Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Liebhaberei
Leitsatz (NV)
Die Voraussetzungen einer Liebhaberei können denknotwendig nur dann erfüllt sein, wenn ein Betrieb objektiv nicht die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen darstellt, sondern ihm andere Geldmittel zur Verfügung stehen, die wirtschaftlich seine wirkliche Existenzgrundlage bilden und die es ihm darüber hinaus ermöglichen, trotz der ständigen Verluste den Betrieb beizubehalten (Anschluß an BFH-Urteil vom 22. Juli 1982 IV R 74/79, BFHE 136, 459, BStBl II 1983, 2). In der Regel wird deshalb die Frage der Liebhaberei nur dann bedeutsam werden, wenn die geltend gemachten Verluste sich einkommensmindernd und damit steuermindernd auswirken können.
Normenkette
EStG §§ 2, 15 Abs. 3 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) betrieb seit 1980 einen Textileinzelhandel. Sie erklärte seither ausschließlich Verluste aus Gewerbebetrieb, die bis einschließlich 1993 ca. 1,2 Mio. DM betrugen. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 wies sie erstmals einen Gewinn (ca. 6 500 DM) aus.
Die Verluste der Klägerin in den Streitjahren 1989 und 1990 betrugen 118 000 DM bzw. 123 000 DM. Darin waren Zinsen von 68 000 DM (1989) und 83 000 DM (1990) enthalten. Die Verbindlichkeiten der Klägerin beliefen sich zum 31. Dezember 1989 auf 1,13 Mio. DM und zum 31. Dezember 1990 auf 1,11 Mio. DM. Im Jahre 1992 übernahm der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die langfristigen Verbindlichkeiten der Klägerin, so daß sich ab 1992 die Zinsbelastungen erheblich verminderten.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; 1989 betrug sein Bruttoarbeitslohn 191 000 DM und 1990 228 000 DM. Im Jahre 1990 erzielte der Kläger darüber hinaus Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen von zusammen 148 300 DM.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte die von der Klägerin in den Streitjahren erklärten Verluste nicht, weil Liebhaberei vorliege.
Das Finanzgericht (FG) hat der Sprungklage stattgegeben. Die Klägerin habe in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb unterhalten; denn sie habe die Betätigung in der Absicht ausgeübt, Gewinn zu erzielen. Bei einem Textileinzelhandelsunternehmen spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werde. Die durch die jahrelange Verlusterzielung gerechtfertigte Feststellung, daß der Betrieb der Klägerin bei objektiver Betrachtung nicht geeignet gewesen sei, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften, lasse allerdings noch nicht den Schluß zu, daß sie in den Streitjahren keine Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe. Es müßte vielmehr aufgrund weiterer Beweisanzeichen die Schlußfolgerung möglich sein, daß die Klägerin die verlustbringende Tätigkeit in den Streitjahren aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt habe. Solche Beweisanzeichen seien im Streitfall nicht gegeben. Es lägen im Gegenteil gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin auch in den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe; denn sie habe mehrfach Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Ergebnisse ergriffen. Daß die Kläger wegen der relativ hohen Einkünfte des Klägers zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf Gewinne aus dem Textilhandel der Klägerin nicht angewiesen gewesen seien und durch die Ermäßigung ihrer Einkommensteuer einen gewissen Ausgleich für die von ihnen zu tragenden Verluste erhalten hätten, spreche ebenfalls nicht gegen das Vorliegen der für die Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht.
Mit seiner Beschwerde begehrt das FA, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es macht im wesentlichen geltend, das FG habe der Klage zu einem Teil mit der Begründung stattgegeben, daß die relativ hohen Lohneinkünfte des Klägers und die Minderung der Einkommensteuerschuld durch die von der Klägerin erzielten Verluste nicht gegen das Vorliegen der für die Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht sprächen. Daraus gehe hervor, daß das FG in diesen Umständen keine persönlichen Gründe für die Fortführung einer verlustbringenden Tätigkeit sehe. Es sei höchstrichterlich noch nicht entschieden und von grundsätzlicher Bedeutung, ob in derartigen Fällen Liebhaberei vorliegen könne. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin noch einen Totalgewinn erzielen könne, seien nicht gegeben. Für die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit seien deshalb persönliche Gründe, die Minderung der Einkommensteuerschuld der zusammenveranlagten Kläger, ursächlich. Auch die Schuldübernahme durch den Kläger spreche für eine private Veranlassung. Entgegen der Auffassung des FG lägen sehr wohl Anzeichen dafür vor, daß die Klägerin die verlustbringende Tätigkeit in den Streitjahren aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt habe. Das angefochtene Urteil stehe zudem in Widerspruch zu dem Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 12. Januar 1995 6 K 195/93 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 713), dem ein mit dem Streitfall identischer Fall zugrunde liege. Die Rechtsfrage habe nicht nur im entschiedenen Fall Bedeutung, sondern sie wirke sich auch in einer Vielzahl anderer, bereits verwaltungsbekannter Fälle aus. Damit sei eine höchstrichterliche Klärung der hier aufgeworfenen Rechtsfrage von allgemeinem Interesse und diene der Einheitlichkeit und der Fortentwicklung des Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Erfordernissen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.
Nach dieser Vorschrift muß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung ist einer Rechtssache beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und/oder Handhabung des Rechts berührt. Hierzu bedarf es insbesondere der Darlegung, daß es sich um eine klärungsbedürftige und in einem künftigen Revisionsverfahren voraussichtlich klärungsfähige Rechtsfrage handelt. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert u. a. auch eine Auseinandersetzung mit den zu dieser Frage in der Rechtsprechung, im Schrifttum und in der ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinung vertretenen Auffassungen (ständige Rechtsprechung, z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 9. Februar 1996 VIII B 1/95, BFH/NV 1996, 617, m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie enthält keine Ausführungen zu der Frage, ob und inwieweit in Literatur und Rechtsprechung der Steuerersparnis als einem persönlichen Grund für die Fortführung einer verlustbringenden Tätigkeit Bedeutung beizumessen ist. Dieser Ausführungen hätte es aber schon deshalb bedurft, weil die Voraussetzungen einer Liebhaberei denknotwendig nur dann erfüllt sein können, wenn ein Betrieb objektiv nicht die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen darstellt, sondern ihm andere Geldmittel zur Verfügung stehen, die wirtschaftlich seine wirkliche Existenzgrundlage bilden und die es ihm darüber hinaus ermöglichen, trotz der ständigen Verluste den Betrieb beizubehalten (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1982 IV R 74/79, BFHE 136, 459, BStBl II 1983, 2). In der Regel wird deshalb die Frage der Liebhaberei nur dann bedeutsam werden, wenn die geltend gemachten Verluste sich einkommensmindernd und damit steuermindernd auswirken können.
Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung durch das FG, die den Ausführungen des FA im übrigen zu entnehmen ist, ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzutun (vgl. Senatsbeschluß vom 17. Juli 1997 XI B 13/97, BFH/NV 1998, 54).
Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 67223 |
BFH/NV 1998, 845 |