Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgewinne einer vermögensverwaltend tätigen Zwischenkapitalgesellschaft
Leitsatz (NV)
1. Aus der Verweisung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG läßt sich nicht ableiten, daß eine ausländische Gesellschaft i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG kraft ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielt. Die Zwischenkapitalgesellschaft fällt nicht unter § 8 Abs. 2 KStG.
2. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AStG sowie dem Zweck der §§ 7 ff. AStG ist es zweifelhaft, ob ein Veräußerungsgewinn, den eine vermögensverwaltend tätige Zwischenkapitalgesellschaft nach Ablauf der Spekulationsfrist erzielt, steuerbar und die Hinzurechnung eines solchen Gewinns sachlich unbillig ist.
Normenkette
AStG § 7 ff., § 10 Abs. 3 Sätze 1-2; KStG § 8 Abs. 2
Tatbestand
Die beiden Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren im Streitjahr 1989 unbeschränkt steuerpflichtig. Sie besaßen als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Mutter seit deren Tode ( ... 1983) je 1/3 der Aktien der K-AG, einer AG mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz. Die K-AG war Eigentümerin eines zum 1. Juli 1976 fertiggestellten Gebäudes mit Wohnungen in der Schweiz, die sie vermietete. Sie verkaufte den Grundbesitz zum 1. August 1988 für 12 450 000 sfr. Der Grundbesitz war in sämtlichen Bilanzen der K-AG bis zum 31. Dezember 1979 mit 14 420 000 sfr. und ab dem 31. Dezember 1980 mit 10 220 000 sfr. angesetzt. Absetzungen für Abnutzung (AfA) wurden nicht angesetzt. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 11 c Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) hätten sie nach Maßgabe eines Gebäudeanteils von je 90 v. H. und der erwähnten Abschreibung zunächst 252 777 sfr. (2 v. H. von 12 638 826 sfr.) und ab 1. Januar 1981 183 960 sfr. (2 v. H. von 9 198 000 sfr.) betragen.
Die Kläger legten mit ihren Feststellungserklärungen jeweils den Jahresabschluß der K-AG (Anfangs- und Schlußbilanz nebst Liegenschafts- und Erfolgsrechnung) vor. Sie ermittelten für die Wirtschaftsjahre 1983 bis 1988 jeweils einen Verlust aus Vermietung in der Weise, daß sie das Ergebnis lt. Erfolgsrechnung um nicht abziehbare Steuern erhöhten und um die AfA (183 960 sfr., für 1988 107 310 sfr.) minderten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ermittelte mit Bescheid vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... für das Wirtschaftsjahr 1988 positive Zwischeneinkünfte von 2 986 185 sfr. (3 158 182 sfr. Veräußerungsgewinn abzügl. 171 997 sfr. -- unstreitiger -- Verlust aus Vermietung), rechnete sie den Klägern mit 2/3 (umgerechnet 2 349 693 DM) zu und zog die für die Wirtschaftsjahre 1983 bis 1987 bestandskräftig festgestellten, anteilig den Klägern zugerechneten Verluste aus Vermietung ab (insges. 901 315 DM).
Bei der Ermittlung des Veräußerungs gewinns ging das FA von einem Restwert des Grundbesitzes von 8 824 970 sfr. (10 220 000 sfr. abzügl. AfA von 183 960 sfr. ab 1. Januar 1981) aus.
Mit der Klage begehrten die Kläger, den Restwert auf 10 988 758 sfr. (14 043 140 sfr. abzügl. AfA von 252 777 sfr. ab 1. Juli 1976) zu erhöhen und den Veräußerungsgewinn entsprechend zu mindern. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der auf die Verletzung des § 10 Abs. 3 des Außensteuergesetzes (AStG) gestützten Revision beantragen die Kläger, den Gerichtsbescheid des FG aufzuheben und dem in der ersten Instanz gestellten Klageantrag stattzugeben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Senat fordert das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Beitritt auf (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), weil in dem anhängigen Revisionsverfahren voraussichtlich auch über die Rechtsfrage zu entscheiden sein wird, ob der von der K-AG erzielte Veräußerungsgewinn der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegt und diese Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist.
1. Es ist über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob die der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfenen Einkünfte als Gewinne i. S. der §§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG, 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG oder als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten i. S. der §§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG, 8 Abs. 1 KStG und 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu ermitteln sind. Davon hängt ab, ob die Einkünfte aus der Veräußerung des in der Schweiz belegenen Grundvermögens steuerbar sind oder nicht.
