Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgelehnte Terminsänderung als Verfahrensmangel
Leitsatz (NV)
1. Ein Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Erkrankung eines anwaltlich vertretenen Beteiligten darf abgelehnt werden, wenn die Notwendigkeit für die Anwesenheit des Beteiligten im Termin nicht substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird.
2. Ein Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen nicht ausreichender Einarbeitung des kurz zuvor bestellten Prozessbevollmächtigten in den Streitstoff darf abgelehnt werden, wenn Anhaltspunkte bestehen, die auf eine Prozessverschleppungsabsicht schließen lassen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 227 Abs. 1
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 4 K 3066/06) |
Tatbestand
I. Die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) wurde vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen.
Am Tag vor der mündlichen Verhandlung hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Termin zu verlegen, weil wegen der kurzfristigen Mandatierung durch den bisher nicht anwaltlich vertretenen Kläger eine Einarbeitung in den Prozessstoff nicht möglich gewesen sei. Nachdem der Vorsitzende des FG-Senats noch am selben Tag die Terminsverlegung abgelehnt hatte, wiederholte der Prozessbevollmächtigte den Verlegungsantrag und berief sich nunmehr unter Hinweis auf ein vorgelegtes ärztliches Attest darauf, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen könne.
Das FG sah hingegen keinen Anlass für eine Terminsänderung und entschied aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der der Prozessbevollmächtigte des Klägers, nicht aber der Kläger selbst erschien. In den Entscheidungsgründen des Urteils führte das FG insoweit aus, dass der Verlegungsantrag offensichtlich nur dazu dienen solle, die gerichtliche Entscheidung weiter zu verzögern. Der Kläger habe zwar seine Erkrankung glaubhaft gemacht, jedoch seien keine Gründe dargelegt, aus denen sich die Erforderlichkeit seiner persönlichen Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung ergeben könnte. Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Kläger seine Klage nicht begründet und habe entgegen früherer Ankündigungen erst kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung einen Prozessbevollmächtigten bestellt.
Der Widerrufsbescheid der Steuerberaterkammer sei rechtmäßig, da der Kläger in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei und er die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls zugestanden und auch nicht dargelegt habe, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch seinen Vermögensverfall ausgeschlossen sei.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er sinngemäß auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Der Kläger macht geltend, dass das FG die beantragte Terminsverlegung zu Unrecht abgelehnt habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht schlüssig dargelegt bzw. liegen nicht vor.
Die Ablehnung der vom Kläger beantragten Terminsverlegung durch das FG stellt keinen Verfahrensmangel dar. Zwar kann in einer sachlich unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs gesehen werden (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Februar 1992 V R 38/85, BFH/NV 1993, 102; BFH-Beschluss vom 15. Juni 2001 IV B 25/00, BFH/NV 2001, 1579; Senatsbeschluss vom 3. Februar 2003 VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797, jeweils m.w.N.).
Hinsichtlich der Erkrankung des Klägers, auf die die Beschwerde sich beruft, lag jedoch ein erheblicher Grund, der das FG gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) hätte veranlassen müssen, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, nicht vor, denn im Fall der Erkrankung eines anwaltlich vertretenen Beteiligten kann ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung nur angenommen werden, wenn die Notwendigkeit für die Anwesenheit des Beteiligten im Termin substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 4), woran es im Streitfall --wie das FG zutreffend erkannt hat-- fehlte.
Einen erheblichen Grund für eine Terminsänderung musste das FG auch nicht deshalb bejahen, weil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zu wenig Zeit zur Einarbeitung in den Fall zur Verfügung gestanden hatte. Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist die mangelnde Vorbereitung einer Partei kein erheblicher Grund, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt. Das FG hat jedoch eine genügende Entschuldigung zu Recht nicht angenommen, denn der Kläger hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, warum er seinen Prozessbevollmächtigten nicht bereits zu einem Zeitpunkt mit der Vertretung beauftragt hat, zu dem eine Einarbeitung in den Fall ohne Schwierigkeiten möglich gewesen wäre.
Die schwere Nervenerkrankung, auf die der Kläger sich im finanzgerichtlichen Verfahren zur Begründung seiner zahlreichen Fristverlängerungsanträge sowie seiner Terminsänderungsanträge stets berufen hat, war ihm seit langem bekannt und hätte daher bereits früher und nicht erst einen Tag vor der zum wiederholten Mal anberaumten mündlichen Verhandlung Anlass sein müssen, einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Zudem war das diesbezügliche Vorbringen des Klägers unkorrekt, da seine Fristverlängerungsanträge den Eindruck vermittelten, bereits einen Anwalt mit der Prozessvertretung beauftragt zu haben, was aber offenbar nicht zutraf. Auch hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt, aus der sich ergab, dass er --wie behauptet-- seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft verhindert war, seine Klage zu begründen bzw. einen Bevollmächtigten mit seiner Vertretung zu betrauen. Soweit vom Kläger eingereichte Atteste überhaupt eine konkrete Erkrankung bezeichneten, handelte es sich um einen fieberhaften Infekt.
Vor diesem Hintergrund durfte das FG bei der ihm obliegenden Ermessensentscheidung annehmen, dass der Kläger seinen prozessualen Mitwirkungspflichten nur unzureichend nachgekommen war, und durfte dem Interesse an der Förderung des Verfahrens den Vorzug geben und den Verlegungsantrag mit der Begründung ablehnen, dass dieser auch zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt worden war (vgl. BFH-Beschluss vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584).
Soweit die Beschwerde geltend macht, dass von einem Vermögensverfall des Klägers nicht die Rede sein könne, fehlt es an der Darlegung eines Grundes für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 1859501 |
BFH/NV 2008, 392 |