblich genutzt wurden und daher zum Betriebsvermögen der Rechtsvorgänger gehörten. Sodann ist das FG unter Auswertung verschiedener Aktenvermerke in den Einheitswertakten zu der Überzeugung gelangt, dass der Vater der Klägerin trotz der Verpachtung eines erheblichen Teils der Flächen den land- und fortwirtschaftlichen Betrieb bis zu seinem Tod weiterhin unterhalten hatte. Den weiteren Ausführungen des FG liegt die Annahme zu Grunde, dass sowohl die eigenbewirtschafteten Flächen als auch die bereits von dem Vater der Klägerin an andere Landwirte verpachteten Flächen weiterhin zu dessen land- und forstwirtschaftlichem Betrieb gehörten. An diese tatsächliche Würdigung, die einen Verstoß gegen die Denkgesetze nicht erkennen lässt, und die von der Beschwerde auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist, ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.
Im Übrigen steht die Schlussfolgerung des FG, dass die bereits von dem Vater der Klägerin verpachteten Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen nicht verloren haben, auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Danach verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke durch eine Nutzungsänderung ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen nur, soweit eine ausdrückliche Entnahmehandlung vorliegt. Dies gilt gleichermaßen für buchführende und nichtbuchführende Landwirte (Senatsurteil vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448). Eine derartige Entnahmehandlung ist aber weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden.
b) Bezüglich der von der Klägerin des Weiteren als klärungsbedürftig bezeichneten Rechtsfrage, ob sich unter bestimmten Voraussetzungen die Feststellungs- und Beweislast im Hinblick auf den Nachweis einer Betriebsaufgabe umdrehen kann, fehlt es an der Darlegung, inwieweit dieser Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Mit ihren diesbezüglichen Ausführungen, die sich in der Darlegung der angeblichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts erschöpfen, hat die Klägerin lediglich ihr eigenes Interesse an der Klärung ihres Einzelfalls kundgetan. Ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts wird damit nicht dargelegt.
2. Die von der Klägerin gerügte Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des Senats vom 24. September 1998 IV R 1/98 (BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55) liegt nicht vor. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass die Bewirtschaftung eines Teils der landwirtschaftlichen Flächen automatisch die Betriebsvermögenseigenschaft auch der anderen, vom Eigentümer selbst nicht unmittelbar betrieblich genutzten Flächen begründet, ist der Vorentscheidung --wie auch bereits unter 1.a dargelegt-- nicht zu entnehmen.
3. Ebenso wenig hat das FG seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt. Das Vorliegen eines Verfahrensmangels hat die Klägerin insoweit gerügt, als das FG die Identität der veräußerten mit den seinerzeit vom Vater der Klägerin selbst bewirtschafteten Grundstücke unterstellt hat. Wie bereits unter 1.a dargelegt, kam es aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG auf diese Identitätsprüfung nicht an, da es von der Betriebsvermögenszugehörigkeit aller Grundstücke ausgegangen ist.
4. Von einer weiteren Begründung, insbesondere von einer Darstellung des Tatbestands, sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
6. Der Erlass der Änderungsbescheide vom 7. Dezember 2005 für die Streitjahre 1995 bis 1997 führt nicht zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 127 FGO entsprechend; vgl. insoweit auch den BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566, m.w.N.). Es ist von der Klägerin nicht geltend gemacht und für den Senat auch nicht ersichtlich, dass die Bescheide im Vergleich zu den durch sie geänderten eine zusätzliche Belastung enthielten.
Fundstellen