Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachaufklärungsrüge
Leitsatz (NV)
1. Zu den Voraussetzungen einer Sachaufklärungsrüge.
2. Um bei einer Sachaufklärungsrüge das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme darzulegen, muß der Beschwerdeführer die vom FG zu ermittelnden Tatsachen konkret genug bezeichnen, darf sich also nicht auf allgemeine Hinweise beschränken.
2. Rügt der Beschwerdeführer allgemein, das FG habe ohne ausreichende Feststellungen entschieden, macht er keinen Verfahrensmangel, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler geltend.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) vermittelte in den Streitjahren (1980 und 1981) Finanzierungen im Rahmen von Bauherren- und Erwerbermodellen. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) vertrat bei der Steuerfestsetzung die Auffassung, die Klägerin habe neben der steuerfreien Kreditvermittlung andere steuerpflichtige Leistungen ausgeführt, wie aus der Höhe der Entgelte geschlossen werden müsse. Denn als Entgelt für alle Kreditvermittlungen seien nur 2 v. H. des sog. Gesamtaufwands angemessen. Im Umfange der darüber hinausgehenden, der Klägerin gewährten Entgelte müsse diese steuerpflichtige Leistungen ausgeführt haben.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, den Finanzierungsvermittlungsvertrag mit der Bauherrin X habe nicht die Klägerin, sondern eine andere Gesellschaft geschlossen, die mit weiteren Aufgaben im Rahmen des betreffenden Bauherrenmodells befaßt gewesen sei. Sofern steuerpflichtige Leistungen vorlägen, seien diese jedenfalls nicht durch die Klägerin erbracht worden.
Hinsichtlich des Erwerbermodells Y-Straße sei neben der Klägerin nur der Veräußerer der Eigentumswohnungen tätig geworden, der gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfreie Leistungen ausgeführt habe. Steuerpflichtige Leistungen der Klägerin kämen daneben nicht in Betracht.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt das FA Zulassung der Revision wegen Divergenz und wegen Verfahrensmängeln.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit das FA als Zulassungsgrund Divergenz i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht, entspricht die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird die Beschwerde auf Divergenz gestützt, so muß die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der nach Behauptung des Beschwerdeführers das Urteil des FG abweicht, bezeichnet werden. Dazu ist nicht nur eine genaue Angabe der BFH- Entscheidung erforderlich. Es muß darüber hinaus aus der angefochtenen Entscheidung des FG ein abstrakter Rechtssatz oder ein rechtlicher Obersatz herausgestellt werden, der zu einem abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des BFH in Widerspruch stehen könnte. Die (möglicherweise) voneinander abweichenden Rechtsauffassungen sind dabei erkennbar oder zumindest in einer ohne weiteres nachvollziehbaren Weise gegenüberzustellen.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das FA legt zwar dar, welchen abstrakten Rechtssatz es den angeführten Urteilen des BFH entnimmt, nämlich die Aussage, "ein Entgelt könne nur als steuerfrei anerkannt werden, wenn die Steuerfreiheit bewiesen ist". Dieser Aussage stellt das FA aber keinen abstrakten Rechtssatz des vorinstanzlichen Urteils gegenüber. Das FA beschränkt sich darauf, die Entscheidung des FG zu kritisieren und insbesondere das Vorliegen von Denkfehlern zu behaupten. Im Kern seiner Begründung greift das FA die Richtigkeit der Vorentscheidung an. Materielle Rechtsfehler in der Vorentscheidung rechtfertigen keine Zulassung der Revision wegen Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
2. Das FA rügt ferner Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch das FG. Auch insoweit muß der Nichtzulassungsbeschwerde der Erfolg versagt bleiben.
a) Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist, wenn die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützt wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), der Verfahrensmangel zu bezeichnen. Die Tatsachen, die den Mangel ergeben, sind so vollständig darzutun, daß es dem Revisionsgericht möglich ist, allein anhand der Beschwerdeschrift zu prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die diesbezüglichen Behauptungen zutreffen. Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise geltend gemacht, so sind darzulegen (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Dezember 1993 V B 82/92, BFH/NV 1995, 398, m. w. N.):
die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,
die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen,
die genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, Terminprotokolle), in denen die Beweismittel und die Beweisthemen angeführt worden sind,
das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,
inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann,
daß die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist
oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte.
b) Der Senat kann unerörtert lassen, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung für die hinreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels auf gestellt worden sind. Die Beschwerde hat jedenfalls keinen Erfolg, weil der vom FA behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt.
Das FA rügt, das FG habe die Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Bauherren bzw. Erwerbern nicht aufgeklärt. Das FG hätte sich nach Auffassung des FA die diesbezüglichen Verträge und sonstigen schriftlichen Unterlagen vorlegen lassen müssen. Soweit das FA als zu erwartendes Ergebnis der Beweisaufnahme anführt, es wären überhaupt keine steuerpflichtigen Leistungen der Klägerin feststellbar gewesen, hätte dies auf der Grundlage der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG am Ergebnis der Entscheidung nichts geändert.
Denn das FG hat ausgeführt, daß für den Fall des Nichtvorliegens von entsprechenden Leistungen der Klägerin Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin nicht hätte festgesetzt werden dürfen.
Soweit das FA -- im Widerspruch zu seinem eben beschriebenen Vorbringen -- als voraussichtliches Ergebnis der Beweisauf nahme anführt, das FG hätte andere als Kreditvermittlungsleistungen der Klägerin festgestellt, hat das FA nicht hinreichend dargelegt, daß es die vom FG zu ermittelnden Tatsachen konkret genug bezeichnet gehabt habe. Das FG hat hierzu in seinem Urteil ausgeführt, daß allgemeine Hinweise des FA auf mögliche andere Leistungen der Klägerin nicht ausreichten. Mit diesen Ausführungen hat das FG seine Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts nicht verletzt.
c) Soweit das FA zur Begründung seiner Aufklärungsrüge anführt, das FG habe seine Entscheidung "ohne jede Unterlage zur Beurteilung der Leistungsbeziehungen und ihrer Durchführung" gefällt, macht es sinngemäß geltend, das Urteil des FG werde nicht durch ausreichende Feststellungen gedeckt. Mit diesem Vorbringen bezeichnet das FA keinen Verfahrensmangel, sondern rügt einen materiell-rechtlichen Fehler (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 27, m. N. zur Rechtsprechung), der die Zulassung der Revision nicht begründen kann.
3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 421710 |
BFH/NV 1997, 186 |