Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsatz der Öffentlichkeit
Leitsatz (NV)
Die räumliche Beschränkung eines Gerichtssaales allein stellt noch keine Verletzung des gemäß §52 Abs. 1 FGO i. V. m. §169 GVG auch für das finanzgerichtliche Verfahren geltenden Grundsatzes der Öffentlichkeit dar.
Normenkette
FGO §§ 52, 116; GVG § 169
Verfahrensgang
Gründe
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Die Revision ist unzulässig.
Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von §115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhofs (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß §116 FGO gegeben ist.
Hierauf wurden die Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch die der angefochtenen Vorentscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der erkennende Senat durch Beschluß vom heutigen Tag als unzulässig verworfen.
Gründe, die eine zulassungsfreie Revision gemäß §116 FGO gerechtfertigt erscheinen lassen, liegen nicht vor:
Entgegen der Ansicht der Kläger hat an der angefochtenen Entscheidung nicht ein Richter i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 2 FGO mitgewirkt, der wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Soweit die Kläger beanstanden, daß der Vizepräsident des FG A an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist ihr Vorbringen unschlüssig, da nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung der erfolgslos abgelehnte Richter schon vor Rechtskraft der Entscheidung über die Beschwerde zur weiteren Mitwirkung an dem Verfahren berechtigt und verpflichtet ist (vgl. Nachweise bei Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §51 Anm. 64).
Dasselbe gilt insoweit, als die Kläger geltend machen, sie seien im Verfahren vor dem FG nicht vorschriftsmäßig vertreten gewesen i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO. Die Kläger sind ausweislich der Verfahrensakten zur mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1997 unter gleichzeitiger Anordnung ihres persönlichen Erscheinens ordnungsgemäß geladen worden. Der Antrag der Kläger auf Verschiebung der mündlichen Verhandlung hat der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 9. Mai 1997 unter Hinweis darauf, daß der Senat das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch mit Beschluß vom 15. April 1997 als unzulässig zurückgewiesen und der hiergegen eingelegten Beschwerde mit Beschluß vom 5. Mai 1997 nicht abgeholfen hatte, abgelehnt. Anhaltspunkte dafür, daß das FG die Verschiebung des Termins der mündlichen Verhandlung zu Unrecht abgelehnt hat, sind nicht ersichtlich. Wenn der allein zur mündlichen Verhandlung erschienene Kläger diese unmittelbar nach der Feststellung der erschienenen Beteiligten wieder verlassen hat, so liegt weder ein Fall einer nicht vorschriftsmäßigen Vertretung i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs i. S. von §119 Nr. 3 FGO vor.
Soweit die Kläger schließlich rügen, das angefochtene Urteil sei auf eine mündliche Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 4 FGO verletzt worden seien, ist ihr Vorbringen ebenfalls unschlüssig. Die Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit ist nur dann schlüssig erhoben, wenn vorgetragen wird, daß die Rüge bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG angebracht wurde bzw. weshalb dies nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Januar 1995 V R 28/94, BFH/NV 1995, 893). Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, daß die Vorschriften über die Öffentlichkeit im Verfahren vor dem FG verletzt worden sind. Die Kläger machen nicht geltend, daß der Gerichtssaal zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1997 nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen sei. Sie beanstanden lediglich, der Verhandlungsraum sei zu klein gewesen, um einer größeren Zahl von Zuhörern genug Platz zu bieten. Eine räumliche Beschränkung allein stellt jedoch noch keine Verletzung des gemäß §52 Abs. 1 FGO i. V. m. §169 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) auch für das finanzgerichtliche Verfahren geltenden Grundsatzes der Öffentlichkeit dar (vgl. Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, 2. Aufl., §169 Rz. 24ff., m. w. N.). Zudem waren bei der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 13. Mai 1997 nach den insoweit unwidersprochenen Angaben des beklagten Finanzamts in seiner Stellungnahme vom 2. September 1997 keine Besucher zugegen, deren Teilnahme in irgendeiner Weise hätte beeinträchtigt werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 66445 |
BFH/NV 1998, 719 |