Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Verfahrensmängel
Leitsatz (NV)
- Soweit die Kläger mit Hinweis auf Tatsachenauslassungen, -unterstellungen und unzutreffend festgestellte Tatsachen neues tatsächliches Vorbringen in das Verfahren einführen, ist dies von vornherein unbeachtlich, denn auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision ist der BFH an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden.
- Die Rüge, das FG habe Dritte zu Unrecht nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen und auch die Beiziehung weiterer Akten unterlassen, ist nicht schlüssig dargetan, wenn es im Fall der Abweisung der Klage als offensichtlich unzulässig dieser Prozesshandlungen nicht bedurfte.
- Angesichts der Abweisung der Klage als unzulässig bedarf es schlüssiger Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Verfahrensmängel (hier: Verstöße gegen § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 FGO, Verletzung des Rechts auf Gehör und ein faires Verfahren); dabei ist auf den materiell-rechtlichen Standpunkt des FG abzustellen, mag dieser Standpunkt sachlich richtig oder falsch sein. Das FG braucht nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen Tatsachen zu ermitteln, auf die es nach seiner Rechtsauffassung gerade nicht ankommt.
- Für den Antrag der Kläger, ihnen gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO Akteneinsicht zu gewähren, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Beschwerde unzulässig ist, und die Akten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet sind, dem Rechtsschutz in diesem Beschwerdeverfahren zu dienen.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3, § 76 Abs. 1, § 78 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 118 Abs. 2
Nachgehend
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Tatsachenauslassungen, -unterstellungen und unzutreffend festgestellte Tatsachen im Tatbestand des Urteil des Finanzgerichts (FG) rügen, sind diese im Wege der Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO zu korrigieren; einen entsprechenden Antrag der Kläger (vom 18. Januar 2002) hat das FG mit Beschluss vom 27. Februar 2002 als unbegründet zurückgewiesen; der Beschluss ist unanfechtbar (§ 108 Abs. 2 Satz 2 FGO). Soweit sie sich hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten Tatsachenauslassungen und -unterstellungen auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO als Zulassungsgrund beziehen, haben sie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung weder dargetan noch ist sie sonst ersichtlich. Im Übrigen kann neues tatsächliches Vorbringen nicht berücksichtigt werden, weil der BFH auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO; BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29; vom 8. Dezember 1998 XI B 159/97, BFH/NV 1999, 662; vom 10. November 1999 VI B 388/98, BFH/NV 2000, 721).
2. Die im Zusammenhang mit der Unterstellung und Nichtberücksichtigung von Tatsachen aufgestellte Behauptung, das FG habe zu Unrecht durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil entschieden, ist keine schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels; der Hinweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in BVerwGE 12, 239 geht daher fehl.
3. Die Rüge, das FG habe Dritte zu Unrecht nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen, ist nicht schlüssig dargetan, weil es im Fall der Abweisung der Klage als offensichtlich unzulässig keiner Beiladung bedurfte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. April 1997 IV B 82/96, BFH/NV 1997, 663; vom 15. Dezember 1997 VIII B 28/97, BFH/NV 1998, 1105). Gleiches gilt für die unterlassene Beiziehung weiterer Akten. Im Streitfall ist das FG von einer solchen offensichtlichen Unzulässigkeit der Klage ausgegangen.
4. Der Senat lässt dahingestellt, ob die Beschwerde die nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen schlüssigen Darlegungen bei entsprechenden Verfahrensrügen (Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO, den klaren Inhalt der Akten und das Gesamtergebnis des Verfahrens nach § 96 Abs. 1 FGO, Verletzung des Rechts auf Gehör und ein faires Verfahren) enthält. Angesichts der Abweisung der Klage als unzulässig fehlt es jedenfalls an schlüssigen Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Verfahrensmängel; dabei ist auf den materiell-rechtlichen Standpunkt des FG abzustellen, mag dieser Standpunkt sachlich richtig oder falsch sein (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 79; Schwarz/Dürr, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1997, § 115 Rz. 78; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl. 1996, § 115 FGO Tz. 90).
Anstatt bei ihrem Beschwerdevorbringen von dem Rechtsstandpunkt des FG, der notwendig auch die Entscheidung über Sachurteilsvoraussetzungen umfasst, auszugehen, wenden sich die Kläger mit ihren Einwendungen gerade dagegen. Das FG braucht aber nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen Tatsachen zu ermitteln, auf die es nach seiner Rechtsauffassung gerade nicht ankommt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl. 1995, § 115 FGO Rz. 225, 226).
5. Im Übrigen rügen die Kläger die fehlerhafte Tatsachenwürdigung und unzutreffende Rechtsanwendung, mithin die Verletzung materiellen Rechts; damit wird indes weder ein Verfahrensmangel noch ein sonstiger Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt.
6. Der Antrag der Kläger, ihnen gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO Akteneinsicht zu gewähren, ist unter diesen Umständen abzulehnen. Es fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Akteneinsicht; da die vorliegende Beschwerde unzulässig ist, sind die Akten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, dem Rechtsschutz in diesem Beschwerdeverfahren zu dienen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. September 2001 III B 95/01, BFH/NV 2002, 69; vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510).
Fundstellen