Der Senat hat diese Frage im Urteil vom 12. Juli 1989 I R 46/85 (BFHE 158, 224, BStBl II 1990, 113 unter 2.) mit der Erwägung bejaht, dem Ansatz des Hinzurechnungsbetrages stehe nicht der Umstand entgegen, daß Gewinne einer GmbH aus der Veräußerung von Wertpapieren, hätten sie die Kläger erzielt, nicht steuerpflichtig wären. Das BMF hat diese Auffassung übernommen (Tz. 10.1.1.2 des sog. Anwendungsschreibens zum AStG vom 2. Dezember 1994, BStBl I 1995, Sondernummer 3). Der Senat hat Zweifel, ob daran im Ergebnis festzuhalten ist.
2. a) Im Streitfall sind die in §§ 7 und 8 AStG genannten Voraussetzungen erfüllt. Der Senat geht davon aus, daß auch die von der K-AG erzielten Einkünfte aus der Veräußerung des in der Schweiz belegenen Grundbesitzes nicht aus einer der in § 8 Abs. 1 AStG aufgezählten aktiven Tätigkeiten stammten und insoweit der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AStG) unterliegen.
b) § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG bestimmt jedoch, daß die dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünfte in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln sind. Ein Spekulationsgeschäft (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 22 Nr. 2, 23 EStG) liegt nicht vor. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 EStG wäre der Veräußerungsgewinn ebensowenig steuerbar. Etwas anderes ergäbe sich nur, wenn die Zwischeneinkünfte aus der Vermietung als "Gewinneinkünfte" (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zu ermitteln wären. Dies setzt voraus, daß diese Zwischeneinkünfte entweder gewerbliche Einkünfte kraft Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 EStG sind oder aus anderen Gründen von einem nach deutschem Steuerrecht zu ermittelnden "Gewinn" der K-AG auszugehen ist.
c) Die K-AG hat keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG, wonach die K-AG in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 2 KStG kraft ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielt hat.
Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang entschieden, daß eine ausländische Kapitalgesellschaft ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland nicht unter § 8 Abs. 2 KStG fällt, weil sie nach den Vorschriften des (deutschen) Handelsgesetz buches nicht zur Führung von Büchern verpflichtet ist (Beschluß vom 30. August 1989 I B 39/89, BFH/NV 1990, 161 unter 2. a). Gleiches gilt bei Anwendung des § 8 Abs. 2 KStG auf eine Zwischenkapitalgesellschaft, weil die Verweisung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG auf die Vorschriften des deutschen Steuerrechts keine Verlagerung der Gesellschaft in das Inland bewirkt (s. Senatsurteil vom 20. April 1988 I R 41/82, BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868, 873 unter II. B. 1. a).
d) Gleichwohl könnte der Rechtsgedanke durchgreifen, daß das System der Hinzurechnungsbesteuerung von einem nach deutschem Steuerrecht ermittelten "Gewinn" der Zwischenkapitalgesellschaft ausgeht (s. Senatsurteil in BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868, 872 unter II. A. 4. d; Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 8 AStG Rdnr. 11). Hierfür könnte etwa der Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 AStG und Tz. 103 f. der Regierungsbegründung zum AStG (BTDrucks VI/2883) sprechen.
3. Da ein von den Klägern erzielter Veräußerungsgewinn nicht der Einkommensteuer unterläge, hält es der Senat für zweifelhaft, ob sich bei Anwendung der §§ 7 ff. AStG auf den von der K-AG erzielten Veräußerungsgewinn eine höhere Steuer ergeben kann. Bei der Auslegung könnte der Umstand, daß sich die §§ 7 ff. AStG offenbar nur gegen ungerechtfertigte Steuervorteile richten, die sich Steuerinländer durch den Einsatz von Zwischengesellschaften verschaffen, besondere Bedeutung zukommen (vgl. hierzu Tz. 27 ff., 83 f. der Regierungsbegründung zum AStG, BTDrucks VI/2883). Diese ungerechtfertigten Steuervorteile werden im sog. Steueroasenbericht (BTDrucks IV/2412 S. 9) dahin umschrieben, durch die Einschaltung von Basisgesellschaften entgingen etwa die laufenden Erträge aus Wertpapieren und ggf. auch die Spekulationsgewinne aus ihrer Veräußerung der deutschen Besteuerung.
4. Sollte die Revision, die ausschließlich die Feststellung der Einkünfte betrifft, keinen Erfolg haben, würde sich aus den erwähnten Gründen die weitere Frage stellen, ob die Hinzurechnung des von der K-AG erzielten Veräußerungsgewinns sachlich unbillig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 421923 |
BFH/NV 1997, 443 |