Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründe für eine zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
1. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht unter § 116 FGO.
2. Ein Mangel in der Vertretung (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig dargetan, wenn ein Prozeßbevollmächtigter, der im FG-Verfahren eine Vollmachtsurkunde vorgelegt hatte, die weder den Namen des Bevollmächtigten noch den Gegenstand des Rechtsstreits erkennen ließ, mit der Revision geltend macht, das FG habe aufgrund der Umstände des Falles (insbes. mehrfacher Schriftwechsel) trotzdem sehr wohl gewußt, wem wozu Prozeßvollmacht erteilt worden war.
Normenkette
FGO §§ 116, 62 Abs. 3
Tatbestand
Mit am 18. Januar 1982 beim Finanzgericht (FG) eingegangenem Schriftsatz erhob der Rechtsanwalt G im Namen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) in Sachen Einkommensteuer 1980 Klage; eine Prozeßvollmacht war nicht beigefügt. G reichte später - mit Schriftsatz vom 10. Mai 1982 - eine von der Klägerin unterzeichnete Vollmachtsurkunde nach, die jedoch keine Angaben dazu enthielt, wem und in welcher Angelegenheit Vollmacht erteilt werde. Das FG forderte daher - nachdem bereits wiederholt, auch auf seine Veranlassung, Schriftsätze zur Sache gewechselt worden waren - G mit Schreiben vom 17. Mai 1988 auf, eine ordnungsgemäße Vollmacht vorzulegen. Da eine weitere Vollmachtsurkunde auch am Tag der mündlichen Verhandlung, am 9. Juni 1988, noch nicht eingegangen war, wies das FG die Klage als unzulässig ab.
Dagegen legte G namens und im Auftrag der Klägerin Revision ein. Er macht geltend, die Klägerin sei in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt. Das FG habe sich mehr als sechs Jahre mit der ursprünglich vorgelegten Vollmachtsurkunde zufriedengegeben. Aufgrund der im Jahre 1982 außerdem eingereichten Schriftstücke habe es auch sehr wohl gewußt, wem wozu Vollmacht erteilt worden war. Ungeachtet dessen stelle die vom FG gesetzte Dreiwochenfrist für die Vorlage einer erneuten Vollmachtsurkunde angesichts der bis dahin beinahe acht Jahre währenden Verfahrensdauer eine viel zu kurze Zeitspanne dar. Durch die mit dieser Fristsetzung verbunde Präklusionswirkung sei schließlich auch das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 3. Dezember 1987 - BFHEntlG - (BGBl I 1987, 2442) findet abweichend von § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur noch statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat dagegen keine Beschwerde erhoben, so daß für eine Zulassung durch den BFH schon aus diesem Grund kein Raum war. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Revision auch keine Gründe vorgetragen, die eine zulassungsfreie Revision rechtfertigen könnten.
2. § 116 FGO zählt die Verfahrensmängel, die eine zulassungsfreie Revision begründen, abschließend auf. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht darunter (s. z. B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 116 FGO Tz. 8 und 11, m. w. N.).
Ein Mangel in der Vertretung (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig dargetan. G trägt im Gegenteil vor, daß das FG aufgrund der Umstände des Falles sehr wohl gewußt habe, wem wozu Vollmacht erteilt worden war. Er geht mithin von einer vorhandenen und nicht einer fehlenden Bevollmächtigung aus.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen; sie hat G mit Urkunde vom 27. Mai 1988 eine umfassende Prozeßvollmacht erteilt, die auch die Einlegung der Revision einschließt.
Fundstellen