Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für sog. Musterprozeß
Leitsatz (NV)
Der Streitwert bemißt sich auch dann nach dem Unterschied zwischen festgesetzter und angestrebter Steuer, wenn es sich um einen sog. Musterprozeß handelt.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) begehrte im Hauptverfahren die Steuerfreiheit einer Vergütung nach § 3 Nr.26 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die ihr im Streitjahr 1986 für eine nebenamtliche Lehrtätigkeit gezahlt worden war. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) besteuerte die Vergütung. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Gegen das Urteil legte das FA die vom FG zugelassene Revision ein, die der Senat mit Urteil vom 26. März 1992 zurückwies. Die Kosten des Verfahrens wurden dem FA auferlegt.
Die Klägerin beantragt, den Streitwert durch Beschluß des Prozeßgerichts festzusetzen. Zur Begründung wird ausgeführt, der unmittelbare, auch für das Prozeßkostenhilfe (PKH)-Verfahren (IV S 2/91) maßgebende Gebührenstreitwert von . . . DM erfasse ihr Interesse unzureichend, denn für sie sei es auch um die Versteuerung der Ausbildungsvergütung in den Folgejahren, und daher um ein Vielfaches des Betrages von . . . DM gegangen. Maßgebend für den Gebührenstreitwert in der Revisionsinstanz sei die Bedeutung des Rechtsstreits für den Revisionskläger. Da die Finanzverwaltung die volle Versteuerung von Ausbildungsvergütungen allgemein habe durchsetzen wollen, sei auch dieses Interesse angemessen zu berücksichtigen.
Das FA ist dem Antrag der Klägerin entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag ist zulässig. Das Prozeßgericht setzt den Wert des Streitgegenstands u.a. dann durch Beschluß fest, wenn eine Partei es beantragt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -). Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin ergibt sich im Streitfall daraus, daß sie eine Streitwertberechnung begehrt, die von dem für das PKH-Verfahren (IV S 2/91) maßgebenden Streitwert abweicht.
2. Der Streitwert wird auf . . . DM festgesetzt.
Gemäß § 13 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Danach bemißt sich der Streitwert nach dem Unterschied zwischen festgesetzter und angestrebter Steuer (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Januar 1967 IV R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291).
Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist nicht vom gesamten wirtschaftlichen Interesse eines Klägers auszugehen, so daß insbesondere die Auswirkungen des Rechtsstreits auf weitere Veranlagungszeiträume außer Betracht zu bleiben haben (BFH-Urteil vom 24. Januar 1958 VI 195/56 U, BFHE 66, 318, BStBl III 1958, 122). Denn nur die unmittelbare, durch den Klageantrag bestimmte Auswirkung ist als zuverlässige und für die Beteiligten voraussehbare Bemessungsgrundlage für den Streitwert geeignet. Dies gilt auch für den Streitwert im Revisionsverfahren, der sich nach dem Antrag des Revisionsklägers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG) und im Streitfall daher ebenfalls nach der unmittelbaren steuerlichen Auswirkung für die am Verfahren beteiligte Klägerin richtet (vgl. Beschlüsse des Senats vom 23. Februar 1978 IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409 und vom 21. April 1989 IV R 40/88, BFH/NV 1990, 182). Auch die Auswirkungen, die ein Verfahren als sog. Musterprozeß auf eine Vielzahl weiterer Steuerpflichtiger haben könnte, müssen daher für die Streitwertfestsetzung im Streitfall außer Betracht bleiben.
Fundstellen