Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Einreihung von Plasmabildschirmen
Leitsatz (NV)
Bildschirme, die nicht nur Signale von Datenverarbeitungsmaschinen, sondern auch Videosignale empfangen können, führen eine eigene Funktion i.S. der Anm. 5 E zu Kapital 84 KN aus und sind deshalb in die Pos. 8528 KN einzureihen. Der Umstand, dass die Bildschirme tatsächlich nur relativ selten auch als Videomonitore genutzt werden, ist für die Tarifierung ohne Bedeutung.
Normenkette
KN Kap. 84 Anm. 5 E; KN UPos. 8528 21; ZK Art. 12 Abs. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurden im März 2003 sechs verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) für verschiedene Plasma-Monitore erteilt, mit denen die Waren als Ausgabeeinheit für automatische Datenverarbeitungsmaschinen --Plasma-Display-- in die Unterpos. 8471 60 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in ihrer damaligen Fassung eingereiht wurden. Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion --OFD--) Kenntnis erhalten hatte, dass die Monitore dieser Serie in der Lage sind, ein von Component-Video-Signalen ausgehendes Bild darzustellen, nahm sie im Juli 2004 die erteilten vZTA zurück; der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 23. Februar 2005).
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Monitore nicht in die Pos. 8471 KN, sondern in die Unterpos. 8528 21 KN hätten eingereiht werden müssen. Sie führten eine eigene Funktion i.S. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN aus, da sie die Voraussetzungen der Pos. 8528 KN erfüllten, und seien deshalb in diese Position einzureihen, denn diese Monitore könnten nicht nur Signale von Datenverarbeitungsmaschinen, sondern auch Videosignale empfangen. Die Monitore seien mit einer Videosignalelektronik ausgestattet, nämlich mit zusätzlichen Bauelementen, die im Gegensatz zu EDV-Monitoren Videosignale empfangen und darstellen könnten. Die unzutreffenden vZTA hätten daher gemäß Art. 12 Abs. 4 Satz 2 des Zollkodex zurückgenommen werden dürfen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie --allein bezogen auf die Frage der Tarifierung der Waren-- auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Es sei seinerzeit angenommen worden, dass ein Component-Video-Signal nur durch den Einsatz eines entsprechenden --allerdings nicht zur eingeführten Ware gehörenden-- Terminal Board in einen der Slots genutzt werden könne. Dass die Verwendung des vorhandenen D-Sub-Anschlusses für ein solches Signal möglich gewesen sei, habe sich erst später herausgestellt, und dies zu erkennen habe auch besondere technische Kenntnisse erfordert. Im Übrigen habe damals nur ein sehr geringer Teil der auf dem Markt vorhandenen DVD-Player ein Component-Video-Signal liefern können. Deshalb seien die streitigen Waren jedenfalls i.S. der Anm. 5 B Buchst. a zu Kap. 84 KN von der "hauptsächlich" in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Geht es in einer Zolltarifsache --wie im Streitfall-- allein darum, ob eine von der Zollverwaltung erteilte vZTA die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der Senat in seinem Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 136/01 (BFHE 198, 242) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entscheidende Bedeutung zu. Hat das FG die Tarifauffassung der Zollverwaltung bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.), ggf. auch unter Vorlage abweichender vZTA aus anderen Mitgliedstaaten, Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der in der vZTA zugrunde gelegten Tarifauffassung gegeben werden könnte.
Im Streitfall ist die streitige Tarifierungsfrage indes nicht klärungsbedürftig, weil sie so zu entscheiden ist, wie es das FG im angefochtenen Urteil getan hat. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, Zweifel an der vom FG vorgenommenen Einreihung der Waren zu begründen.
