Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und Divergenz; Schlüssigkeit der allgemeinen Sachaufklärungsrüge
Leitsatz (NV)
1. Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung genügt es nicht, daß die Klärung einer bestimmten Rechtsfrage im Revisionsverfahren theoretisch möglich ist. Es muß vielmehr zu erwarten sein, daß es tatsächlich zur Klärung dieser Frage kommen wird. Eine solche Klärung ist vor allem dann nicht zu erwarten, wenn das FG seine Entscheidung auf mehrere Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich gesehen das Urteil trägt, jedoch nur in einer der Begründungen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird (Anschluß an BFH-Beschluß in BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524).
2. Bei der Divergenzrüge müssen die vermeintlich divergierenden abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (s. auch BFH-Beschluß in BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
3. Wird mangelnde Sachaufklärung mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne Beweisantritt den Sachverhalt von Amts wegen aufklären müssen, so muß der Beschwerdeführer u.a. vortragen, warum er nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt habe, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe entspricht (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I R 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung genügt es nicht, daß die Klärung einer bestimmten Rechtsfrage im Revisionsverfahren theoretisch möglich ist. Es muß vielmehr zu erwarten sein, daß es tatsächlich zur Klärung dieser Frage kommen wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 11, m.w.N.). Eine Klärung der streitigen Rechtsfrage ist im Revisionsverfahren vor allem dann nicht zu erwarten, wenn das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung auf mehrere Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich gesehen das Urteil trägt, jedoch nur in einer der Begründungen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird (BFH-Beschluß vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524).
Die grundsätzliche Bedeutung muß dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d.h. es muß konkret dargelegt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschluß vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171).
b) Diesen Anforderungen entsprechen die Ausführungen der Klägerin zur grundsätzlichen Bedeutung nicht. Die Klägerin hat zwar eine Reihe von Fragen zur Entstehung und Berechnung von Zugewinnausgleichsforderungen aufgeworfen. Es fehlt indes der Hinweis darauf, daß und warum diese Fragen in der zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Rechtsprechung und Literatur umstritten und noch nicht höchstrichterlich geklärt seien. Abgesehen davon hat das FG die Berücksichtigung einer Zugewinnausgleichsforderung nicht nur deswegen abgelehnt, weil ein Zugewinn der Klägerin nicht erzielt worden sei. Es hat seine Entscheidung vielmehr zusätzlich auf den selbständig tragenden Grund gestützt, daß im Zeitpunkt der Begleichung der anteiligen Kaufpreisschuld des Ehemannes durch die Klägerin eine Zugewinnausgleichsforderung des Ehemannes mangels Beendigung des gesetzlichen Güterstandes noch gar nicht habe bestehen können und auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, daß die Begleichung der Kaufpreisschuld des Ehemannes durch die Klägerin eine Vorauszahlung auf eine evtl. später entstehende Zugewinnausgleichsforderung des Ehemannes darstellen solle. In bezug auf diesen zweiten, die Ablehnung des § 5 Abs. 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) selbständig tragenden Grund hat die Klägerin einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht geltend gemacht.
2. Divergenz
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH muß der Beschwerdeführer bei der Divergenzrüge dartun, daß das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmt. In der Beschwerdebegründung müssen die vermeintlich divergierenden abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und die Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
b) Diesen Voraussetzungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Den Ausführungen der Klägerin läßt sich nicht entnehmen, daß das FG von dem von der Klägerin zitierten Rechtssatz im BFH-Urteil in BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159 abgewichen sein soll. Dem Rechtssatz des BFH liegt der - selbstverständliche - Gedanke zugrunde, daß es für die Abgrenzung der unentgeltlichen Zuwendung (Schenkung) zwischen Ehegatten von der sog. unbenannten Zuwendung nicht auf die formale - äußere - Bezeichnung der Vereinbarung, sondern auf deren materiellen Gehalt - d.h. auf das zwischen Zuwendendem und Empfänger wirklich Gewollte - ankommt.
Aus den von der Klägerin - im übrigen nur verkürzt - wiedergegebenen Äußerungen des FG, es fehle eine Vereinbarung zwischen den Ehegatten, daß es sich nicht um eine unentgeltliche Zuwendung handeln solle und eine nicht-unentgeltliche Vereinbarung sei auch nicht aus den Umständen ersichtlich, läßt sich nicht entnehmen, daß das FG in vordergründig-formaler Sicht von den Grundsätzen des BFH-Urteils abgewichen ist.
3. Allgemeine Sachaufklärungsrüge
Wird - wie hier - mangelnde Sachaufklärung mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne Beweisantritt den Sachverhalt von Amts wegen aufklären müssen, so muß der Beschwerdeführer u.a. vortragen, warum er nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt habe, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Anm. 7c). An diesen Erfordernissen fehlt es im Streitfall.
4. Auch die übrigen Ausführungen der Klägerin ergeben keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO, sondern wenden sich im Stile einer Revisionsbegründung gegen die materiell-rechtliche Auffassung der Vorinstanz.
Fundstellen
Haufe-Index 419262 |
BFH/NV 1994, 184 |