Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrfache Rechtsmitteleinlegung; Kosten bei vollmachtloser Vertretung
Leitsatz (NV)
1. Bei mehrfacher Rechtsmitteleinlegung ist einheitlich über das Rechtsmittel zu entscheiden.
2. Hat der Kläger vor dem vollmachtlosen Vertreter bereits persönlich Revision eingelegt, sind die Kosten nicht dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, § 135 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat gegen das ihm am 3. Februar 1988 zugestellte Urteil des Finanzgerichts (FG) persönlich Revision eingelegt.
Am 4. März 1988 hat Rechtsanwalt A Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision, hilfsweise Revision gegen das Urteil eingelegt. Die Beschwerde hat er mit Schriftsatz vom 19. April 1988 zurückgenommen.
Einer Aufforderung des Gerichts gemäß § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), bis zum 20. April 1988 die Prozeßvollmacht nachzureichen, ist Rechtsanwalt A nicht nachgekommen.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Bei mehrfacher Rechtsmitteleinlegung ist einheitlich über das Rechtsmittel zu entscheiden (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juli 1984 IX R 16/81, BFHE 141, 467, BStBl II 1984, 833, m. w. N.).
1. Die vom Kläger persönlich am 1. März 1988 eingelegte Revision ist unzulässig. Vor dem BFH muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932 i. d. F. des Gesetzes vom 3. Dezember 1987, BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800). Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie offensichtlich im Streitfall bei der Revision des Klägers selbst, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen (Prozeßhandlungsvoraussetzung; vgl. dazu Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 45 II 1, 249), so ist die betreffende Prozeßhandlung - im Streitfall die Einlegung der Revision - unwirksam.
2. Auch die namens des Klägers am 4. März 1988 von Rechtsanwalt A hilfsweise eingelegte Revision ist unzulässig. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich überhaupt um eine bedingungslos eingelegte Revision handelt. Jedenfalls fehlt es an einer Bevollmächtigung des Rechtsanwalts A. Gemäß § 62 Abs. 3 FGO ist die Prozeßvollmacht schriftlich zu erteilen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.
Der von einem (angeblichen) Bevollmächtigten erhobene gerichtliche Rechtsbehelf ist unzulässig, wenn eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt wird (BFH-Urteil vom 1. April 1971 IV R 208/69, BFHE 102, 442, BStBl II 1971, 689, m. w. N.). Da Rechtsanwalt A trotz Aufforderung des Gerichts, bis zum 20. April 1988 die Prozeßvollmacht vorzulegen, keine Vollmacht nachgereicht hat, war die Revision unzulässig.
Die Kosten der erfolglos eingelegten Revision waren gemäß § 135 Abs. 2 FGO dem Kläger aufzuerlegen.
Hat ein vollmachtloser Prozeßbevollmächtigter das Verfahren veranlaßt, so können die Kosten des Verfahrens auch ihm auferlegt werden (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Beschluß vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438, m. w. N.).
Da im Streitfall der Kläger selbst bereits unzulässig Revision eingelegt hatte, kommt dem nachfolgend, durch den vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten eingelegten Rechtsmittel unter dem Gesichtspunkt des Veranlassungsprinzips kein besonderes Gewicht zu. Es ist danach nicht gerechtfertigt, über die Kosten abweichend vom Grundsatz des § 135 Abs. 2 FGO zu befinden.
Fundstellen