Die von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, wie das Merkmal der "hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art" in Anm. 5 B zu Kap. 84 KN auszulegen ist, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Die Beschwerde verkennt, dass Anm. 5 B zu Kap. 84 KN in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungs-Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom 7. September 2004 (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 327/1) nur "vorbehaltlich" der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN gilt. Das bedeutet, dass Maschinen unter den Voraussetzungen dieser Anmerkung aus der Pos. 8471 KN ausgewiesen werden, auch wenn sie die Voraussetzungen der Anm. 5 B zu Kap. 84 KN erfüllen (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2002 VII R 57/01, BFH/NV 2003, 525, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2003, 161). Im Streitfall hat das FG bezüglich der streitigen Monitore festgestellt, dass diese mit einer Videosignalelektronik ausgestattet sind, so dass sie Videosignale empfangen und darstellen können, und hat somit eine eigene Funktion (andere als Datenverarbeitung) --nämlich die Funktion, Videosignale zu verarbeiten-- festgestellt, woraus das FG zutreffend gefolgert hat, dass es sich um Videomonitore der Pos. 8528 21 KN handelt, die gemäß Anm. 5 E zu Kap. 84 KN nicht in die Pos. 8471 KN eingereiht werden können.
Die weitere formulierte Rechtsfrage, ob ein Monitor, der aufgrund seiner technischen Beschaffenheit nur in unbedeutendem Umfang für Videodarstellungen genutzt wird, als eine Ware mit "eigener Funktion" i.S. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN angesehen werden kann, lässt sich nur so beantworten, wie es das FG getan hat. Da das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen ist (ständige Rechtsprechung, Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, EuGHE 2002, I-1389 Rz. 21 f.; vom 7. Oktober 2004 Rs. C-379/02, EuGHE 2004, I-9273, ZfZ 2004, 409; Senatsurteil vom 3. Februar 2004 VII R 33/03, BFH/NV 2004, 849, jeweils m.w.N.), hat das FG zutreffend erkannt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Monitore in Ermangelung der erforderlichen technischen Kenntnisse der Nutzer bzw. entsprechender DVD-Player mit Component-Video-Signal auch als Videomonitore genutzt wurden (vgl. Senatsurteil vom 14. März 1978 VII K 13/74, BFHE 124, 560). Entscheidend ist, dass sie aufgrund ihrer technischen Ausstattung Videosignale zu einem Bild verarbeiten können. Dass --wie es die Beschwerde meint-- diese zusätzliche Funktion eine für die streitigen Monitore lediglich theoretische, bedeutungslose und für die Waren geringwertige Funktion ist, hat das FG nicht festgestellt. Vielmehr hat es die Monitore u.a. unter Hinweis auf die im Internet von Nutzern erörterte Möglichkeit, die Monitore an Geräte mit Component-Video-Signalen anzuschließen, als vielseitige Geräte angesehen.
Die letzte von der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage, ob das bloße Vorhandensein von Slots für Zusatzgeräte, die einen Videoempfang ermöglichen, zur Einreihung der ohne solche Zusatzgeräte gestellten Monitore in die Pos. 8528 KN führen kann, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Die Beschwerde meint, dass die Möglichkeit, die technischen Fähigkeiten eines Monitors nach seiner Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr durch ein anderes noch zu installierendes Gerät zu erweitern, bei der tariflichen Einreihung nicht berücksichtigt werden dürfe, und hält aus diesem Grund die Einreihungsverordnung (EG) Nr. 2147/2004 (VO Nr. 2147/2004) der Kommission vom 16. Dezember 2004 (ABlEU Nr. L 370/19) insoweit für rechtswidrig, welche aber auf den Streitfall ohnehin nicht rückwirkend angewandt werden dürfe. Dabei verkennt die Beschwerde, dass das FG seine Entscheidung nicht auf die VO Nr. 2147/2004 gestützt hat. Vielmehr hat das FG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Rücknahme der vZTA nicht mit dem Vorhandensein von Slots an den Monitoren rechtfertigen lasse, da die OFD diesen Umstand bereits im Zeitpunkt der Erteilung der vZTA hätte erkennen können.
Mangels klärungsbedürftiger bzw. klärungsfähiger Rechtsfragen ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts nicht gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 1692597 |
BFH/NV 2007, 797 |