Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge der Zurückweisung verspäteten Vorbringens; Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung
Leitsatz (NV)
1. Um zulässig zu rügen, das FG habe Erklärungen oder Beweismittel zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen, sind schlüssige Ausführungen hierzu erforderlich. Dazu gehören auch substantiierte Darlegungen, inwiefern die Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
2. Zur Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung, wenn während der Errichtung des Gebäudes bereits gebaute Teile wieder abgebrochen werden müssen.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO §§ 79b, 96 Abs. 2, § 115; EStG § 7 Abs. 1 S. 5, Abs. 4 S. 3, § 11 Abs. 2 S. 1; AO 1977 § 165
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben nicht entsprechend den Anforderungen nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Zulassungsgrund i. S. von § 115 Abs. 2 FGO schlüssig vorgetragen.
I. Verfahrensfehler
1. Soweit die Kläger geltend machen, das FG hätte -- unbeschadet der vom FG (Berichterstatter) im Rahmen einer Aufklärungsanordnung gesetzten Frist -- ihren Schriftsatz vom 13. September 1993 mit Anlagen sowie die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen berücksichtigen müssen und -- davon abgesehen -- aus den bereits vorliegenden Akten den entscheidungserheblichen Sachverhalt entnehmen können, rügen sie neben einem Verstoß gegen § 79 b FGO sinngemäß eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Das Vorbringen der Kläger hierzu ist jedoch nicht hinreichend substantiiert.
a) Die Kläger tragen nicht schlüssig vor, daß das FG den Sachverhalt auch ohne ihre rechtzeitige Mitwirkung mit geringem Aufwand hätte ermitteln können (§ 79 b Abs. 3 Satz 3 FGO). Zwar befand sich ein Teil der vom FG angeforderten Unterlagen bereits bei den Akten. Es fehlten aber die verlangten Zahlungsnachweise für 1982 und auch die Aufstellung über etwaige im Jahre 1982 erhaltene Schadensersatzleistungen. Die Kläger hätten die Aufklärungsanordnung vom 27. Mai 1993 vollständig erfüllen müssen.
b) Auch das Vorbringen der Kläger, mit dem sie die Fristversäumnis als entschuldigt ansehen (§ 79 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO), ist nicht hinreichend substantiiert. Sie legen nicht dar, welche Vorkehrungen ihr Prozeßbevollmächtigter getroffen hatte, um die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Juni 1967 VI R 248/66, BFHE 89, 330, BStBl III 1967, 613, und vom 9. Juli 1992 V R 62/91, BFH/NV 1993, 251).
c) Zudem führen die Kläger auch nicht im einzelnen aus, inwiefern die Berücksichtigung der verspätet vorgelegten Unterlagen nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Nach dieser Vorschrift sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Daß die Kosten noch im Streitjahr 1982 angefallen sind, ist nicht dargelegt. Gegen eine Zahlung im Streitjahr spricht zudem, daß die mit dem Schreiben vom 13. September 1993 vorgelegten Kostenvoranschläge über Abbruch-, Umbau- und Änderungsarbeiten erst vom Dezember 1982 stammen.
2. Mit dem Vorbringen, das FG hätte die geltend gemachte Zusage berücksichtigen müssen, rügen die Kläger ebenfalls nicht schlüssig eine Verletzung des Rechts auf Gehör. Das FG hat die Frage, ob eine bindende Zusage vorliegt, in seiner Entscheidung angesprochen und offengelassen. Damit ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör genügt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 96 FGO Tz. 22 b, S. 28).
3. Die Kläger behaupten nicht, das FG habe verfahrensfehlerhaft ihr Begehren übergangen, den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) zu verpflichten, den angefochtenen Bescheid nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig zu erklären. Sie lasten vielmehr dem FA an, die Steuer nicht vorläufig festgesetzt zu haben.
II. Grundsätzliche Bedeutung
Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung -- AfaA -- (§ 7 Abs. 1 Satz 4, Abs. 4 Satz 3 EStG) zulässig sind, wenn während der Errichtung eines Gebäudes bereits gebaute Teile wieder abgebrochen werden müssen, könnte allerdings möglicherweise von grundsätzlicher Bedeutung sein, zumal sie in den Senatsurteilen vom 31. März 1992 IX R 164/87 (BFHE 168, 104, BStBl II 1992, 805) und vom 27. Januar 1993 IX R 146/90 (BFHE 171, 42, BStBl II 1993, 702) nicht abschließend behandelt worden ist.
Die Kläger führen aber nicht substantiiert aus, daß diese Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Sie haben vor dem FG keine AfaA geltend gemacht und auch nicht ihre sämtlichen Voraussetzungen (insbesondere Schadenseintritt im Streitjahr) dargelegt, sondern einen Abzug von entstandenem Mehraufwand als Werbungskosten begehrt.
Fundstellen