Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung einer zulassungsfreien Revision
Leitsatz (NV)
Mit der Behauptung, das FG habe bei der Erörterung der Befugnis des FA zum Erlaß eines Änderungsbescheids einen möglicherweise relevanten Teilaspekt nicht beachtet, wird ein Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO noch nicht schlüssig dargelegt.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 120 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
In dem Rechtsstreit geht es um die Höhe der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung für die Einbringung von Grundstücken als Sacheinlage in die Klägerin.
. . .
Mit seinem nach einer mündlichen Verhandlung ergangenen Urteil hat das Finanzgericht (FG) den Grunderwerbsteuerbescheid vom 29. September 1982 und die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen. Der Änderungsbescheid vom 29. September 1982 hätte nicht ergehen dürfen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Bescheid vom 8. Februar 1982 wegen fehlender Angaben über Umfang und Grund der Vorläufigkeit fehlerhaft sei, da er in formelle Bestandskraft erwachsen sei. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. April 1985 IV R 64/83 (BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648) könne eine nach § 165 Abs. 1 AO 1977 vorläufige Steuerfestsetzung nicht im Hinblick auf eine veränderte steuerliche Beurteilung geändert werden. Das FA habe den angefochtenen Änderungsbescheid lediglich erlassen, weil es mit dieser Bescheidsänderung der entsprechenden Behandlungsweise des FA folgen und nunmehr als maßgeblichen Wert den Nominalwert der Gesellschaftsrechte ansehen wollte. Damit sei das FA von seiner bisherigen rechtlichen Beurteilung der maßgeblichen Besteuerungsgrundlage abgewichen, da dem Änderungsbescheid vom 8. Februar 1982 der - von der Klägerin übernommene - Rechtsstandpunkt zugrunde liege, der Wert der Gesellschaftsrechte sei unter Anwendung des Stuttgarter Verfahrens und unter Einbeziehung von Ertragsaussichten zu schätzen. Im Änderungsbescheid vom 29. September 1982 komme zum Ausdruck, daß das FA der Klägerin nunmehr nicht länger in deren Rechtsmeinung folgen wolle. Der Bescheid vom 29. September 1982 beruhe auf einer bloßen Änderung der Rechtsauffassung des FA, die den Erlaß dieses Bescheids nicht zu rechtfertigen vermöge. Mit der Aufhebung dieses Bescheids erlange der Änderungsbescheid vom 8. Februar 1982 mit einer Steuerfestsetzung von . . . DM wiederum Wirkung. Dem darüber hinausgehenden Klageantrag sei schon deswegen kein Erfolg beschieden, da materiell zutreffend eine Grunderwerbsteuer in Höhe von . . . DM hätte festgesetzt werden müssen.
In den Entscheidungsgründen führt das FG an, daß von der Klägerin in einem zwei Tage nach Schluß der mündlichen Verhandlung abgefaßten Schriftsatz nachträglich geltend gemachte tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich seien und es deshalb auch der von der Klägerin hilfsweise beantragten Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht bedurft hätte.
Die Entscheidung des FG enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.
Neben der Revision hat das beklagte FA auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Mit der Revision macht das beklagte FA einen Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. In der mündlichen Verhandlung habe das FA als selbständiges Verteidigungsmittel angeführt, Grund und Umfang der Vorläufigkeit würden sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 29. Januar 1982 ergeben, das zur Auslegung des Vorläufigkeitsvermerks heranzuziehen sei. Im angefochtenen Urteil sei zwar im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung auf dieses Vorbringen des FA hingewiesen, das FG setze sich jedoch ansonsten an keiner Stelle des Urteils mit diesem Vorbringen auseinander, obwohl dies zwingend geboten gewesen wäre. Dem angefochtenen Urteil könne nicht entnommen werden, auf welche Weise der Schriftsatz der Klägerin vom 28. Juni 1989, der beim FG am 30. Juni 1989 eingegangen sei, in die schriftlichen Entscheidungsgründe Eingang gefunden hätte. Das Urteil sei bereits in der Sitzung vom 26. Juni 1989 gefällt worden. Insbesondere sei nicht ersichtlich, ob das Gericht bei der rechtlichen Würdigung des genannten Schriftsatzes und bei der Entscheidung, die mündliche Verhandlung nicht wieder zu eröffnen, vorschriftsmäßig besetzt gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen.
Die Revision ist weder vom FG noch auf Beschwerde vom erkennenden Senat zugelassen worden (vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist durch Beschluß des erkennenden Senats vom heutigen Tag als unbegründet zurückgewiesen worden. Ohne Zulassung wäre die Revision nur dann zulässig gewesen, wenn das FA einen wesentlichen Mangel des Verfahrens i. S. des § 116 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 FGO schlüssig gerügt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Der Beklagte macht zwar einen Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO geltend, er trägt jedoch keine Tatsache vor, die - ihr Vorliegen unterstellt - zu der Annahme führen könnten, die Entscheidung des FG sei im Sinne dieser Vorschrift nicht mit Gründen versehen. Zwar ist § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht nur dann verletzt, wenn die Entscheidung des FG jeglicher Begründung entbehrt. Ein Verstoß kann auch vorliegen, wenn ein Teil der wesentlichen Gründe fehlt. Es muß sich dann aber um grobe Fehler handeln. Dagegen ist es nicht erforderlich, daß jedes Vorbringen der Beteiligten im einzelnen erörtert wird (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 119 Anm. 24). Die Ausführungen des Beklagten gehen dahin, daß das FG bei der Erörterung der Frage der Befugnis des FA zum Erlaß des angefochtenen Änderungsbescheids einen möglicherweise relevanten Teilaspekt (Heranziehung des Schreibens der Klägerin vom 29. Januar 1982 zur Auslegung des Vorläufigkeitsvermerks in dem daraufhin ergangenen Änderungsbescheid) nicht beachtet oder gewürdigt habe. Die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt könnte darin jedoch kein derartig schwerer Begründungsmangel gesehen werden, der als Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO zu werten wäre.
Auch mit der Behauptung, es sei nicht ersichtlich, auf welche Weise der Schriftsatz der Klägerin vom 28. Juni 1989 in die schriftlichen Entscheidungsgründe Eingang gefunden habe, wird ein Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO schon deswegen nicht schlüssig dargetan, weil der Geschehensablauf insoweit ohne weiteres ersichtlich ist. Der vor Zustellung des Urteils eingegangene Schriftsatz veranlaßte das Gericht nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Dies wurde bei Abfassung der schriftlichen Entscheidungsgründe berücksichtigt. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO rügt, ist dieser Verfahrensfehler mangels jeglicher substantiierter Darlegung nicht schlüssig dargetan.
Fundstellen
Haufe-Index 418048 |
BFH/NV 1992, 751 |